Hist.Quellen zu den Reitervölkern

Alles was nicht in eine der anderen Kategorien passt.
Antworten
nomadic
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 80
Registriert: 14.12.2003, 12:50

Hist.Quellen zu den Reitervölkern

Beitrag von nomadic » 09.07.2005, 21:20

Quelle: Das Strategikon des Maurikios
Einführung, Edition und Indices von:
George T.Sennis
Übersetzung von:
Ernst Gamillscheg
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Wien1981

Auszug aus Buch XI Kapitel2

Wie man sich den Skythen anpassen muß,
d.h. den Awaren und Türken und den anderen
hunnischen Völkern mit der selben Lebensweise

Die skythischen Völker zeigen sozusagen ein Verhalten und eine Taktik, sind dabei in viele Herrschaften geteilt und sorglos. Nur Türken und Awaren denken über Taktik nach; sie kämpfen stärker als die anderen Skythen im Verband. Das Volk der Türken ist zahlreich und frei; nicht belastet durch vielfältige wichtige Angelegenheiten, ist es nur darin geübt, gegen Feinde tapfer zu sein. Das Volk der Awaren aber ist sehr schlecht, listig und sehr erfahren im Krieg.

Mühen und Plagen ertragen sie tapfer, weil sie von einem Herrscher regiert werden, bei Verfehlungen von den Anführern strenge Strafen erleiden und nicht durch Liebe, sondern durch Angst beherrscht werden. Sie halten Hitze und Kälte und sonst eingetretenen Mangel an Notwendigen aus, weil sie als Nomaden leben. Weil sie unruhig, hinterhältig, schlecht und unzuverlässig sind und sich der unersättlichkeit nach Geld beherrschen lassen, verachten sie Eide und halten keine Übereinkunft, geben sich nicht mit Geschenken zufrieden, sondern ersinnen, bevor sie das Gegebene empfangen, einen Anschlag und die Auflösung des Beschlossenen. Sie überlegen den richtigen Zeitpunkt genau und nutzen ihn ohne Verzögerung, weil sie nicht so sehr versuchen, den Feind im Handgemenge niederzukämpfen, wie durch Hinterlist, plötzliche Angriffe und Mangel an Notwendigen.
Gerüstet sind sie mit Panzerhemden, Schwert, Bogen und Lanze, weswegen die meisten von ihnen im Kampf zwei Waffen mitnehmen, indem sie an der Schulter die Lanze tragen und den Bogen in den Händen halten und beides je nach Bedarf verwenden. Nicht nur sie tragen Waffen, auch die Pferde der Vornehmen sind an der Brust durch Eisen oder Filz geschützt. Gut geübt sind sie im Bogenschießen zu Pferd.
Es folgt ihnen eine Menge von Pferden, Hengste und Stuten, z.T. als Nahrung, zum Teil um eine (größere) Menge vorzutäuschen. Sie verweilen nicht wie die Perser und Romäer im Lager, sondern (bleiben) bis zum Tag der Schlacht zerstreut nach Geschlechtern und Stämmen, wobei sie die Pferde im Winter und im Sommer dauernd weiden lassen. Dann fangen sie die notwendigen Pferde für den Kampf, fesseln sie nahe bei den Zelten und bewachen sie bis zum Zeitpunkt des Kampfes, wobei sie mit der (Formierung der) Schlachtaufstellung in der Nacht beginnen. Ihre Spähtrupps stellen sie weit von einander auf, um nicht leicht Opfer eines plötzlichen Angriffs zu werden.
In der Schlacht aber formieren sie die Schlachtaufstellung nicht wie die Romäer und Perser in drei Blöcken, sondern in verschiedenen Regimentern, wobei sie die Regimenter in Haufen zusammenschließen, so daß es als eine Schlachtaufstellung erscheint. Außerhalb der Schlachtaufstellung haben sie eine Streitmacht darüber hinaus, die sie zu Anschlägen gegen sorglose Feinde aussenden oder für die Unterstützung eines bedrängten Truppenteiles zurückhalten. Ihre Ersatzpferde und den Troß halten sie nahe hinter der Schlachtaufstellung, auf der linken oder auf der rechten Seite, eine oder zwei Meilen entfernt unter bescheidener Bewachung. Oft aber sammeln sie die übrigen Pferde im Rücken der Schlachtordnung und stellen sie zu deren Schutz auf. Die Tiefe der Reihenbilden sie ohne Begrenzung, wie es kommt, wobei sie mehr Sorge auf die Tiefe verwenden, und machen die Front gleichmäßig und dicht. Sie freuen sich am Kampf aus der Entfernung, an Anschlägen, Einkreisungen gegen die Feinde, am vorgetäuschten Rückzug und an Wendungen, der Formation im Keil, d.h. an zerstreuten Aufstellungen. Wenn sie die Feinde besiegen, stellen sie alles andere zurück und begnügen sich nicht wie die Perser und Romäer und die anderen Völker mit einer bescheidenen Verfolgung und den Raub des Eigentums, sondern setzten solange nach, bis sie die Feinde endgültig vernichtet haben, und verwenden dazu jedes Mittel. Wenn einige Feinde auf der Flucht in eine Befestigung fliehen, sind sie bestrebt, dort zu verweilen, weil sie genau den Mangel an Notwendigem für Pferde und Männer bedenken, um durch diesen Engpaß die Feinde zu unterwerfen oder von ihnen passende Verträge zu erzwingen. Zuerst fragen sie wegen der leichterer Punkte, wenn aber das mit ihnen ausgemacht ist, fügen sie das für die Feinde Schmerzhafte hinzu.

Ihnen macht Schwierigkeiten: Mangel an Weide wegen der Menge an Pferden, die sie mitführen; in der Schlacht eine Infanterieformation, weil ihnen das widrig ist: Sie leben nämlich auf den Pferden und steigen nicht ab, können auch nicht auf den Füßen stehen, weil sie mit den Pferden verwachsen sind und wegen mangelnder Gelegenheit nicht zu Fuß gehen; ebenes offenes Gelände, eine Kavallerieformation, die dicht und unauflösbar folgt; das Handgemenge, nächtliche Angriffe, die gesichert vor sich gehen, wobei ein Teil die Formation bewahrt, der andere aber ausschwärmt. Ihnen macht der Abfall der Überläufer sehr zu schaffen; denn sie sind von unsteter Art, gierig nach Gewinn und aus vielen Stämmen zusammengesetzt und kümmern sich nicht um Verwandte und die Eintracht untereinander; wenn einige anfangen überzulaufen, folgt ihnen eine Menge Gleichgesinnter.
Man muß also, wenn sie sich zum Kampf nähern, vor allem in Entfernung zahlreiche sorgfältige Spähtrupps haben; außerdemsich darum Sorgen machen und das vorbereiten, was für eine Wendung des Kampfes wichtig ist: daß man einen festen Punkt erkundet für widrige Umstände, Vorrat für einige Tage findet, wenn es dazu kommt, auch für die Pferde wie für die Männer, vor allem eine Menge Wasser; außerdem muß man die Angelegenheit des Trosses so regeln, wie es in dem betreffenden Kapitel beschieben ist. Und wenn sich vor allem im ersten Treffen eine Infanterietruppe befindet, soll man, soweit (das Heer) den Kampf gegen das Volk gewohnt ist, es nach der beschriebenen Art im Diagramm der rückwärts geneigten Aufstellung formieren, d.h. daß die Kavallerie hinter der Infanterie ihren Platz hat. Wenn aber nur die Kavalleristen kampftüchtig sind, muß man sie nach der im Kapitel über die Taktik beschriebenen Art aufstellen, aber mehr tüchtige Soldaten an die Flanken abkomandieren. Im Rücken genügen nämlich die Schutztruppen. Die Angriffstruppen aber sollen sich bei der Verfolgungnicht mehr als drei oder vier Pfeilschüsse von der Formation der Schutztruppen trennen und im Angriff nicht gegen die Awaren rasen. Man soll nach Möglichkeit versuchen, in offenem und freiem Gelände die Schlachtaufstellung zu formieren, wo weder Wald noch Sumpf oder Täler Gefahren bringen - wegen der Anschläge von dort. Und die Spähtrupps soll man in Entfernung an den vier Seiten der Schlachtaufstellung halten. Gut ist es, nach Möglichkei einen schwer passierbaren Fluß, Sümpfe oder einen See im Rücken der Schlachtaufstellung zu haben, damit der Rücken gesichert ist; und wenn der Kampf gut ausgeht, darf man nicht unmäßig hinter ihnen herjagen noch sorglos sein. Denn sie geben nicht wie andere Völker, im ersten Treffen besiegt, den Kampf auf, sondern versuchen auf viele Arten, die Feinde zu bekämpfen, bis sie mit Gewalt gedemütigt sind. Wenn aber die Aufstellung gemischt ist und die Infanterie in der Mehrzahl, muß man in dieser Lage für die Nahrung der Pferde Sorge tragen; denn die Reiter haben bei Annäherung der Feinde überhaupt keine Gelegenheit, Futter zu sammeln.

Weitere Auszüge folgen..
Für Fragen stehe ich natürlich immer zur Verfügung!
mit freundlichem Göttinger Gruß
>>-->nomadic;-)
Unsere Feinde um uns herum waren wie eine Schar gew?hnlicher V?gel,
wir waren wie Raubv?gel!
(710-11n.Chr Bain Cokto/Mongolei Tonyukuk Inschrift 8.Zeile S?dseite)

nomadic
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 80
Registriert: 14.12.2003, 12:50

Strategikon

Beitrag von nomadic » 09.07.2005, 21:34

Das Strategikon wird dem byzanitinischen Kaiser Maurikios (582-602) zugeschrieben., welches (mit Militärberatern u Offizieren) auf seine Initiative hin entstand.
Dieses Militärhandbuch (Strategikon, Taktika), in den Handschriften unter den Namen Maurikios überliefert, ist ein Werk für die Erfordernisse eines Offizieres mittleren Ranges zugeschnitten. Obwohl es einige allgemeine Grundsätze und Hinweise auf frühere Taktiker enthält, ist das Strategikon ein originelles Werk ohne literarische Ambitionen.
Unsere Feinde um uns herum waren wie eine Schar gew?hnlicher V?gel,
wir waren wie Raubv?gel!
(710-11n.Chr Bain Cokto/Mongolei Tonyukuk Inschrift 8.Zeile S?dseite)

Ahenobarbus
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 745
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von Ahenobarbus » 09.07.2005, 23:21

Hi,
hast Du das Gesamtwerk, vielleicht optimalerweise 'internetverschickungsfähig':anbet :anbet :anbet :anbet

nomadic
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 80
Registriert: 14.12.2003, 12:50

RE:

Beitrag von nomadic » 10.07.2005, 17:26

Original geschrieben von Ahenobarbus

Hi,
hast Du das Gesamtwerk, vielleicht optimalerweise 'internetverschickungsfähig':anbet :anbet :anbet :anbet


Hallo Rotbarsch,
Ähm, also es ist ein dickes Buch..
Leider habe ich keine DigiCam mehr.
Ich könnte aber bei Gelegenheit bestimmte Ausschnitte gescannt o fotografiert schicken.
Das ganze Buch zu scannen - etc ist mir doch zu viel - wobei man beachte, daß ich 2Stunden gebraucht habe es für meine Privatsammlung zu fotokopieren. Mein Prof wollte ja sein Buch wiederhaben.
8-|
Unsere Feinde um uns herum waren wie eine Schar gew?hnlicher V?gel,
wir waren wie Raubv?gel!
(710-11n.Chr Bain Cokto/Mongolei Tonyukuk Inschrift 8.Zeile S?dseite)

nomadic
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 80
Registriert: 14.12.2003, 12:50

Byzanz und Osteuropa - F.Tinnefeld

Beitrag von nomadic » 09.02.2006, 13:00

Hier noch eine Veröffentlichung vom bekannten byzanz Historiker Prof. Dr. Franz Tinnefeld (Institut für Byzantinistik, Byzantinische Kunstgeschichte und Neogräzistik München)

Byzanz und Osteuropa -
Politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen
(auch Aspekte Byzynz - Reitervölker)
Zum downloaden:
http://www.sbg.ac.at/ger/samson/rvws200 ... ld2003.doc

mfGG >>>--->nomadic :D
Unsere Feinde um uns herum waren wie eine Schar gew?hnlicher V?gel,
wir waren wie Raubv?gel!
(710-11n.Chr Bain Cokto/Mongolei Tonyukuk Inschrift 8.Zeile S?dseite)

LaCroix
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 552
Registriert: 25.02.2005, 15:27

Beitrag von LaCroix » 09.02.2006, 13:53

<- druckt :D

Nur so ne Rückfrage, das Ganze Dokument scheint mir stark in Richtung Rus und Bulgaren, den direkten Nachbaren, ausgerichtet zu sein.

Die anderen Völker werden eher nur wenig erwähnt.

Für mich als "Magyarenjäger" ist es schade, das die Magyaren erst ab ~890 kurz erwähnt werden, und dann erst wieder ab 1000+, als sie missioniert wurden. Angeblich zahlte man ihnen zeitweise ja tribut .

Gab es keine Handelsbeziehung zu ihnen oder nur keine nennenswerten Aufzeichnungen? Oder geht dieses Dokument nur nciht drauf ein?

Danke!
temporarily out of order

Benutzeravatar
sundancewoman
Full Member
Full Member
Beiträge: 162
Registriert: 08.06.2005, 21:27

Beitrag von sundancewoman » 11.02.2006, 21:48

Hallo ihr zwei Ungarn-Jäger!
Natürlich gab es ausreichende Handelsbeziehungen mit anderen Völkern. Über die Ungarn wurde berichtet, dass sie zumindest die obere Schicht, reich, schön bekleidet war, mit Seide und Brokat, die Waffen waren mit Silber und Gold beschlagen. Wo hatten sie all das her? Handel haben sie immer schon betrieben, noch in der früheren Heimat, in Levedien, Zugang zu der Seidenstrasse war auch vorhanden. Ein ziemlich falsches Bild gibt der Abt von Prüm, Regino, aber er verwendete auch nur das Werk von Justinius(2. Jht nach Chr.)So erging es mit den Awaren, Hunnen..im Europa.
Woanders schrieb man ein fundierteres Bild.
Die früheren arabischen Emirate haben Eurasienweit lebhafte Handels-und diplomatische Beziehungen betrieben mit vielen Völkern und Ländern. Dazu, dass deren Handelsleute mit ihren Waren und die Ausgesandten erfolgreich die langen, gefahrenvollen Routen passierten, mussten sie die Völker, mit denen sie auf dem Weg in Berührung kamen, gründlich kennenlernen, über ihre Bräuche und Lebensweise Bescheid wissen. Die zurückkehrenden Reisenden haben manchmal selber ihre Erlebnisse niedergeschrieben, was sie gesehen haben. Anderseits haben Staatsmänner, Geschichteschreiber, oder Wissentschafler die Reisenden ausgefragt. So war es mit Dzsajhani, Staatsmann und Wissentschaftler aus Buhara. Seine Werke sind leider verloren gegangen, aber aus späteren arabischen und persischen Werken sind Texte gut zu rekonstruieren. Die Reiseberichte waren wichtig für die nächste Karawane oder Gesandten, aus eigener Interesse hat jeder versucht, ein warheitsgetreues Bild abzugeben. Da habe ich einen Name nur, Gardizi, vieleicht kann Nomadic damit was anfangen. Der Kalif von Córdoba kam auch mit den Ungarn in Berührung; im Jahre 942 brachen die Ungarn in sein Reich. Ein paar wurden gefangen genommen, und wie sie waren( mit waffe und Kleidung), wurden die Krieger zu ihm geführt, um sie zu beäugen, und auszufragen, woher sie kamen, wer die Führer sind, welches Leben sie führen, usw....
Allein die Europäische Berichterstattung erwähnt nie Nenneswertes über ihre Lebensweise oder ähnliches. Der Europäer, -eine alte Tradition-, hinten seiner Mauer versteckt, und seine Welt als alleinige hält, betrachtet durch sein eigenen überheblichen Hochmut den von weit Komenden, der nur ein zurückgebliebener, unter primitive Bedingungen vegetierender und grausamer gilt, mit eine einzigen Kundgebung, der hat: der zerstörender Gemetzel.
Aus dem Gräbern ausgewonnne Fundstücke erzählen über die Beziehung mit Bizanc, es gab da Ohrringe im Bizantinische Stil.
So viel auf einmal. Bis bald!
Sundancewoman
Es komt nicht darauf an, den bequemsten Weg zu finden, sondern den Richtigen zu gehen

Antworten

Zurück zu „Bogenreiten Sonstiges“