die leistungsfähigsten Bögen, die ich bislang gebaut habe, sind Perry-Reflex-Bögen, bei denen ich Bambusspaltlinge auf unterschiedliche Harthölzer, meistens Tropenhölzer, unter Vorspannung geleimt habe. Zu Perry-Reflex ist hier ja schon viel geschrieben worden, ebenso und besonders kritisch zu Tropenholz im Bogenbau. Soweit ich solches nutze, handelt es sich um Reste aus dem Fußbodenbau oder Fundstücke aus eBay. Da meine übrige Öko-Bilanz vermutlich recht günstig ist, meine ich, dass mein Frevel hier gerade noch vertretbar ist.
Genug der Einleitung, über diese Aspekte des Perry-Reflex wollte ich hier weiter nicht schreiben.
Schreiben wollte ich vielmehr über die variable Form bzw. Schablone, die ich mir hierfür vor ungefähr 4 Jahren mehr zufällig und zunächst als Provisorium gebaut habe, die entsprechend leicht herzustellen, billig und funktional ist, und von der ich meine, dass der ein oder andere, der seine Perry-Reflex-Rohlinge bisher mit abenteuerlichen Klotz-Schraubzwingen-Wohnzimmertischkombinationen verleimt hat, sie vielleicht interessant findet. Aus dem Provisorium wurde nämlich ein vielbenutzes Hilfsmittel. Hier ein paar Bilder mit Erläuterungen:
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform3.jpg)
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform4.jpg)
Das Gerüst der Schablone besteht aus einer Reihe von schichtverleimten Lattenrosten, wie man sie auf jedem besseren Sperrmüll findet. Vorteil solcher Lattenroste ist, dass sie bereits rund geleimt sind, um besser federn zu können. Eine paar davon auf- und aneinandergeleimt (zwei Schichten) ergibt eine - hier rund 2 m lange - Bogenform. Der Rücken dieser Bogenform, also die gewölbte Außenseite, gibt später die Fläche, auf der Bambus und Holzbauch des späteren Bogens in Form verleimt werden.
Da dabei die Bambusseite nach unten (also auf die Rückenseite der Schablone) gepresst wird, um die spätere Perry-Vorspannung zu erreichen, entsteht das Problem, wie man mit den hervorstehenden Nodien des Bambus umgeht. Auf die blanke Holzform gepresst ergäben diese wohl irgendeine Wellenlinie und Probleme mit der Leimfuge, was man beides nicht will. Ich habe deshalb eine Schicht Gymnastikmatte auf die Schablone geklebt, die die Nodien ausgleicht und später den Anpressdruck der Schraubzwingen verteilt.
Da eine Kombi von Bambusspaltling und Hartholz außerdem stärker als das gebogene Lattenrostgerüst ist, muss man beim Verleimen irgendwie die Bogenform der Schablone erhalten. Dazu habe ich an den Stirnseiten der Schablone mittig jeweils eine Nut gesägt, in die man ein - auf den Bildern gelb zu sehen - Seil mit Knoten einhaken kann. Das Seil hält beim Verleimen die Form der Schablone und zwingt die Bambus-Hartholz-Kombi beim schrittweisen Ansetzen der Schraubzwingen langsam in die Perry-Reflex-Vorspannung.
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform5.jpg)
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform6.jpg)
Außerdem ermöglicht es das Seil, dass man mit ein- und derselben Schablone unterschiedlich starke Vorspannung erreichen kann. Dazu verschiebe ich einfach einen der beiden Knoten, so dass die Schablone stärker oder schwächer gebogen wird.
Für die folgenden Bilder habe ich mal eine Bambusleiste der Sorte Moso (Bambushandel Leipzig, sehr preiswert) und ein Stück einer Massivholzdiele aus Merbau (dunkles Hartholz) hergerichtet. Zum Herrichten von Bambusspaltlingen finden sich hier im Forum einige Beiträge, das Holz habe ich auf 172 cm Länge gebracht sowie in eine pyramidale Form (von ungefähr 4,5 cm auf knapp 1 cm) und ein Stück des Holzes für den künftigen Griff aufgeleimt. Der Bambusspaltling hat etwas seitliches Übermaß, da zumindest ich so genau unter Vorspannung nicht verleimen und etwas seitlich Luft bleiben muss (der hier verwendete Weißleim ist dann ganz schön glitschig).
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform1.jpg)
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform2.jpg)
Was jetzt kommt, ist klar: Leim drauf und Zwingen dran, was sich in der Praxis aber als rutschige Sache darstellt, bei der man immer kontrollieren muss, ob Bambus und Holzbauch noch richtig fluchten.
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform7.jpg)
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform8.jpg)
Dabei arbeite ich mich von der Mitte schrittweise (auf beiden Wurfarmen "gleichzeitig") nach außen vor, immer nach dem Strickmuster "1 rechts, 1 links". Und bei jeder neuen Zwinge muß man die Nachbarzwinge nachziehen, da diese dabei locker wird, wenn der Rohling weiter nach außen runtergedrückt wird. Einmal hatte ich stattdessen versucht, erst den einen Wurfarm komplett fertig zu verleimen. Das war nix, denn dann war die Form durch den starken Bambus-Holzrohling schon so in die eine Richtung verzogen, dass die andere Seite eine geringere Vorspannung erhielt.
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform10.jpg)
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform11.jpg)
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform12.jpg)
![Bild](http://www.bild-hoster.de/thumbs/Royaljudge/perryform13.jpg)
So, das ganze trocknet gerade im Keller in Echtzeit vor sich hin. Die "Standhöhe" der Schablone im Zustand mit allen Schraubzwingen liegt so bei knapp 20 cm, davon werden wohl so 10 cm Perry-Vorspannung übrig bleiben (nach dem Rausholen aus der Form, nach dem Tiller wird es noch etwas weniger sein). Auf diese Weise ließen sich bisher gut verarbeiten: Jatoba, Ipé, Guatambu, Teak, Mahagoni, Tigerwood, kanadischer Ahorn, sicher geht vieles mehr. Merbau teste ich soeben zum ersten Mal, Cumaru und Mutenye (alles Trophäen jahrelanger eBay-Beobachtung) liegen auf der Lauer.
In ein bis zwei Tagen hole ich den Rohling aus der Form und hobele die überstehenden Bambuskanten auf die Form des Hartholzrohlinmgs runter.
Ich werde dann gerne weiter berichten, wenn Interesse besteht. Falls eine solche oder ähnliche Form schon ein alter Hut sein sollte, bitte ich meine Unkenntnis zu entschuldigen. Aber ich bin hier bogenbauerisch allein auf einer Insel, Kontakt zu anderen Bognern habe ich nur hier und über die Literatur. Da kommen dann manchmal "Insellösungen" bei raus.
Viele Grüße
Christian
(Schraubzwingensammler)