Kurzbogen aus Holunder

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jerryhill
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Kurzbogen aus Holunder

Beitrag von jerryhill » 10.02.2008, 21:57

Von vorne herein: Ich bin ein Kurzbogenketzer und will auf keinen Fall einen Bogen über max.1,40m Länge für mich bauen. Ich schieße mit Kurzauszug von 24".
Nun möchte ich einen Bogen mit improvisierten Steinwerkzeugen bauen, mind. 50# und dazu verständlicherweise ein nicht zu hartes Holz verwenden. Dachte an Holunder. Der ist auf Ödland massenhaft vorrätig und man kann gut auswählen. Die Holunderbeiträge hier habe ich alle gelesen.
Mein Fazit: Es hat keinen Zweck, einen überbreiten Bogen daraus zu bauen. Der Griff sollte bei dieser Länge mitarbeiten. Großer Reflex oder Recurves würden einen Selfbow wahrscheinlich zu sehr belasten.
Dachte also an einen trapezförmigen Bogen mit größter Breite im Griff (3cm - breiter möchte ich den Griff nicht) oder verschmälerter, halbstarrer Griff (die Fade-Outs arbeiten etwas mit). Holunder halte ich aufgrund der dichten, gleichmäßigen Struktur für einen guten Kandidaten zum entkronen.
Nun bitte ich um Meinungen und (gern auch ganz anders lautende) Vorschläge von Leuten, die mit Holunder schon entsprechende Erfahrungen sammeln konnten.
Vielen Dank, jerryhill
Zuletzt geändert von jerryhill am 11.02.2008, 23:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Boettger
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Nachtgedanken

Beitrag von Boettger » 11.02.2008, 00:27

Also ganz kann ich Deine Meinung nicht teilen. Holunder gibt`s zwar wie Sand am Meer, einen für den Bogenbau geeigneten zu finden (also kein Drehwuchs, dick genug und nicht zu krumm), ist aber gar nicht so einfach.

Ich habe ein schönes Stück für einen kurzen Bogen im Keller. Grob angedacht ist ein "breites" Design angelehnt an die Bogen der westlichen Indianer Nordamerikas. Decrownen scheint mir auch sinnvoll.

Welche Breite Holunder verträgt, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht findet sich ja im Forum noch jemand, der hier qualifiziert was dazu sagen kann.

Aber ich finde: Ein kurzer Bogen von max. 140 cm schreit einfach danach, Reflex und/oder zumindest Recurves verpasst zu bekommen. Holler gilt ja gemeinhin als sehr druckstabil. Ich kann mir nicht vorstellen, dass durch Recurves und Reflex der Bauch überlastet wäre.

Und wenn man bei diesem Design ein so druckstabiles Holz wie Holunder hat - und vor allen Dingen wenn man ihn auch entkronen will - dann ist auch ein Sehnenbacking allemal eine Überlegung wert.

Ich kann mir vorstellen, dass sich ein leichter Reflex, Recurves und Sehnenbelag  mit den 24" Auszug auch ganz gut vertragen.

viel Erfolg!
Zuletzt geändert von Boettger am 11.02.2008, 00:30, insgesamt 1-mal geändert.

Dustybaer
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Re: Kurzbogen aus Holunder

Beitrag von Dustybaer » 11.02.2008, 07:45

arcus hat schon schoene sachen mit hollunder angestellt.  schick ihm doch mal eine im.

bei einem so kurzen bogen wuerde ich die tips auf jeden fall hochknicken, schon um den sehnenwinkel zu verbessern und stack zu reduzieren.  womit ich noch keine erfahrung habe (was mir aber einen versuch wert waere) ist den bauch zu tempern und die druckbelastbarkeit zu erhoehen.  mit trapezfoermig meinst du den WA querschnitt, ja?  das halte ich fuer einen sehr guten ansatz.  dann vielleicht noch einem holmegaard aehnlich anlegen.  wenn du nur 24" ausziehst kannst du es dir leisten den griff etwas zu verschmaelern (und dabei etwas dicker lassen) damit er nur ganz wenig mitbiegt.  d.h. wenn du den griff mit 3cm ansetzt kannst du die WAs am fade out 4cm bis 4,5cm breit machen (je nachdem was der stave hergibt).

und boettger's vorschlag mit der sehne halte ich fuer eine hervorragende idee.

halte uns bitte ueber deinen fortschritt auf dem laufenden (mit vielen bildern, wenn's geht  ;D )
Bis bald

Marius


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jerryhill
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Re: Kurzbogen aus Holunder

Beitrag von jerryhill » 11.02.2008, 10:31

Vielen Dank für die Beiträge. Ich fahre jetzt los und schlage meinen ersten in Frage kommenden Vorauswahlstave. Den versuche ich dann mit Steinkeilen zu spalten.
Snake Joe schrieb, Holunder bricht bei einem bestimmten Maß an Biegung, egal, wie dick es ist. Das hat er mit Bruchtests ermittelt. Deshalb dachte ich, es könnte besser sein, den Bogen auf der kompletten Länge (Griff natürlich etwas weniger) biegen zu lassen, statt Griff zu verschmälern. Mit trapezförmig meinte ich in sofern den Umriß des Wurfarms von Tip zu Griffmitte, wie es bei vielen Plains- Bögen war.
Den Rohling würde ich rückwärts tillern und mit etwas Reflex aufgespannt trocken. Die Drucktoleranz wird ja hochgelobt; es scheint ab einer gewissen Biegung aber ein aprupter Bruch über den Rücken zu befürchten. Recurves  dämpfe ich vielleicht nach dem Tiller an. Sicher birgt das Bruchgefahr, aber ich will halt stufenweise lernen, was geht. Meine relativen Traumbögen habe ich, was ich jetzt mache ist zum lernen.
Sehenbelag  möchte ich nicht mehr machen, da in unseren Breiten oft mit hoher Luftfeuchtigkeit zu rechnen ist und ich nur mit selbstgemachtem Lack aus Harz versiegle.
lg, jerryhill
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Re: Kurzbogen aus Holunder

Beitrag von Dustybaer » 11.02.2008, 11:48

dann wuensche ich viel erfolg.  waere nett wenn du uns mitlernen laesst.

zum trapezfoermigen querschnitt hatte ich nur geraten weil er sich bei einem decrownten stave von selbst ergibt, wenn der stave durchmesser nicht sehr gross ist.  aber ihn extra herebifuehren sollte bei hollunder nicht notwendig sein.
Bis bald

Marius


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Talyessin

Re: Kurzbogen aus Holunder

Beitrag von Talyessin » 11.02.2008, 13:08

Ich denke auch, dass man eher die natürliche Rundung belassen sollte, wenn ein Kurzbogen geplant ist. Holunder verträgt Decrowning zwar ausgezeichnet, aber wenn es vermeidbar ist, sollte man doch davon absehen.

Bin auf das fertige Produkt gespannt. Meine Holunderversuche sind bisher gescheitert, weil ich den Holunder überbelastet hatte (Reiterbogendesign ohne Sehnenbacking).

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arcus
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Re: Kurzbogen aus Holunder

Beitrag von arcus » 11.02.2008, 20:13

nu ich auch meinen Senf dazugeben !

1. Frage -- warum willst du ihn denn so lang machen ????

bei mir im Bogenregal liegen 4 Stück Holler , zwischen 130 und 135 cm

haben alle so zwischen 28 und 33 lbs und schießen ganz flott. Alle haben starre Griffe  und weren bis ca 26 " gezogen

einer ist mit Hickbacking , Holmegaardstil und leichten Recurves und hat 46 lbs bei 28"

Entkronen findd ich aber net gudd -- an den Knästen bricht der sofort weg !

mach ihn so breit wie möglich--wie Dusty schon sagte--Holmegaard --da arbeitet das meiste Holz mit -- und den Typ Holmegaard, den ich meine, der biegt im Griff mit

anstreben würd ich aber nicht 50 lbs sondern bei Selfbow ca 40 -- wirst erstaunt sein, wie schnell der ist.

Aber sei gewiss-- Bogengweicht wird bei ca 370 gramm liegen--sehr leicht--und er verzeiht damit garnix.

nimm einen dicken Ast/Stamm ( 10 cm DM) ohne Drehwuchs  und hobele bis zum Markkanal runter--Enden versiegeln

Bei Bedarf könnt ich Bilder nachreichen, die sind aber noch net in der Galerie und deshalb leider nicht für alle sichtbar . Werd mich aber mal ranmachen.




Viel spass


Rolf
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jerryhill
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Re: Kurzbogen aus Holunder

Beitrag von jerryhill » 11.02.2008, 22:15

Vielen Dank nochmal. Habe heute ein Stück geschnitten, war aber nur 1,20 lang. Versuchte halt meine groben Steinwerkzeuge daran. Merkte, das einiges funktioniert und einiges nicht.
Außer für Steinkeile bringen es nur scharfe Flintwerkzeuge mit aus einem einzigen Abschlag stammender Klinge. Also vertage ich die Sache auf nächste Woche, da ich nur am Wochenende am Kieswerk eine Chance habe, wenigstens einigermaßen brauchbare Feuersteine zu finden. Derweil mache ich andere in Frage kommende Staves aus. Ich weiß übrigens aus Erfahrung, wie das mit dem Drehwuchs bei Holunder ist und suche nach Staves , die Windschutz gegen die Wetterseite haben und gerade sind. Natürlicher Reflex ohne Drehwuchs ist schon bei nicht so dazu neigenden Holzarten sehr selten.
Speziell für arctus: Gerne kürzer, 1,40 m ist das höchste, von mir gerade noch tolerierte Maß.
Ein Bogen unter 50# ist mir vom Schießgefühl nicht das Wahre. Entkronen hätte ich mit Steinwerkzeugen auch nicht gemacht, da will ich mindestens meine Zimmermannsaxt. Außerdem sind die Jahresringe bei Holunder schwer auszumachen. War ne Frage für ev. spätere Projekte.  Holmegaard- aber die steifen Enden?
Mein kleiner Osage mit Sehne wiegt bloß 300g, das Schußverhalten kenne ich.
Wäre brennend interessiert an Bildern Deiner Holunderbögen.
Im übrigen habe ich die Erfahrung gemacht, das sich Holunder schlecht verformen läßt.
Würde gegen Stacking gern die äußersten Enden der Tips etwas nach vorn biegen- mal sehen.
Auf jeden Fall noch mal vielen Dank, jerryhill
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inge
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Re: Kurzbogen aus Holunder

Beitrag von inge » 05.01.2009, 13:33

Hallo,
ich möchte dies mal wieder aufgreifen und fragen, was aus dem Projekt geworden ist.
Gruß
inge
Am Ende stellt sich die Frage:
Was hast du aus deinem Leben gemacht?
Was du dann wünschst getan zu haben, das tue jetzt.
( Erasmus von Rotterdam )

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arcus
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Re: Kurzbogen aus Holunder

Beitrag von arcus » 05.01.2009, 21:17

@ Inge

es ist meistens so, daß die sachen, wo net weitergeschrieben werden in die "Hose" gegangen sind.

In Deiner Gegend gibt es aber auch genug längere Holler --selbst schon gesehen--nur grad keine Sä....gehabt.

Trotzdem würd mich das Ergebnis auch interessieren.

Rolf
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