Stauchbrüche

Themen zum Bogenbau
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Blacksmith77K
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von Blacksmith77K » 08.05.2017, 21:45

@Squid

Du weist selbst dass es absolut sinnfrei ist... egal wo es steht. ;D
...du biegst nicht den Bogen, der Bogen biegt Dich!

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schnabelkanne
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von schnabelkanne » 08.05.2017, 21:59

@ Blacksmith - ja das mit den Nadeln hab ich in einer der Bibeln gelesen und an einem Haselbogen ausprobiert und es hat funktioniert, ob er ohne dem Nadeln auch gehalten hätte?
Lg Thomas
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von Blacksmith77K » 08.05.2017, 23:18

Was hat funktioniert?! Sind die kollabierten Holzzellen verschwunden? ;D
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Wulfilas
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von Wulfilas » 08.05.2017, 23:20

Hinter der Nadelmethode steckt wohl der theoretisch richtige Gedanke, dass sich in diesen kleinen Löchern dann die Risse fangen sollen. Aus dem gleichen Grund werden heute noch bestimmte Teile im Flugzeugbau genietet. Nietverbindungen bieten den Vorteil, dass die Spannungsspitze an einem Rissende sich in der Bohrung verteilt und ein Riss nicht weiter läuft. Ob es beim Bogen in der Praxis klappt - keine Ahnung. Zerstörte Zellen werden natürlich nicht wieder heil.

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Re: Stauchbrüche

Beitrag von Blacksmith77K » 08.05.2017, 23:39

Okay ich stänkere ja nur bißchen rum, weil oft irgendwas gemacht wird und keiner weiß warum. Also für die die es wissen wollen : Stauchbrüche sind irreparabel. Nadeln um die kollabierte Stelle ist 100% sinnfrei
Zuletzt geändert von Blacksmith77K am 09.05.2017, 00:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von bowjo » 08.05.2017, 23:59

Ich habe das bei einem Esche Flachbogen ausprobiert und es hat rein gar nichts gebracht.

Andererseits habe ich einen Flachbogen aus Robinie der auf beiden Wurfarmen von oben bis unten mit Stauchbrüchen überzogen ist und das ist einer meiner Lieblingsbögen, da sich trotz starkem Gebrauch, nichts mehr an dem Zustand verschlimmert hat.

Wäre ich da jetzt mit ner Nadel bei gegangen, wäre bei mir bestimmt der Eindruck entstanden, dass das daran liegt.

Ein Versuch sagt zwar nichts aus, ich werde das aber nicht nochmal testen. Ich glaub auch eher, dass das nichts nützt.
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von ralfmcghee » 09.05.2017, 07:42

Hier muss ich auch mal meinen unerfahrenen und unausprobierten Senf dazugeben. Das Thema mit dem Nadeln von Stauchbrüchen habe ich auch schon einmal gelesen und kann mir theoretisch vorstellen, dass man damit die längenmäßige Ausweitung der Kompressionsbrüche begrenzen kann. Andererseits gibt es auch im Bogenbau viele Mythen; wir diskutieren ja immer wieder einmal darüber. Insbesondere sehe ich das Nadeln insofern skeptisch, als man damit in mutmaßlich gesundes Holz sticht und damit zusätzliche Zellen verletzt.

Blacky hat sicher recht, wenn er sagt, dass man kollabierte Zellen nicht reparieren kann. Das versuchen die Frauen ja bei ihren Hautzellen mittels Behandlung mit Kollagen und auch das funktioniert meines Wissens nach nicht. :D

Aber ein ganz anderer Gedanke geht mir im Kopf herum: Angenommen ein Bogen entwickelt Stauchbrüche, was die Folge einer Überlastung der betroffenen Holzzellen ist. Damit sind die Holzzellen halt ein für alle mal kaputt. Man schießt den Bogen einfach immer weiter, ohne sich um die Stauchbrüche zu kümmern. (Sieht vielleicht kacke aus, stört aber weiter nicht.) Bei dieser Behandlung wird der Bogen genaugenommen an den Stauchbrüchen instabil. Irgendwann ist er so instabil, dass der übliche Auszug des Schützen den Bogen nicht noch mehr überlasten kann. Soll heißen: Alle Holzzellen, die kollabieren mussten, sind kollabiert. Das wäre doch dann der Punkt, an dem keine weitere Entwicklung von Stauchbrüchen mehr stattfinden kann, oder? Dann hätten wir den Status des Bogens erreicht, an dem sein Besitzer sagt, dass er trotz seiner Stauchbrüche einwandfrei funktioniert.

Hier kommt noch ein Vergleich mit einem Lebensbereich, in dem ich tatsächlich Ahnung habe. ;) An einem Schlafanzug habe ich einen Hosengummi, der irgendwann ausgeleiert ist ("kollabierte Gummizellen"). Der Hosengummi hat aber noch ein wenig Rest-Elastizität. Das ändert sich auch nicht, so lange ich nicht noch dicker werde und den Hosengummi dadurch noch mehr belaste.
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von bowjo » 09.05.2017, 09:01

Ich würde jetzt mal sagen, dass es ganz darauf ankommt wie tief die Stauchbrüche tatsächlich ins Holz gehen. Bei meinem Beispiel, der Eschebogen hatte nicht viele dafür aber sehr heftige Stauchbrüche, da war nichts mehr zu retten und er dient mir jetzt stark gekürzt und mit Therabändern bestückt als Trainingsgerät.

Der Robiniebogen ist wirklich mit Stauchbrüchen übersät, die sind aber alle eher klein und der hält bisher wunderbar und hat auch kaum Zuggewicht eingebüßt, er verhält sich bisher wie ein Bogen ohne Stauchbrüche.

Ich hab noch andere Bögen mit Stauchbrüchen, mit denen schieße ich aber nicht, daher beschränkt sich meine Erfahrung mit der Haltbarkeit/Nutzbarkeit auf die genannten Beispiele. Vielleicht nehme ich die anderen Bögen mal für Haltbarkeitstest in die Mangel. Wäre bestimmt ganz interessant.
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von ralfmcghee » 09.05.2017, 10:17

Hoffentlich ist es okay, wenn ich ein wenig herumspekuliere.

@bowjo:
Ja, Dein Robinienbogen repräsentiert das, was ich meinte. Dann gibt es natürlich auch diese tiefen Stauchbrüche wie bei Deiner Esche im ersten Absatz.

@all:
Ich habe bisher eigentlich nur Erfahrung mit Bogenbrüchen auf dem Tillerstock. Bisher verarbeite ich ja oft eher minderwertiges Holz, weil ich es halt habe. Oft gibt bei solchen Projekten der Bauch nach und Jahresringe delaminieren. Ich überlege gerade, ob man das als "Mega-Stauchbruch" sehen kann. Wenn ich mir nämlich so ein Vorkommnis in Zeitlupe vorstelle, denke ich, dass ich durch das Biegen (incl. meiner Ungeduld und zu schnelles Tillern) eine regelrechte Kettenreaktion beim Kollaps der Holzzellen auslöse, die sich in den Bogen fortsetzt. Irgendwann trifft diese Kettenreaktion auf den nächsten Jahresring; es kommt zur Delamination. Der Bogen bricht dann nicht komplett, sondern der Rückenring und einige darunter liegende Ringe sind noch intakt. Mit "minderwertigem Holz" meine ich die Staves, bei denen mir das schon bei etwa 30# passiert.

Bisher habe ich aus einschlägigen Beiträgen im Forum herausgelesen, dass es scheinbar zwei Stauchbruch-Typen gibt:

Typ 1: Viele Stauchbrüche, relativ großflächig über den Bogenbauch verteilt. Bogen funktioniert noch recht lange
Typ 2: Relativ wenige Stauchbrüche, tiefgehend, Bogen ist schnell hinüber.

Wenn ich unterstelle, dass an meinem Gedankengang etwas dran ist, dann wäre es interessant zu sehen, unter welchen Bedingungen es zu welchem Stauchbruch-Typ kommt und ob man schon beim Bau des Bogens (auch in Abhängigkeit vom Wurfarm-Profil) etwas dagegen tun kann. Hier fällt mir nur ein, die Kompression der Holzzellen zu minimieren. Dafür fallen mir drei Strategien ein: (1) wenig Zuggewicht, (2) wenig Biegung / langer Bogen, (3) flacher Bauch, (4) Super-Tiller mit dem Ziel, den Druck auf die Holzzellen auf möglichst alle am Bogen beteiligten Zellen zu verteilen. Hier wird es aber eng, denn bei (1) - (3) macht es keinen Spaß mehr und bei (4) hilft nur das Gefühl und die Erfahrung, weil man ja nicht in den Bogen schauen kann, um die Zellen zu inspizieren. Damit bleibt die hohe Irrtumswahrscheinlichkeit beim Tillern.

Oh mein Gott, mit den Pilzen von gestern war was... Jetzt sehe ich im nicht-homogenen Werkstoff Holz Zellen vor mir, die ein unterschiedliches Maß an Kompression vertragen. Wenn ich nun versuche, die Kompression in den Wurfarmen "gerecht" auf die Holzzellen zu verteilen - wie sieht denn unter dem Aspekt ein optimaler Tiller aus? Ich meine damit: Wenn man die Unterschiede in der Kompressionsfähigkeit der Holzzellen sehen oder messen könnte - wäre dann ein gleichmäßiger elliptischer oder kreisförmiger Tiller noch erstrebenswert?

Und überhaupt: Wie sind denn unterschiedlich kompressionsfähige Zellen im Holz verteilt? Gibt es "starke" und "schwache" Bereiche oder sind "starke" und "schwache" Zellen gleichmäßig im Bogen verteilt?

Jetzt hoffe ich, dass ich den Thread mit meinem Beitrag nicht off-Topic-kontaminiere. Das sind meine Gedanken, zu denen mich das Thema inspiriert hat. Wenn's passt, freue ich mich, wenn nicht, dann bitte den Beitrag einfach ignorieren. :)
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von Blacksmith77K » 09.05.2017, 11:24

Du kannst das kurz fassen: wenn das Holz zum Design passt, staucht es nicht. Staucht es dennoch und Baufehler sind ausgeschlossen, hat dieses Stück Holz halt versagt.
Staucht eine Eibe im ELB Design, war das Kernholz nicht tauglich. Ganz simpel...
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von schnabelkanne » 09.05.2017, 12:27

Blacksmith77K hat geschrieben:Okay ich stänkere ja nur bißchen rum, weil oft irgendwas gemacht wird und keiner weiß warum. Also für die die es wissen wollen : Stauchbrüche sind irreparabel. Nadeln um die kollabierte Stelle ist 100% sinnfrei

Wenn die Stauchbrüche nur an einer einzigen Stelle sind, dann sind sie vermutlich durch einen Baufehler entstanden und man könnte an der Stelle ja auch ein "Holz - Pflaster " einsetzen.
@Blacksmith - das Nadeln ist halt ein alter Mythos, der nicht stimmen muss - hab es halt unkritisch übernommen, finde es gut das nun darüber diskutiert wird - dafür liebe ich dieses Forum. :)
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von Blacksmith77K » 09.05.2017, 13:47

Zum Eigenbedarf geht auch Hanf/epoxy Wicklung.
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von Ravenheart » 09.05.2017, 14:10

Zum Nadeln:

Richtig: Es kann bereits vorhandenen Schäden nicht reparieren.
FALSCH: es sei sinnlos.

Der Sinn des Nadelns ist NICHT das Reparieren. Der Sinn ist, den Schaden zu begrenzen!

Ein aufmerksamer Bogenbauer erkennt Stauchbrüche relativ früh..
Doch selbst wenn man dann nachtillert, und die betroffene Stelle entlastet: Die Risse verschlimmern sich mit jedem Mal Biegen. Für die meisten Hölzer (Ausnahme z.B.: Esche!) ist das der Anfang vom nahen Ende.

Das Nadeln nimmt nun einen Teil der Oberflächen-Stauchspannung. Banal gesagt, die Stelle wird biegsamer.

Der Effekt ist vergleichbar mit dem Unterschied zwischen einem Elektrokabel, dass aus einem dicken Draht besteht, und einem GLEICH dicken Kabel, das aus mehreren dünnen Drähten besteht. Das aus dünnen Drähten ist biegsamer!
Das Stechen mit der Nadel trennt die Fasern und macht (oberflächlich) aus einem dicken Stab ein Bündel dünner Fasern. Jedenfalls punktuell..

In Kombination (und DAS wird leider meist vergessen: NUR in Kombination!) mit Nachtillern der ÜBRIGEN Bogenbereiche erhält man so einen Bogen, der etwas schwächer ist, aber noch lange halten kann - auch wenn es KEINE Esche ist...
(Gerade bei teuren / seltenen Hölzern ist manch einem das wert! Nicht jeder hat zu Hause ein großes Holzlager!!)

Fazit:
Nadeln ist eine Krücke, eine Notmaßnahme, die den Holz- oder Arbeitswert eines Bogens für einige Zeit länger erhalten helfen kann, als er ohne hätte.

Das ist nicht viel, aber manchen genug!

Rabe

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Re: Stauchbrüche

Beitrag von Blacksmith77K » 09.05.2017, 16:14

Ja wie es auch sei. Wirklich sichtbare Stauchbrüche bei Eibe gehen sofort durch das komplette Kernholz bis auf den Splint. Speziell bei Eibe ist das vergleichbar mit einem Skalpellschnitt durch den Bogen. Da kann man Löcher reinpieksen wie man will. Mag sein dass das bei anderen Hölzern anders ist. Ich kenne noch ne handvoll Weißhölzer bei denen es genau so ist.
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Re: Stauchbrüche

Beitrag von fatz » 14.05.2017, 18:10

Ich krieg die Idee irgendwie auch nicht auf die Reihe, was es bringen soll, neben einem Stauchbruch das Holz zu zermatschen. Verteilt den Stauchbruch halt, aber macht das was besser? Naja, kann ja jeder machen wie er will.....
Haben ist besser als brauchen.

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