Holzfeuchtigkeit

Hölzer, Kleber, etc.
Antworten
Benutzeravatar
Dette
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 82
Registriert: 06.12.2010, 23:15

Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Dette » 25.03.2014, 08:43

Moin,
Ich habe mich gestern dran gemacht den nächsten Bogen zu bauen und schon beim Bodentiller hat er plötzlich seine 20cm reflex verloren. Mein Tipp ist jetzt, dass das Holz doch noch zu feucht war.
Der Stave (halber Stamm, ca. 8cm Durchmesser) wurde im November gefällt, gespalten und versiegelt und stand jetzt gut 5 Monate im Gartenschuppen. Klar, es sind noch nicht ganz die "mindestens 6 Monate", wie es im Wiki stand, aber man ist als Anfänger ja nunmal immer etwas ungeduldig ;)

Auf jeden Fall würde mich interessieren, wie ihr entscheidet, wann euer Holz trocken genug ist. Macht ihr das über Gefühl und Erfahrung? Ist ein Holzfeuchtigkeitsmessgerät eine notwendige Anschaffung? In der Suche habe ich nichts dazu gefunden.

edit: Wichige Info hatte ich vergessen: Stave hatte ich entrindet.
Zuletzt geändert von Dette am 25.03.2014, 09:07, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Wilfrid (✝)
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 6165
Registriert: 04.06.2007, 16:16

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Wilfrid (✝) » 25.03.2014, 08:47

Was für Holz? Hattest Du den Stave entrindet? Wie dick ist Dein Bogen? Und wie lang?

Benutzeravatar
ralfmcghee
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2019
Registriert: 02.01.2014, 16:00

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von ralfmcghee » 25.03.2014, 08:53

Guten Morgen Dette,

ich habe so ein Holzfeuchtigkeitmessgerät aus dem Baumarkt. Damit kann ich die Feuchtigkeit in Prozent messen, aber mehr als ein grober Richtwert ist das nicht. Diese Consumer-Geräte haben wohl nicht allzuviel mit exakt messenden Profigeräten zu tun. Hier im Forum habe ich gelesen, dass viele Leute ihren Stave täglich auf die Waage stellen und das Gewicht notieren. Wenn der Stave kein Gewicht mehr verliert, heißt das, dass er wohl auch keine Feuchtigkeit mehr verliert, also hinreichend trocken ist.

Meinen gerade fertiggestellten Bogen habe ich aus einem Robinienstamm gebaut, der nach Angaben des freundlichen Menschen, der ihn mir überlassen hat, schon richtig lange getrocknet war. Trotzdem hat er praktisch allen Reflex verloren und das auch schon recht schnell nach dem Bodentiller. Das kann ich bei mir nicht an der Feuchtigkeit festmachen. Vielmehr denke ich, dass mein Holz den Reflex beim Tillern (und gerade da war ich wohl zu ungeduldig) verloren hat.

20 cm Reflex ist auch recht üppig für meinen Geschmack. Mal sehen, was die Kollegen meinen, aber im Moment denke ich, dass es gar nicht so schlecht ist, wenn Dein Rohling nicht dermaßen viel Reflex hat. Jetzt musst Du hingegen schauen, dass er nicht 20 cm Deflex entwickelt. Aber auch da wäre ich ganz sicher, dass die erfahrenen Bogenbauer Dir gute Hinweise geben würden.

Viel Erfolg beim Bau und
mach Späne
Ralf
Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht.
Der Student geht zur Mensa bis er bricht.
Mein Bogen geht auf den Tillerstock bis er bricht.

Benutzeravatar
Dette
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 82
Registriert: 06.12.2010, 23:15

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Dette » 25.03.2014, 09:14

Was das für Holz ist, da bin ich mir leider immer noch nicht sicher ;)
Der Stave war entrindet, 175cm lang. Der Bogen ist jetzt 1,6cm - 1,1cm dick.

Gewicht täglich messen, wäre natürlich eine gute Idee gewesen, aber das hatte ich bisher nur bei den Saplingen gelesen und habe es gedanklich nicht geschafft das auf länger gelagertes Holz zu übertragen :D

Reflex verlieren bzw. Set bekommen beim Tillern kommt daher, dass man zu ungeduldig ist und weiter biegt, wenn er sich nicht perfekt biegt? Oder worauf bezieht sich dein ungedultig sein?

Benutzeravatar
Jannik
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 362
Registriert: 12.03.2013, 12:30

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Jannik » 25.03.2014, 09:48

Hallo Dette,

Holz will auch erst daran gewöhnt werden, dass es ein Bogen werden soll, d.h. dass es sich biegen soll. Dazu (und auch, um das Holz auf den Materialabtrag reagieren zu lassen) "pumpt" man das Holz während des Tillerprozesses immer wieder, jedoch nur soweit, wie das Holz es gerade will:
a) hat der Bogen eine Schwachstelle, sollte man diese erstmal entlasten
b) ist der Bogen noch zu stark, sollte man ihn auch nicht weiter biegen, sondern Material abtragen.
Dieses pumpen ist sehr wichtig, jedes mal vor dem Aufspannen auf den Tillerstock sollte man das tun (und auch während des Bodentillers). Gemeint ist damit, mindestens 30 x den Bogen bis zu dem momentanen Auszug deines Tiller Prozesses zu ziehen und sofort wieder zu entlasten. Übrigens gilt das alles auch für dem Bodentiller, auch da will der Bogen daran gewöhnt werden. Je geduldiger Du das machst, desto weniger Set. Geduldig um Sinne von "sich Zeit nehmen für s pumpen und NIE, NIE überspannen (also weiter ziehen, als es deinem momentanen Tiller stand entspricht)!

Meine persönliche Meinung ist inzwischen, von dem Einhängen der Sehne im Tillerstock Abstand zu nehmen, da die Fasern des Bogenrückens jede Sekunde, die er zu lange da aufgespannt ist, kriechen und sich folglich Set einstellt.

Ich bin übrigens über jeden cm Reflex froh, den mein Stave hat, ich kann gar nicht genug davon haben.

Gruß Jannik

Benutzeravatar
Idariod
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1684
Registriert: 23.10.2012, 10:22

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Idariod » 25.03.2014, 10:25

So nebenbei wegen der Holzfeuchte:

Die Werkstatt meiner Frau Mutter ist völlig unbeheizt, da hat mein Holz im Herbst/Winter nie weniger als 18% Restfeuchte, was zu viel ist zum Tillern. Im Sommer dörrt es da dann relativ schnell auf 8% runter, also ist da Vorsicht angebracht.
Ich weiß jetzt nicht wie das Klima bei euch ist, aber wenns bei euch im Winter nicht kalt und trocken war, wirds Holz wohl etwas zu feucht sein. Heizungskeller und Wohnung sind normalerweise die Endstufen der Stave-Trocknung.
Teile dein Wissen und gib nicht vor zu wissen was du nicht weißt - ein guter Ratschlag von einem tüchtigen Tischler. Das steht hier um mich daran immer zu erinnern, und für alle denen der Schuh passt.

Benutzeravatar
Wazuka
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1117
Registriert: 24.09.2012, 10:23

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Wazuka » 25.03.2014, 16:32

Ich häng mich mal an die Frage mit dran. Hab einen hübschen Ast mitgenommen, der schon seit ca. 2 Jahren auf trockenem Waldboden rumlag, Rinde super, nur an einem Ende das Holz etwas schimmlig. Rinde runter, abgelängt und einen Grobzuschnitt gemacht. Das Holz wirkt eigentlich schon sehr trocken, aber ich hab sicherheitshalber die letzten drei Tage das Gewicht notiert. Der Stecken verliert jeden Tag ca. 10 g Gewicht. Ist das viel? Oder wenig? Wie lange werde ich noch warten müssen? Gibt es da Erfahrungswerte?

Benutzeravatar
Heidjer
Global Moderator
Global Moderator
Beiträge: 6864
Registriert: 16.08.2006, 22:00

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Heidjer » 25.03.2014, 17:16

Ich fange mit den Feintillern frühestens an, wenn der Stave weniger als 0,2 % Gewicht in 24 h verliert, also unter einen Gramm bei einen Bogengewicht von 500 g. Das ist dann auch in etwa das Holzfeuchtegleichgewicht, das soll bedeuten das ein Bogen so um ein Gramm Gewicht am Tag schwanken kann, je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Normales Holz hat beim Fällen im Winter eine Holzfeuchtigkeit von 30% bis 40% es muß damit mindestens 20% seines Gewichtes verlieren, bevor man den Bogen bis zum Bodentiller heraus arbeitet und wenn dann der Stave in einer Woche weniger als 10 g verliert kann man anfangen.


Gruß Dirk
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.

Benutzeravatar
ralfmcghee
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2019
Registriert: 02.01.2014, 16:00

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von ralfmcghee » 25.03.2014, 17:47

@Dette:

Ja genau. Ich habe genau das Gegenteil von dem gemacht, was Jannik so schön beschrieben hat. Meine Ungeduld führte dazu, dass ich das Holz zu viel gebogen habe unter dem Motto "Verdammt, da muss sich doch jetzt etwas bewegen". Außerdem habe ich an den Stellen, die sich so gar nicht bewegen wollten, schnell mal ganz viel Material heruntergenommen. Was dabei herausgekommen ist, kannst Du hier sehen:

http://www.fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=15&t=24478&start=60

Schau Dir am besten die letzten Beiträge an. Da habe ich Fotos von der Katastrophe gezeigt. Da hat dann ein Fehler zum nächsten Fehler geführt. Am Ende habe ich es gerade noch so hinbekommen, aber aus einem schönen Robinienstave habe ich einen Bogen mit der Note 4- oder 5+ gemacht. Nun ja, und andere würden sagen, das war bestenfalls eine 5-. Ich bin zwar stolz darauf, dass ich aus einem richtig verkorksten Bogen noch einen funktionsfähigen Bogen gemacht habe, aber schön und leistungsfähig ist anders.

Beim nächsten Mal muss ich mich dazu zwingen, beim Tillern die entsprechende Geduld aufzubringen. Jeder weiß es: Gut Ding braucht Weile. Aber das muss man wohl durch Erfahrung lernen. Ich sage immer: Was ich mache, dient zumindest als Beispiel, wie man es nicht macht. ;) In diesem Sinne

LG
Ralf
Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht.
Der Student geht zur Mensa bis er bricht.
Mein Bogen geht auf den Tillerstock bis er bricht.

Benutzeravatar
Ravenheart
Forengott
Forengott
Beiträge: 22358
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Ravenheart » 26.03.2014, 10:16

Die Holzfeuchte ist DANN gut, wenn das Holz trocken ist - aber nicht ZU trocken.

Na toll, was sagt das jetzt? Richtig: gar nix! Aber auch alles... ;D

Wie schnell das Holz diesen Punkt erreicht, ist (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) abhängig von:

* Umgebungstemperatur
* Umgebungsfeuchte
* ggf. Besonnung
* Luftbewegungs-Geschwindigkeit im Lagerraum (Luftaustausch-Rate)
* ggf. Schwankungen der vorgenannten Parameter
* Holzart
* Dicke / Länge des Staves
* Rinde oder nicht
* Grad der Versiegelung
* Art der Versiegelung
* Lagerungsdauer
* Art der Lagerung (stehend / liegend, Luftraum um das Holz)

Ein Hasel kann nach 1 Woche trocken genug sein, eine Eibe kann nach 1 Jahr innen noch optisch sichtbar nass sein. Ich hatte schon Eiben, die nach einem 3/4 Jahr unter Dach plötzlich grüne Zweige austrieben!

Rabe

Benutzeravatar
Wazuka
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1117
Registriert: 24.09.2012, 10:23

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Wazuka » 26.03.2014, 11:40

Ok, danke Dirk und Rabe, das hilft mir auf jeden Fall weiter. Zumindest hab ich mal ein paar Hausnummern im Kopf, und der Rest ist ein wenig Bauchsache unter Berücksichtigung aller von Rabe genannten Umstände. Ich hoffe nur, daß das Trocknen nicht allzulange dauert, da sonst mein Sohnemann die Geduld verliert ;) . Naja, solange wir den Stave noch nicht biegen, können wir ja trotzdem schon ein wenig dran rumschrabbeln und ein paar andere Dinge vorbereiten (Sehne, Pfeilanlage, etc.).

Benutzeravatar
Dette
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 82
Registriert: 06.12.2010, 23:15

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Dette » 26.03.2014, 12:43

Also in Zukunft jeden Rohling erstmal mehrmals wiegen, bevor das biegen losgehen kann! Vielen Dank euch allen!

Benutzeravatar
stefan kaletsch
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 388
Registriert: 05.02.2012, 20:34

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von stefan kaletsch » 26.03.2014, 21:20

Noch einTipp von mir: auch eine Brennprobe von Spänen oder eine Biegeprobe von Abfallstücken kann aussagekräftig sein! Was den Reflex anbelangt: bei Selfbows punktet nur gewachsener Reflex,eingetrockneter verliert sich(fast) immer! Daher lohnt es sich,seine Staves dementsprechend zu kennzeichnen,zBsp. Datum/Gewicht/Form...

Benutzeravatar
Blacksmith77K
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 6025
Registriert: 17.09.2010, 22:55

Re: Holzfeuchtigkeit

Beitrag von Blacksmith77K » 26.03.2014, 22:00

Dette hat geschrieben:Also in Zukunft jeden Rohling erstmal mehrmals wiegen, bevor das biegen losgehen kann! Vielen Dank euch allen!



Nein, nicht unbedingt.In Zukunf auf JEDEN FALL mal wissen, WAS für ein Holz es ist! Dass ein untaugliches Holz trotz korrekter Trocknung seinen Reflex verlieren kann, ist völlig normal.

Heißt, das Holz hat keine Rückstellkraft etc.

Also ohne zu wissen was für'n Stave das war, kann man bis auf 'allgemeine' Tips zum Trocknen, garnix weiter zu sagen.
...du biegst nicht den Bogen, der Bogen biegt Dich!

76" Yew Warbow (ELB) 135#@32"
74" Yew Warbow (ELB) 105#@32"



...and several yew warbows...

Antworten

Zurück zu „Materialien“