Oberflächenfinish

Themen zum Bogenbau
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catweazel
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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von catweazel » 15.06.2010, 19:02

Höre auf deinen Restaurator  ;D

Hartöl ist eine gute Wahl.

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Botjer
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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von Botjer » 15.06.2010, 19:07

Also, wenn es darum geht wie es jetzt konkret weitergehen soll: In diesem Fall ist Schellack tatsächlich nicht sinnvoll, da man normalerweise "das weiche auf das harte" macht, also z.B. Schellack als Grund und aushärtendes Öl (Leinöl, Tungöl, o.ä.) darauf - so mache ich es. Da Du jetzt schon geölt hast, würde ich weiterhin Öl nehmen. Ob das jetzt reines Leinöl, Tungöl oder ein sog. "Hartöl" ist (Mischung aus Naturölen, evtl. Wachsen und Trocknungsstoffen), ist Geschmackssache, Hauptsache es härtet wirklich aus.

Zum Thema Behandlung von Holzoberflächen gibt es eine kleine aber sehr informative Fibel bei DICK, die man sich meines Wissens nach dort für umsonst bestellen kann. Sehr zu empfehlen, dort gibt es auch einige Rezepte für Ölgemische mit und ohne Farb/Pigmentzusätzen (z.B. Russischer Lack u.ä.).
LG Niels

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catweazel
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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von catweazel » 15.06.2010, 19:12

Botjer hat geschrieben: "das weiche auf das harte"



Ich habe diese These hier schon öfter gelesen, würde mich mal interessieren wie du darauf kommst, bzw. wo diese und von wem publiziert wurde?

Grüße Marcus

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kra
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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von kra » 15.06.2010, 19:29

Woher sie kommt weiß ich auch nicht, aber der Sinn erschließt sich mit intuitiv:
Hart = eher spröde, ergo wenn der weichere Untergrund nachgibt ist die Gefahr, das der härtere Überzug bricht höher.
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– George Bernard Shaw

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Galighenna
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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von Galighenna » 15.06.2010, 19:30

Also Leinölfirnis ist durchaus auch als "Grundierung" zu gebrauchen. Man ölt das Holz ein und wischt den Überstand weg. Das Ölt zieht also vollständig ins Holz und härtet ja dann auch aus. Die Oberfläche ist deshalb nicht weicher als das reine Holz. Man kann also durchaus genau so gut auch Schellack obendrauf machen.

Wenn du eine richtig glatte und vor allem glänzende Oberfläche möchtest, kannst du das auf jedenfall auch mit Schellack machen. Wie glatt und glänzend Hartöl aushärtet kann ich leider nicht sagen. Damit haben aber andere hier durchaus Erfahrungen.

@catweazel

"das Weiche auf das Harte" ist keine These die irgendjemand mal aufgestellt hat. Es ist eine recht logische Schlussfolgerung.
Wenn du mal ein Blatt Papier auf dein Bett oder aufs Sofa legst und mit dem Finger drauf drückst, wirst du feststellen, das sich das Papier eindrückt und verknickt.
Bei Lack auf z.B. Wachs würde das auch passieren. Wenn man mit dem Bogen versehentlich wo gegen stößt, übt das Druck auf den Lack aus. Das Wachs darunter würde dem Druck an der Stelle nachgeben. Der Druck kann nicht auf den Untergrund des Lacks weitergegeben werden und wirkt auf dieser Stelle nur auf den Lack ein. Der Lack allein kann dem nicht standhalten. Er bricht, bekommt im geringsten Fall Risse und blättert in der Regel aber ab.
Machst du das andersherum, also das Wachs auf ein vorher lackiertes Holz, also wie oben gesagt, das Weiche auf das Harte, dann drückt das Wachs ein, und der Lack bekommt nur wenig Druck. Selbst wenn man durch das Wachs bis auf den Lack drückt, befindet sich darunter eine weitere harte Oberfläche. Diese gibt nicht so schnell nach wie das Wachs es tun würde. Der Druck verteilt sich mehr über eine größere Fläche und wird vom Untergrund aufgenommen, so das der Lack nicht so schnell Schaden nimmt.
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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von Botjer » 15.06.2010, 19:37

@ catweazel: Das erste Mal gehört habe ich das von einem befreundeten Tischler. Danach habe ich es irgendwo noch einmal gelesen und jetzt wo Du nachgefragt hast, bin ich auf die Suche gegangen, wo das war …  :)

… und ich habe es gefunden: Im aktuellen DICK-Katalog 2009/2010 als Tipp mitten auf Seite 155: "Beachten Sie beim Schichtaufbau das Prinzip "weich auf hart", also z.B. zuerst Schellackgrundierung, dann Tungölmischung, schließlich Wachs."

Ich glaube nicht, dass es dabei um den Schutz vor Nässe geht, sondern eher um den vor mechanischer Beschädigung des Auftrages. Stell Dir einen Aufbau in umgekehrter Reihenfolge vor, dann könnte bei einem Schlag die außen liegende Schicht eingedrückt werden und splittern, da die darunter liegende Schicht nachgibt (hier z.B. das Wachs).

Da Tungöl komplett aushärtet, könnte man es auch umdrehen, also erst Tungöl, dann Schellack (und ich weiß von einem sehr guten Bogenbauer, der das so macht), allerdings muß man dem Öl dann auch wirklich Zeit zum kompletten Aushärten geben, und das dauert je nach Temperatur Tage bis Wochen - sagt jener Bogenbauer (auf FA unter AST bekannt).

Ich habe jedenfalls sowohl mit dem Aufbau Schellackgrundierung + Öl, als auch mit nur Öl sehr gute Erfahrungen gemacht.


edit: hihi, zu lange gesucht, zu langsam geschrieben - da war mal wieder jemand schneller …  :D
Zuletzt geändert von Botjer am 15.06.2010, 19:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von catweazel » 15.06.2010, 22:23

Hi Botjer u. @all

danke für die Mühe, ich habe mir zwischenzeitlich die Oberflächenfibel von Dick durch gelesen.

Da steht es in ähnlicher Form, um es kurz zu machen, als freiberuflicher Restaurator, halte ich von solchen zwar gut gemeinten, aber meist sehr oberflächlich gehaltenen „Werbe- FIBELN“ sehr wenig. Hier werden dem Laien Empfehlungen an die Hand gegeben, die zu solchen Ergebnissen führen, wie sie jetzt Beaver Bow erlebte.

Die pauschale Aussage "das Weiche auf das Harte" wird auch immer wieder im Zusammenhang mit Schellack getroffen. Ich kenne über 100 Schellack-Rezepturen, die meisten davon unterscheiden sich grundlegend in ihren Eigenschaften.

In der Regel sperrt man weiche Hölzer mit Schellack ab z.B. innerhalb verschiedener Arbeitstechniken, wie dem Fassen oder bei der Vergoldung etc.

Diese Sperrwirkung des Schellacks ist reziprok zu den positiven Eigenschaften der Öle.
Die geeigneten Grundier-Öle für den Holz-Bogenbau wie Leinöl, Balsamterpentinöl etc. haben die Eigenschaften tief in das Holz einzudringen und während des Trockenprozesses die Holzfaser zu verfestigen.
Die Hartöle, meistens Mischungen mit mehr oder weniger hohen Konzentrationen von Tungöl, benötigen solch eine Grundierung.
Der Oberflächenaufbau mit Schellack als Grundierung und Tungöl als Abschluss ist zwar möglich, aber auch nicht unbedingt optimal, da kommt es auch stark auf das verwendete Holz an und schon gar nicht ist dies einfach mal so vom Laien mit gutem Ergebnis umzusetzen.

Es gibt viele Philosophien in der Oberflächen-Behandlung von Holz und der Erfahrene soll auch und wird auch experimentieren und dabei viel Spaß haben und gute Ergebnisse erzielen.

Für den Anfänger bzw. Laien möchte ich eine einfache, aber sehr gut schützende Oberfläche vorstellen.

Als Grundierung Leinölfirnis möglichst warm auf das fertig geschliffene Holz auftragen und den Überschuss nach einer halben Stunde abnehmen. Nach einer Trockenzeit von mindestens 24h dieses Procedere mit Zwischenschliff wiederholen.
Danach Tungöl-Lack von Kremer Pigmente auftragen, meistens reicht eine einfache Anwendung.
Bei dieser Oberfläche ist Wachs (Wachs gibt immer Flecken bei Wassereinwirkung) völlig überflüssig, wie eigentlich bei jeder stark strapazierten Oberfläche im Außenbereich.

LG Marcus

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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von Galighenna » 15.06.2010, 22:42

Dann haben wir ja auch einen regelrechten "Oberflächen-Profi" hier. Das ist ja ne prima Sache :)

BeaverBow hatte doch "nur" das Problem das er das Zeug nicht abgewischt hat und es deshalb geklebt hat. So dramatisch find ich das nicht, eher ärgerlich (oder hab ich was verpasst?)

nur mal so, diese Sperrwirkung die du angesprochen hast, damit meintest du, wenn man da jetzt Schellack drauf macht, dann ist das Holz durch das Öl bereits "gesperrt" und der Schellack wäre überflüssig?

Bekommt man denn das Holz richtig glänzend mit dem Tungöl-Lack? Ich kenne mich da nicht so aus... (Ich bin da sehr wissbegierig, kann sein das ich dir noch ne Menge Fragen stelle *gg* )
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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von Botjer » 15.06.2010, 23:45

Super, wieder ein Fachmann mehr, wieder jemand von dem man etwas lernen und gute Ideen klauen übernehmen kann  :)
Das von Dir vorgestellte Finish hört sich sehr interessant an, werde ich bestimmt mal ausprobieren (mein Problem: Ich mag den Geruch von Leinöl einfach nicht).
LG Niels

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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von Galighenna » 15.06.2010, 23:49

Aber nach ner Woche ist der Geruch eigentlich völlig verschwunden. Ich hab hier 15 Pfeile und einen kompletten Pfeilständer mit Leinöl bearbeitet. Hat 1 Woche tierisch gestunken, aber jetzt ist es geruchlos. Man kanns ja in der Werkstatt so lange auslüften lassen.
Meine Meinung dazu: es stinkt nur so lange das Leinöl nicht vollständig durchgehärtet ist...
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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von Botjer » 15.06.2010, 23:55

Galighenna hat geschrieben:Aber nach ner Woche ist der Geruch eigentlich völlig verschwunden …


Jepp, stimmt.. Mein Problem ist auch eher der Geruch direkt bei der Verarbeitung, nicht später.
Bevor ich Tungöl "entdeckt" habe, habe ich viel mit Leinöl gearbeitet, tatsächlich war das mein erstes Oberflächenmittel, sowohl für Bögen als auch für Pfeile.
Aber glücklicherweise ist der Geruch für die Funktion erstens nicht entscheidend und zweitens Geschmackssache.
LG Niels

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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von BeaverBow » 16.06.2010, 21:32

catweazel hat geschrieben:
Als Grundierung Leinölfirnis möglichst warm auf das fertig geschliffene Holz auftragen und den Überschuss nach einer halben Stunde abnehmen. Nach einer Trockenzeit von mindestens 24h dieses Procedere mit Zwischenschliff wiederholen.
Danach Tungöl-Lack von Kremer Pigmente auftragen, meistens reicht eine einfache Anwendung.
Bei dieser Oberfläche ist Wachs (Wachs gibt immer Flecken bei Wassereinwirkung) völlig überflüssig, wie eigentlich bei jeder stark strapazierten Oberfläche im Außenbereich.




Danke für den Tipp!
Grüße
Christian

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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von catweazel » 17.06.2010, 13:19

Hi,

gern geschehen, wir lernen ja hier alle voneinander!

Wer Probleme mit dem Geruch von Leinöl hat, kann auch Imprägniergrund/Grundieröl z.B. von Auro 121, Livos, Akanthus usw. der Naturfarbenhersteller auf Leinöl-Basis  nehmen.
Diese riechen meist nach Zitrusterpenen  ;D

Grüße MR

Makö
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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von Makö » 17.06.2010, 22:43

oder Orangenöl beimischen. Das Tung- oder Leinöl zieht dann (vlt noch erwärmt) besser ein und riecht wirklich gut!

Makö

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Re: Oberflächenfinish

Beitrag von catweazel » 18.06.2010, 11:19

Makö hat geschrieben:oder Orangenöl beimischen. Das Tung- oder Leinöl zieht dann (vlt noch erwärmt) besser ein und riecht wirklich gut!

Makö


Orangenöl gehört in die Duftlampe!

Tungöllack darf auf keinen Fall erwärmt werden!

Es geht um eine einfache Rezeptur für den Laien gut umsetzbar, und mit sehr gutem Ergebnis wenn man sich an die Vorgaben hält!
Zuletzt geändert von catweazel am 18.06.2010, 11:54, insgesamt 1-mal geändert.

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