Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

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Windkanter
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Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Windkanter » 20.02.2022, 12:30

Hallo,

ich recherchiere gerade nach Hanf-Bogensehnen bzw. Pflanzenfasern-Sehnen, im FC habe ich einiges gefunden (und sicher auch einiges übersehen…), habe aber noch Fragen. Die Sehne soll für mittelalterliche oder steinzeitliche Holz-Bögen von ca. 45# Zugkraft sein, Bogenlänge ca. 1,6 – 1,7m..

Erstmal vorab:

Bekannt sind mir vom traditionellen Drachenbau her die Hanfflechtleinen (Firmen: Liros.com, htf-hh.com, kanirope.de …….), meist 8-fach geflochten und mit Angabe des Durchmessers (gemessen nach spezieller Norm) und der Bruchlast in daN. Die Angabe der Bruchlast ist ja gut, aber diese bezieht sich auf die Belastung im speziellen Bruchlastversuch nach Euronorm mit langsam-zügiger Belastung. Sie bezieht nicht den Zugkraft-Ruck beim Bogenschießen mit ein, wenn der Bogen nach dem Lösen zurückschnellt, die Wurfarme stoppen und dabei ein Kraftruck auf die Sehne wirkt. Ich vermute also, daß die fürs Bogenschießen notwendige Bruchkraft der Sehne deutlich über der Zugkraft des Bogens liegen muss.

In z.B. der website kyudo-zubehoer.de (gibts ev. auch andere) findet man Hanfsehnen (wohl Standardlängen wie z.B. „Nami“ ?) die aus sehr langen Hanffasern bestehen und verdreht sind. Mit Angabe der Bogen-Zugkraft, ab 19kg (ca. 38#) heisst es: „Bei Verfügbarkeit benachrichtigen“. Kenn mich mit Kyudo nicht aus, ein Öhrchen ist fertig vorhanden und das andere Ende wird wohl (entsprechend Bogenlänge/Standhöhe) um das andere Bogenende gewickelt/geknotet.

Gekämmten Hechel-Flachs mit 30-60cm langen Fasern habe ich, möchte daraus aus Zeitgründen und notwendiger Experimente nicht anfangen, Sehnen zu zwirbeln.

Formeln für die Berechnung der Hanfsehnendicke in Abhängigkeit von Zugkraft gibt es allenfalls als Faustformeln, da die Bruchlast vermutlich von der Faserqualität, -Art,- Länge ,-Dicke und dann von der Verdrillung/Verflechtung abhängen dürfte.

Fragen:

1) Hat jemand Erfahrung mit den o.g. Hanfflechtleinen als Bogensehne, wenn ja, welcher Leinendurchmesser bei welcher Bogenzugkraft?
2) Kennt jemand eine Alternative (aus Pflanzenfasern) zu den Flechtleinen und hat Erfahrung, Daten und Bezugsquellen dafür? (Oder nur die Kyudo-Sehnen ?)
3) Wenn sich eine Kyudo-Sehne verabschiedet, geschieht das auf einen Ruck beim Schießen (nicht gut für den Bogen) oder geht das nach und nach, sozusagen mit Vorwarnung?

Grüße
Windkanter

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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Bowster » 20.02.2022, 15:01

Warum kein Leinen, da gibt es relativ gute Garne, einer meiner 2 Saplingbow-Bögen hat auch eine Leinensehne.

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Neumi
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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Neumi » 20.02.2022, 16:02

Windkanter hat geschrieben:
20.02.2022, 12:30
Ich vermute also, daß die fürs Bogenschießen notwendige Bruchkraft der Sehne deutlich über der Zugkraft des Bogens liegen muss.
Teichläufer hat geschrieben:
21.09.2017, 07:59
anbei ein Diagramm, das die Belastung der Sehne zeigt. Ist ein Holzlangbogen mit 56 lb etwas zu kurz gebaut daher das Stacking im Vollauszug.
Du kommst unter dynamischen Gesichtspunkten mit einer Sehne aus die 3 Mal Zuggewicht hält.
Für Sehnenbau geeignet sind z.B. die Gruschwitz Buchbinderzwirne Nr. 14 und Nr. 18 mit einer Höchstzugkraft von 135 N, bzw. 100 N

Grüße - Neumi
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Indie12 » 20.02.2022, 20:31

Sorr, OT:
Ich sehe den von Neumi zitierten Beitrag von Teichläufer nicht. Woran kann das liegen? ???

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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von fatz » 20.02.2022, 20:41

Seh ich auch nicht. vermutlich ist der nicht in diesem Thread
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Indie12 » 20.02.2022, 20:46

Ok hatts in letzter Zeit nur häufiger, dass ich macnchen threads nich folgen konnte und dachte,dass dawas fehlt...

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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von apaloosa » 20.02.2022, 22:15

Hi,
hier der Link zu Neumis Kommentar
viewtopic.php?f=15&t=30221&p=542401#p542401

VG
Harald

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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Windkanter » 20.02.2022, 22:26

Hallo und danke für die Info.

@ bowster: natürlich geht auch Leinen, welche Sehnenverzwirbelung schießt Du mit welcher Zugkraft? Leinen: Garn, Zwirn, Hersteller?

@Neumi: sehr gut, ich schaue mal auf die website. Zitat Teichläufer: ok, jetzt hab ich ne Hausnummer. Würde also bedeuten, daß ich bei 45# Zugkraft so rechnen muss: 3x 45# muss die Sehne halten, macht ca. 135# , das sind ca. 67 daN = 670N. Bei dem Gruschwitzzwirn Nr. 14 wären dies dann 670/135= ca. 5 Zwirnstränge, richtig? Mal sehn, wie dick die einzelnen Zwirnstränge sind, hört sich gut an.
Verdrillst Du einfach (ev. leicht feucht), dann wachsen oder wird irgendwie geflochten?

Grüße
Dietmar

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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Anasazi » 20.02.2022, 23:29

Ich habe gute Erfahrungen mit Sattlergarnen gemacht.
Gruschwitz und Hoogen. Die bekommt man eigentlich ganz gut. Es gibt einige Bogenhändler die geeignetes Garn vertreiben oder vertrieben haben (youksakka, bogenbautradition, junkmanns, etc.) Ich hatte auch schon irisches Garn und französisches Garn, die gut waren aber die wenn überhaupt nur schwer zu bekommen sind. 18/3, 18/6 und 20/3 oder 20/6. Am einfachsten vorgewachstes Garn (gepicht), das spart ne Menge Arbeit und lässt sich auch ganz gut verarbeiten.
Mit 8 Fäden vom 18/6 oder 20/6 habe ich bis 50 lbs noch keine Probleme bekommen. Sehnen mit 2 eingespleissten Öhrchen haben weniger Schwachstellen als Sehnen mit Knoten (Bogenbauerknoten) - am Knoten sind mir einige der ersten Leinensehnen gerissen (kein explosiver Riss, sondern nur eine Sehnehälfte). Alle Sehnen waren gespleisst und man sollte darauf achten welche Drehrichtung das Grundgarn hat (S oder Z) und den Spleiß der Sehne entsprechend drehen.

p.s. Das beste Garn, war meiner Meinung nach Gruschwitz Blauschild 18/6 oder 18/3 in naturgrau..... das habe ich aber schon über 20 Jahre nirgendwo mehr gesehen....
Zuletzt geändert von Anasazi am 21.02.2022, 00:12, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Neumi » 20.02.2022, 23:47

viewtopic.php?f=14&t=27605&p=561506&hil ... tz#p561506
Schau mal da, da steht noch mehr dazu.
Außerdem must du bedenken, dass die 3fache Sehnenstärke nur die Minimalanforderung ist. Also besser stärker auslegen, da das Zwirn auch Toleranzen hat.
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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Windkanter » 21.02.2022, 00:10

Anasazi und Neumi sei Dank.
Da wird ein Schuh draus, ich gehe morgen mal auf die website von Gruschwitz. Der letzte Link von Neumi ist gute Info. Dachte ichs mir doch, diese Thematik musste doch schonmal da gewesen sein, hatte eben nicht passende Suchbegriffe eingegeben.
Grüße
Windkanter

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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Neumi » 21.02.2022, 11:36

Hier noch ein Link zu einem Händler für Gruschwitz. War der billigste den ich gefunden hatte:
http://buchbinderbedarf.biz/baenderundf ... tzwirn.php
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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von klausmann84 » 21.02.2022, 19:13

Kann sicher auch nicht schaden sich mal mit nem gewissen Vorrat von dem guten Zeug einzudecken. Handwerksbuchbindereien schließen nach und nach und selbst da habe ich bis vor ein paar Jahren hauptsächlich zu Ausbildungszwecken handgeheftet. In der Restaurierung wird das genutzt aber auch das ist ne Sparte die kein großes Wachstum verspricht. Dafür ist guter Zwirn auch einfach zu haltbar. Eine Heftung damit hält bei guten Bedingungen locker Jahrhunderte.

Wäre echt schade drum, wenn da mal die Produktion eingestellt wird. Das ist eines dieser guten Dinge die man einfach ob ihrer Qualität lieben muss, selbst wenn man sie nur selten braucht.
Im Tannenwald, in klammem Spalt, stellen die Mannen bald die Hannen Alt Kannen kalt.

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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Kemoauc » 22.02.2022, 20:30

Nja,dann geb ich auch mal meinen Senf..äh.. Hanf dazu.. :D
Hanfschnur1.jpg
Hanfschnur aus dem Baumarkt,etwas fusselig, wurde verkauft als " Hanfschnur 1mm",ist eher 0,7mm,aber trotz Fusseligkeit aus sehr langen Fasern. Passt. Dazu: Wenn Hanfschnur draufsteht,ist es das auch,nur sind nicht alle gleich gut.Und das Aussehen sagt nix über die verwendete Faserlänge aus. Glatt und hart kann auch aus kurzem Schrott sein.Taugt also nix. ;) Dieses Zeuch hier hat seine Bruchgrenze bei ca 18-20kg (einfach 2,5cm weiterziehen),also ein Schnürchen hält nen vollen Bierkasten.Für Steinzeitbögen ziemlich gut,wenn man es wachst.
Hanfschnur2.jpg
Hier so ne alte Sehne aus diesem Zeug,gewachst,14-Strang,ziemlicher Overkill für ne 44#Schlehe,aber deswegen hälts auch schon ein paar Jahre.
Macht man sie dünner (Bruchlast kann jeder selbst berechnen, ist hier ca 13x höher,als der Bogen hergibt.)sollte man spleissen und lang auslaufen lassen. Geknotet reissen sie fast immer im Knoten oder 2-3cm darunter. >:)
Beim Kauf hab ich ne Erfolgsquote von ca 1 zu 2,gut zu Schrott,also immer Verschenk-Schnur dabei,ist ja dann auch ok für Wicklungen etc..
Grüßle,
Kemoauc
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Re: Bogensehne aus Pflanzenfasern für Selfbows

Beitrag von Neumi » 22.02.2022, 20:42

Jetzt must du deine Bruchgrenze aber noch durch 2 teilen 😉
Grüße - Neumi
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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