Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

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Jannik
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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Jannik » 24.02.2014, 14:20

Hallo Apolyxon,

Apolyxon hat geschrieben:Edit: Soll ich dann gleichmäßig von den Fadeouts oder erst im letzten Drittel die WA in der Breite kürzen?

In dieser Anleitung wird gesagt, dass man erst das letzte Drittel verschmälert.


Das ist eine Designfrage und liegt bei dir, je nachdem, für welches Bogen-Design du dich entscheidest. Ein erst ab WA-Hälfte schmaler werdender Bogen ist ein halbpyramidialer Bogen, ein ab den Fadeouts schmaler werdender Bogen ist ein vollpyramidialer Bogen.
Der Vorteil des halbpyramidialen Bogens ist unter anderem der, dass du auf einer größeren Länge des Wurfarmes einen breiteren Wurfarm hast, was sinnvoll ist, wenn man Zug- oder Druck-schwaches Holz hat und das durch die Breite kompensieren will. Bei Haselnuss ist das aber, denke ich, nicht relevant, Hasel wird mit einem ordentlichen Tiller ein vollpyramidiales Design aushalten.

Also liegt es letztendlich bei dir, ob du ab den Fadeouts oder ab WA-Mitte verschmälerst. Evtl. wird dein Bogen etwas leichter, wenn du ihn vollpyramidial machst. Allerdings nimmt deine WA-Gestaltung auch Einfluss auf die spätere optimale Biegung, will heißen: Je nach Design wird dein Tiller wohl etwas anders aussehen.

Noch ein Tipp: Die Tillerphase ist eigentlich schon die Phase, wo sehr sehr genau gearbeitet wird in dem Sinne, dass nur noch ein sehr vorsichtiger Materialabtrag geschieht. Bei dir sehe ich am Bogenbauch noch sehr grobe Spuren von Werkzeugen. Wenn du mit groben Werkzeugen tillerst und am Ende eine ordentliche Biegung hast, kann es sein, dass du dir den Tiller wieder verhunzt, weil du soviel Bearbeitungsspuren wegschleifen musst. Ich mache das immer so, dass ich den Bogen vor dem Tiller im Breitentaper quasi fertig stelle (mit Schleifen,zumindest grob) und auch den Dickentaper schon möglichst genau mache. Dann schleife ich die bis jetzt bearbeiteten Oberflächen ab (inklusive Bogenbauch) und arbeite ab dem Zeitpunkt nur noch mit Ziehklinge und Schleifpapier im Tillerprozess. Das hat den Grund, dass dann die einzige Variable, die du am Bogen veränderst, dein Bogenbauch ist und du somit später nur noch den Feinschliff machen brauchst.

Allerdings ist das nur meine Vorgehensweise, es gibt sicherlich andere Meinungen und Herangehensweisen hier.

Gruß Jannik

PS: Lass dich nicht entmutigen, man lernt bei jedem Bogen dazu und Erfolg wird sich mit Geduld auch einstellen! Dein Bogen hat ein paar Schwachstellen, aber wenn du etwas vorsichtiger weiter machst (und nicht weiter ausziehst, bevor du die Schwachstellen nicht ausgeglichen hast durch Anpassen der steiferen Stellen), ist da sicher noch ein guter Bogen drin!
Zuletzt geändert von Jannik am 24.02.2014, 14:40, insgesamt 1-mal geändert.

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Wilfrid (✝)
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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Wilfrid (✝) » 24.02.2014, 14:27

Das Biegemoment in einem eingespannten Balken nimmt linear mit der Entfernung zu Einspannpunkt ab. Wenn Du einen gleichmäßigen Biegeradius und eine gleichmäßige Holzbelastung wünschst, nimm also von den Fades zu den Tips in der Breite gleichmäßig ab und behalte die Dicke bei. Dann wird nämlich auch die äußere Schicht Deines Bogens überall gleich gedehnt und Dein Bauch gleich gestaucht.
Nimmst Du in der Breite und der Dicke ab, ergibt sich bei entsprechend gleich schwerer Belastung des Holzes ein abnehmender Biegeradius (D -Tiller). Bei einem "Kreistiller" und abnehmender Dick werden die dickeren Teile mehr belastet als die dünnen.
Was dann den schönen Set bei Dir ergibt.

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Apolyxon » 24.02.2014, 17:02

Wilfrid hat geschrieben:Das Biegemoment in einem eingespannten Balken nimmt linear mit der Entfernung zu Einspannpunkt ab. Wenn Du einen gleichmäßigen Biegeradius und eine gleichmäßige Holzbelastung wünschst, nimm also von den Fades zu den Tips in der Breite gleichmäßig ab und behalte die Dicke bei. Dann wird nämlich auch die äußere Schicht Deines Bogens überall gleich gedehnt und Dein Bauch gleich gestaucht.
Nimmst Du in der Breite und der Dicke ab, ergibt sich bei entsprechend gleich schwerer Belastung des Holzes ein abnehmender Biegeradius (D -Tiller). Bei einem "Kreistiller" und abnehmender Dick werden die dickeren Teile mehr belastet als die dünnen.
Was dann den schönen Set bei Dir ergibt.


Verstehe ich das richtig, dass ich versuchen soll über den ganzen Wurfarm zunächst die gleiche Dicke zu erreichen?

Muss ich also bei diesem Bogen - nachdem ich mich um die Breite und die Bearbeitungsspuren gekümmert habe - vor allem etwas Dicke von dem Fades bis zur Mitte wegnehmen, damit diese wieder über den ganzen WA gleichmäßig ist?

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Wilfrid (✝)
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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Wilfrid (✝) » 24.02.2014, 17:11

nein, Du machst jetzt erstmal den Bogen von den Fades schön gleichmäßig abnehmend. Dann guckst Du vorsichtig, wie er biegt. Danach gehts an die Dickenbearbeitung. Dein Stock ist ja am Rücken nicht eben, das soll er auch nicht sein.
Immer eins nach dem anderen

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Apolyxon » 02.03.2014, 11:11

Ich habe die Breite wie vorgeschlagen verschmallert. So sieht jetzt der Tiller aus:
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oDBQnLs.jpg

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Wilfrid (✝) » 02.03.2014, 11:14

na gucke, fast perfekt. nun noch die "dicken Stellen" dünner machen und Dein Bogen ist fertig

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Apolyxon » 02.03.2014, 12:38

Wilfrid hat geschrieben:na gucke, fast perfekt. nun noch die "dicken Stellen" dünner machen und Dein Bogen ist fertig


Super =)

Was genau sind die dicken Stellen, die du meinst? Zumindest einige davon dürften "Knubbel" im Holz sein, die ich aber vom Faserverlauf her nachgezogen habe.

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Wilfrid (✝) » 02.03.2014, 13:06

Vor den Ästen auf der linken Seite und rechts mitte WA...
Einfach mal mit den Fingern fühlen, die Äste selber bleiben steifer. Den Wa zwischen Daumen und Zeigefinger langstreicheln, dann spürst Du , wo die WA dicker bzw dünner sind. Besser als mit jedem Meßschieber

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Blacksmith77K » 02.03.2014, 14:18

Das sieht wohl gut aus, allerdings ist die Sehne zu lang... so wie ich das sehe. Kürze ggf. die Sehne, bring den Bogen ordentlich auf Standhöhe (zwischen 6 und 7") und dann schaust du dir 'vorsichtig' wieder den Auszug auf dem Tillerstock an.
...du biegst nicht den Bogen, der Bogen biegt Dich!

76" Yew Warbow (ELB) 135#@32"
74" Yew Warbow (ELB) 105#@32"



...and several yew warbows...

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Gornarak » 02.03.2014, 14:32

Bitte nicht im Vollauszug fotografieren.

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Apolyxon » 02.03.2014, 20:19

Wieso nicht im Vollauszug fotografieren? Gibt es Set, wenn er dort zu lange verbleibt?

Der Bogen hat vorhin nach einigen Dutzend Schuß leider sein jehes Ende gefunden :(

Die Bruchstelle ist ab Anfang des letzten Drittels des unteren WA. Man kann schwach erkennen, dass an der Stelle ein "Astknubbel" war. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das die wirkliche Ursache war.
Man kann auch einige leichte Macken im Holz erkennen. Eventuell waren die Schuld?

Lasse mich aber davon nicht vom Bogenbau abhalten. Ich habe viel gelernt ;) Vielleicht lerne ich ja auch aus dem kaputten Bogen. Habt ihr da eine bessere Idee wieso der dort zu Bruch ging?
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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von beke » 02.03.2014, 22:55

Meine erste Frage an Dich: wie hast Du die Rinde und den Bast abgenommen? Bin ja auch grad an meinem ersten Hasel dran. Bei mir sind die Bastreste ganz gleichmäßig verteilt und bei Dir scheinen blanke Flächen dazwischen zu sein. Ich meine auch einige Macken (Querdellen) auf dem Rücken zu erkennen. Befürchte Du warst zu hart beim Rinde abnehmen und hast dabei den Rücken verletzt. Ich habe am Ende vorsichtig mit einem Bambusspieß dran rumgeschabt. Des weiteren wären mir die ganzen Bearbeitungsspuren noch viel zu deutlich an den Seiten - alles potentielle Rißstellen. Da würde ich nicht mit schießen. Aber mal schauen was die Götter und Profis sagen.
Aber: weitermachen! Vielleicht mußt Du mich ja in ein paar Tagen trösten :) :) ;)
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Im Besitz der Freiheit und im Kampf um die Gleichheit vergessen die Menschen die Brüderlichkeit.
H. G. Wells

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von madcala » 02.03.2014, 23:04

Das lag eindeutig an den Macken im Rücken. Es sind richtige Dellen zu sehen. Zudem kann man unten rechts erkennen wie er schnur gerade abgerissen ist. Dies resultierte aus der unsauberen Arbeit beim Entrinden. Überall sind solche Macken zu sehen.


Auf zum nächsten und sauberer arbeiten!

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Gornarak » 03.03.2014, 07:06

Ja, die Macken sind selbst für nen Haselrücken zu heftig.

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Re: Haselbogen: Tiller und zu starke Zugkraft

Beitrag von Güssenjäger » 03.03.2014, 08:11

Außerdem sind die Jahresringe extrem dünn und da ist die Macke schnell durch zum nächsten Ring.
Viele Grüße
Gerd

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