Khotanbogen bauen

Sättel, Zaumzeug, Reiterbogen, Kompositbogenbau, usw.
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Snake-Jo
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Khotanbogen bauen

Beitrag von Snake-Jo » 05.03.2005, 16:07

Nun wird es mal an der Zeit, dass ich mich an einen authentischen Bogen wage. Es soll der Khotanbogen werden; Taran hat mich darauf gebracht und ich hatte schon in der TBB immer diesen Typus im Auge. 8-)
Der Khotanbogen wurde in der Taklamakan Wüste als Bogenfragment zusammen mit einer Mumie gefunden und von Stephen SELBY bei einem Händler aufgetan. Das Fragment ist als halber Bogen gut erhalten, datiert auf 350 AD.
Inzwischen hat SELBY den Bogen datenmäßig und bildmäßig rekonstruiert und Grozer hat ihn nachgebaut. Der Bogen zeichnet sich durch überbreite Wurfarme mit einer effektiven Biegezone von nur 30 cm und sehr langen (32 cm), schmalen Siyahs aus. Er hat eine Gesamtlänge von 162 cm und ist (natürlich) ein Composit. Sehnenschicht, Wicklungen und Hornbelag sind am Original noch gut erhalten. Der Hornbelag besteht aus 5 neben einander liegenden Stücken.
Der Nachbau hat 50 lbs/28" und soll sich neben einem sehr sanften Auszug und ein Schussverhalten ohne Handschock durch keine irgendwie besonderen Schussleistungen gegenüber anderen Compositbögen auszeichnen. Die Rückspannhöhe ist moderat. Hier nun ein Bild von dem Nachbau von GROZER im ausgezogenen Zustand.

Bild

@Taran: Bevor ich das Teil nachbaue, was muss ich beachten?

Taran
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Beachten

Beitrag von Taran » 06.03.2005, 19:25

Der breite WA-Bereich kann sich beim Sehnenbelegen schüsselartig verformen (die Kanten ziehts nach oben), das wäre sicher schlecht, also so lange die Sehne trocknet, irgendwie stabilisieren, einspannen oder so, damit das nicht passiert.
Kannst du via Scanner noch ein Bilde vom dem hypothetischen Bogen aus der TBB reinstellen?

Ketzerischer Gedanke: Was wäre, wenn man einfach Siyahs baut, einen Griff baut und beide mit breiten Aufnahmen versieht. In diese Aufnahmen kann man dann nebeneinander mehrere GFK-Streifen oder mit Glas laminierte Holzstreifen stecken, 2, 3, 4 oder 5. So könnte man das Zuggewicht regulieren. Mit zweien sähe es aus wie Split-Limb-Design bei compounds, nur mit Siyah statt Rolle am Ende.
Klaro?
Copyright für diese Idee bei mir...:tool
Taran von Caer Dallben

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Beitrag von Papierdrache » 07.03.2005, 12:47

Im Atarnforum wurde die schüsselartige Verformung durch die Verformungskräfte bei der stetigen Verwendung des Bogens erklärt. Beim Bau war der Wurfarm im Querschnitt gerade.

Dortiges Beispiel: Quadratischen Radiergummi nehmen und den Biegen. Bauchseitenmaterial wird gestaucht, Rückseitenmaterial wird gedehnt. Da aber Material in unserem Universum weder einfach so entstehen noch verschwinden kann, muss es irgendwo hin. Die Rückenseite wird daher schmaler, um den Längenzuwachs zu ermöglichen, und bei der Bauchseite wird das Material breitgequetscht. Da die Schichten gut miteinander verleimt sind, muss sich der Querschnitt also krumm biegen.

Dass er sich durch den Sehnenbelag so enorm krummbiegt wäre wohl nur der Fall, wenn die Sehne quer zu den Wurfarmen verlegt worden wäre, oder? :-)

Atarn-Links:
Erste Vorstellung des Bogens
Präsentation des Nachbaus

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Schüssel

Beitrag von Snake-Jo » 07.03.2005, 14:27

@Taran: Es war mir völlig unverständlich, warum es die Seitenkanten nach oben verzieht. Ist mit oben jetzt der Bogenrücken gemeint?

Wenn ich relativ frisches Holz in ein breites Brettchen von 85 mm säge, dann verbiegt sich das Holz entsprechenend dem Jahresringenzug konkav, dies widerum kann man nutzen, indem man das Brettchen entsprechend anders herum in den Bogenarm einbaut. Damit sollt das Problem eigentlich gelöst sein.

@Taran: deinen ketzerischen Gedanken hab ich nicht ganz kapiert, bitte Zeichnung.
Das Bild aus der TBB werde ich einfügen, aber diesen Bogen erstmal nicht bauen, sondern mich an den Original-Khotan halten.
Übrigens braucht man für den Khotan ganz im Gegenteil zu deinen Aussagen doppelt soviel Horn, da ich mit einem Streifen pro Wurfarm mit 85 mm Breite nicht hinkomme, egal, ob er nun 30 oder 50 cm lang ist.

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Korrekturen

Beitrag von Taran » 07.03.2005, 14:30

Ja, mit "nach oben" war der Bogenrücken gemeint. Dank an Papierdrache für die Richtigstellungen.
Zeichnung oder so sobald mein eigener Computer wieder funzt.

Hornbedarf: ja, aber du kannst kürzere Stücke nehmen, leichter zu bekommen!
Taran von Caer Dallben

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Split Limb

Beitrag von Dustybaer » 07.03.2005, 15:27

@ Snake-Jo

Wenn ich Taran richtig verstanden habe, sollen das Griffstueck und die Siyahs mit Aufnahmen versehen werden in die Carbon- oder Laminatstreifen befestigt werden koennen. Stell dir bei diesem Compound das Griffstueck und die Siyahs (anstatt Rollen) vom Khotanbogen vor. Dann koennte man sogar durch austauschen der Streifen das Zuggewicht an unterschiedliche Schuetzen (oder Pfeile, oder Distanzen) anpassen.

Bild

@ Taran

Richtig verstanden?

PS: Krieg ich jetzt Prozente?:)
Bis bald

Marius


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Super interessant!!!:D

Beitrag von nomadic » 07.03.2005, 15:44

Super interessant!!!

Ich war sowieso immer dafür verschiedene historische Bogentypen nachzubauen!
Das ist ja längst nicht alles, was unter der Erde lagert!
Der Grozer ist einer der Wenigen, die sich an soeinen Nachbau ranwagen!

@SnakeJo, ich wünsche Dir gutes gelingen beim Nachbauen! Bin gespannt auf das Ergebnis!

LG nomadic:)
Unsere Feinde um uns herum waren wie eine Schar gew?hnlicher V?gel,
wir waren wie Raubv?gel!
(710-11n.Chr Bain Cokto/Mongolei Tonyukuk Inschrift 8.Zeile S?dseite)

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Beitrag von Snake-Jo » 07.03.2005, 15:44

@Taran: deine Idee braucht kein Copyright, denn sie taugt nichts!:D
Wie Grozer mitteilte in seinem Text zu dem Nachbau hält Glasfaser-Zeugs die enorme Biegung nicht aus! Daher sind auch alle Reiterbögen mit Glasfaser entweder länger als die Composit-Originale oder aber biegen nicht so extrem.
@Dustybaer: danke! Jetzt hab ichs, aber s.o.:o

So, hier nun die Zeichnung aus der TBB No. 3, S. 82: eine Weiterentwicklung des Khotan mit Tipps, die soweit vorgespannt sind, dass sie sich überkreuzen und ein Wurfarmbereich, den es kürzer nicht gibt, auch nicht bei den Fahrrädern, die übrigens ihre Energie aus sehr wenig Krümmung beziehen und bei so einer Konstruktion wahrscheinlich (bitte Spezialisten des Glasfaserbaus korrigiert mich) längst zerbrochen wären.

Bild

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Beitrag von kra » 07.03.2005, 17:33

Hm, evtl könnte gerade der Khotan-Bogen mit Glasfaser eben noch funktionieren, gerade aufgrund des Designs. Es ist ja nicht der Biegeradius selber, der das Problem darstellt (in die Glasfaserbänder kannste problemlos nen knoten machen) sondern die max. Längenausdehnung unter Spannung. Und die wird durch die Dicke des WA maßgeblich beeinflußt.
Je weiter das Glas von der neutralen Faser weg ist, desto höher ist die Elongation beim selben Biegungsradius (und desto höher ist natürlich auch die im WA gespeicherte Energie).

Wenn nun der WA sehr dünn, aber breit ist bekommst du ein arbeitendes Volumen, dessen zug- und druckaufnehmende Fasern jeweils nur eine geringe Elongation aushalten müssen.

Und beim Khotanbogen haben wir ja gerade diesen Fall: ein sehr breiter, aber dünner Wurfarm.

Ein mögliches Problem sehe ich im Epoxy, der sowohl die Fasern stützen muß (beim Biegen tritt eine tendenz auzf, dem Zug zu entgehen und zur Mitte zu wandern!) akls auch selber die Biegung und den Zug/Druck aushalten zu müssen.

Beim "echten" Khotanbogen liegt es anders, da hier Sehne eine hohe Bruchdehnung und Horn eine hohe Kompressions"verkürzung" (kennt jemand einen besseren Ausdruck ;-)? ) aufweisen, die zudem noch betragsmäßig sehr ähnlich liegen. Also kann hier der WA sogar etwas dicker bleiben, was beim "normalen" Reiterbogendesign zu dem ungeheuer weiten und weichen Auszug, der jenseits dessen ist was mit einem Glasbelegten erreichbar ist, führt.

Daten hierzu unter "Luftpiraten"
runterscrollen bis "Faserverbungstoffe" . Für Sehne habe ich keine Werte gefunden, aber so etwas im Bereich von 7% in Erinnerung.
“Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.”
– George Bernard Shaw

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Beitrag von Ravenheart » 07.03.2005, 22:05

...gut erklärt, Kra, hab sogar ich kapiert!

Aber dann: Wie wäre es dann mit dünnem Federstahl als Material für den arbeitenden Teil??

Bei der geringen Länge, kann er rel. dünn sein; Da er aber weit unten im WA liegt, kommt der sonst immanente Nachteil von Stahl als WA NICHT so sehr zum Tragen, sein hohes Gewicht!

Na? :D :D :D

Rabe

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Beitrag von Frank » 07.03.2005, 23:16

Ja, die richtige Federstahlsorte währe da passend. Allerdings neigt Stahl stark zum nachschwingen; zu stehenden Wellen.
Da das Stück Stahl sehr kurz währe (das biegende), währe auch die Frequenz sehr hoch. Durch die langen Hebel an der Schwingungsquelle gibts das sicher eine üble unangenehme Übertragung auf den Bogen, auch wenn die Schwingungsenergie nicht hoch währe.
Schätze ich jedenfalls erstmal so ein :D.

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stimmt, aber....

Beitrag von Ravenheart » 07.03.2005, 23:44

... das akustische Erlebnis dürfte einzigartig sein!!

Der singende Bogen! In h-moll *rofl*

:) :) :)

Rabe

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Nachschwingen

Beitrag von Taran » 08.03.2005, 08:37

Weiter geketzert:
Bauen wir halt Stoßdämpfer ein... Ne, ein Sims Limbsaver würde schon reichen.
Es gab doch in Indien Stahlbögen. Wie haben die wohl geklungen?
Nicht FITA, sondern SITAR!
Taran von Caer Dallben

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Beitrag von Snake-Jo » 08.03.2005, 14:34

Federstahl läßt sich sicher gut verwenden, Siyahs einfach aufschrauben.:D
Ich bin ja mehr Pragmatiker und Praktiker, also wer baut jetzt den Khotan-Stahlbogen? Ach ja, ich glaube, Rabe hatte die Idee.....:D

@Kra: Keine Einwände! Du siehst, der Khotan ist garnicht so extrem, wenn man mal von den grundsätzlichen Schwierigkeiten absieht. Also was ist? Bau einen! Und da wären noch:
Little Mongol
Papierdrache
Frank
Rabe (Khotan mit Stahl)
Kra (mit Bambus)
Longbow-Alex (macht es)
Taran
dschin (im Frühjahr)
Trebron (mit Manau)
Wer noch?
(Liste wird ergänzt)

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Herausforderung

Beitrag von Trebron » 08.03.2005, 15:09

angenommen:D :D :D

Grundkörper ( Rahmen ) Rattan, Rest : noch Geheimsache;-)

Trebron
Wer nur zur?ck schaut, sieht nicht, was auf ihn zukommt

angeblich ungarisches Sprichwort

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