Gebiss und Zügel

Alles zum Thema Pferde, Pferdeausbildung, etc.
Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 20.01.2006, 09:30

Ich hab' nun grade eine Pferd, was sehr lauffreudig ist und die Unterstützung vom Zügel auch öfters braucht.


Diesen Satz von Telly finde ich sehr interessant, denn er zeigt, dass jeder von uns aus seinen Erfahrungen schreibt, die wenn veröffentlicht dann manchmal den Anspruch von Allgemeingültigkeit erheben. Ich will garnicht darauf eingehen, ob ein Pferd die Unterstützung der Zügel(Gebiss) braucht, um seine Lauffreudigkeit zu lenken, bzw. ihm Signale zu setzen, damit es auf den Reiter hört.

Neben dem Erlernen von Respekt und der daraus folgenden feinen Kommunikation, die mit jeder Hilfe, also auch Zügel(Gebiss) nach viel Übung enstehen kann, benötigt der Reiter ein Mittel sein Pferd in Stellung und Biegung zu erhalten. Heute sind viele Reiterbogner noch der Ansicht es ginge gänzlich ohne Zügel(Gebiss) und solange wir in unseren Wettkämpfen nur geradeaus galoppieren, besteht auch keine Veranlassung diese Haltung zu überdenken. Wenn wir aber je daran denken Figuren zu reiten und dabei gleichzeitig Bogen zu schiessen, müssen wir den vermeindlichen Umweg über Zügel und Gebiss machen.

Niels

Beitrag von Niels » 20.01.2006, 10:34

Man muss natürlich bei all dem auch berücksichtigen, was man von Pferd und/oder Reiter nach dem Stand der Entwicklung schon erwarten kann.

Ich stelle mir da grob skizziert in etwa folgende Reihenfolge vor

Sitzenlernen/Pferd nicht stören/erste Kommunikation aufbauen

dann das ganze auf der geraden Bahn (erst mit dann ohne Zügel) - sicher werden / Pferd nicht stören / Heißlaufen erkennen und gegensteuern

zügellose Kommunikation auf der geraden Bahn (kleine Kurskorrekturen mit Gewicht und Schenkel, richtige Galoppstellung, weich stoppen, evtl. schon Speed-Kontrolle etc.) - dann das Bogenschießen dazu

das richtig festigen und parallel am Reiten mit Zügel (Kommunikation, Balance, Takt, Schwung, Versammlung) arbeiten, dabei Kommunikation so weit verfeinern und körperliches Training des Pferdes so weit verbessern, dass man den Zügel zunehmend weglassen kann - dann kann man auch außerhalb der geraden Bahn mal den Bogen in die Hände nehmen

Wie man sieht, kommt das, was wir hier diskutieren, in meiner sehr grob skizzierten Reihenfolge nicht gerade am Anfang vor. Nur damit die Einsteiger nicht zu dem Trugschluss verleitet werden, sie müssten erst im Cadre noir oder der Wiener Hofreitschule mitgeritten sein, um berittendes Bogenschießen praktizieren zu dürfen und zu können. ;-) :D

Was aber nicht heißen soll, dass man sich nicht auch hohe und im Ergebnis den Pferden sehr zugute kommende Ziele stecken darf (und eigentlich sogar muss) ... ;-) :D

Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 20.01.2006, 16:50

Cadre Noir oder Wiener Hofreitschule? Hey Niels jetzt übertreibst du aber maßlos... ;-)

Du hast vollkommen recht, um auf der geraden Bahn Treffer zu landen, genügt es vollkommen vom Pferd nicht runterzufallen.

Die Schwierigkeit besteht beim "freihändigen" Figuren Reiten aber darin, dass dein Pferd nicht auseinanderfällt. Man kommt zwar auch dann immnoch irgendwie um die Kurve, aber eben nicht wirklich gut und im Rhythmus, und damit landet man dann keine sicheren Treffer mehr. Die Kunst besteht darin, dem Pferd beizubringen die Stellung auch noch zu halten, obwohl keine Anlehnung mehr vorhanden ist. Damit das gelingt muß das Pferd aber erst einmal verstanden haben, was es heißt ordentlich gebogen um die Kurve zu reiten.

Die Pferde, die ich kenne tun das unter dem Reiter nicht freiwillig oder weil es ihnen angeboren ist, sondern weil wir es von ihnen verlangen. Und es ist für sie zusätzliche Arbeit, der sie sich gerne auf allerlei Wegen entziehen. Wenn ich sie aber nicht begrenze, weshalb sollten sie sich die Mühe machen? Pferdes sind doch mindestens genauso faul wie wir.

Conny K
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Cadre Noir/Hofreitschule

Beitrag von Conny K » 22.01.2006, 11:04

in der Ausbildung bei Cadre Noir/Hofreitschule sind doch die ziele ganz anders gesteckt.
ich denke, uns ins es wichtig, einfach gut mit unseren Pferden auszukommen, daß wir uns aufeinander verlassen können, sprich das Vertrauen untereinander.
Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn man wenig mit Zügeln machen muß und man Wege ausprobiert, die dorthin führen. natürlich wird nicht bei jedem pferd nur eine Methode funktionieren. Die Pferde haben, Gott sei dank,
eine Persönlichkeit
die Dinge sind nie, wie sie sind, es ist immer das, was man aus ihnen macht

dschin
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Beitrag von dschin » 22.01.2006, 11:11

telly:
das ziel in der cadre noir und in der spanischen in wien ist ein rittiges, durchgymnastiziertes pferd, das in der lage ist sich und den draufsitzenden menschen gesund durchs leben zu tragen. dass es dann in der hohen schule in shows vorgestellt wird ist ein anderes thema.
nicht alle pferde, die dort ausgebildet werden sind in der lage geld für sich und andere pferde zu verdienen (das ist doch der hintergrund der show)

benz

Beitrag von benz » 22.01.2006, 14:59

@dschin

ich weiß schon was Du sagen willst, aber es gibt mir doch zu denken, daß sich 100000ende von Reitern auf der ganzen Welt, sei es in der Mongolei oder in den USA, um diese Art der Gymnastizierung als Vorrausetzung für ein gesundes Pferd keine Gedanken machen.

Damit will ich meine Unfähigkeit nicht rechtfertigen...... obwohl vielleicht schon :D

liebe Grüße benzi

dschin
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@benz

Beitrag von dschin » 22.01.2006, 16:36

ich sehs so:
dort sind die pferde gebrauchsgegenstand. und sie müssen zut verfügung stehen.
pferde werden nur gut ausgebildet, wenn sie lange zur verfügung stehen sollen.

so wie für mich das auto ein gebrauchsgegenstand ist. motor, antrieb, bremsen, fahrgestell müssen funktionieren.

ok bei dem film hast ein herumgezerre an den zügeln gesehen, dafür was der sitz geschmeidig und pferdeschonend. das ist doch scin viel wert - oder?

Horsewoman

Mentales Reiten

Beitrag von Horsewoman » 23.02.2006, 14:23

Mentales Reiten :

In den meisten hier gelaufenen Beiträgen wird immer nur über Reittechniken geschrieben.
Eine gewisse Reittechnik .. mit oder ohne Zügelanlehnung, Western oder Klassisch, Tickreiterei usw. ist schön nötig und immer auf den „Verwendungszweck“ abgestimmt.
Normalerweise sollte es auch eine Reittechnik für die Bogenreiterei geben!

Nur ist das eben nur die halbe bzw. vielleicht sogar nur ein Viertel der „Miete“!

Als viel wichtiger finde ich das der Mensch (Reiter) lernt mit den Pferd zu kommunizieren und somit durch seine Persönlichkeit ein Pferd „führen“ kann. Denn genau das ist es .. -> hier sind Führungsqualitäten gefragt! Das von Natur aus scheue und ängstliche Wesen Pferd muss an die Hand genommen werden. Je besser das gelingt um so mehr Anlehnung hat du!

Zweites sollte man versuchen seine reiterliches Können soweit wie möglich zu entwickeln, um die negativen Einflüsse bei Reiten zu minimieren. Das betrifft z.B. die natürliche Versammlung ... wenn ich dem Pferd mit meinem Gewicht in den Rücken falle, wird es den Rücken nicht mehr aufwölben, sondern wegdrücken. Dann versuchen die meisten Reiter es wieder über die Zügeleinwirkung „rund zu reiten“. Das ist immer ein hin und her. Die meisten merken gar nicht, dass die Ursache von „Kopf hoch und Rücken weg“ bei ihnen selber liegt.

In meiner Ausbildung arbeite ich natürlich auch mit dem Zügel etc. ... wie sollte man sonst einem Pferde bestimmte Abläufe beibringen?

Interessant wird es dann, wenn diese auch ohne Zügel funktioniert. Ich teste so immer wie gut ich mit dem Pferd klar komme, wie es mich akzeptiert und wie es auf meine Gewichts- und Stimmkommandos reagiert. Erst wenn man nicht mehr in die Zügel greifen kann und will merkt man die wirkliche mentale Anlehnung des Pferdes an den Reiter. Das Pferd läuft einfache durch leichte Gewichtsverlagerung nach links, rechts oder stoppt und geht rückwärts. Und das macht es nicht weil es einem Schmerzimpuls nachgibt, sondern weil es dem Führungsstil des Reiters, sagen wir mal, „blind vertraut“ bzw. anerkennt.

Es ist doch so? Ein Gebiss, egal ob scharf oder stumpf verursacht immer einen gewissen Schmerz. Das Pferd reagiert nur, wenn ein gewisser Schmerzimpuls im Maul ausgelöst wird. Das ist aber kein mentales Reiten.

Viel wollen immer nur eine Art „Kochrezept“ für den Umgang mit dem Pferd. Geschäftsleute sind diesem “Kundenbedürfnis“ auch sehr schnell nachgekommen und haben „Ausbildungstechniken zum nachahmen“ entwickelt. Na ja, dass wäre ja alles auch sehr schön .. wenn die entsprechenden Anbieter in der scene auch eine Mentalpille mit anbieten würden, die die Persönlichkeit der Anwender auf ihr bzw. das notwendige Niveau anhebt!
Denn wie oben schon gesagt, ist die Technik nur ein kleinere Teil um Erfolg zu haben.

Mein Vorschlag .. versucht doch einfach vom Boden aus mit den Pferd zu „spielen“ . Probiert doch mal, ob das Pferd euch frei hinterher läuft, egal was passiert. Oder ob es auf ein Zeichen (bitte kein Schwingen mit einem Seilende o.Ä. !) rückwärts oder seitwärts geht.
Wichtig ist immer dabei, so wenig wie möglich Hilfsmittel benutzen .. die Stimmlage bzw. der Körper- bzw. Gesichtsausdruck muss reichen!! Vom Sattel aus habt ihr auch kein Seilende zum herum wirbeln!!

So fängt alles an ... später kann man dann auch das Pferd problemlos ohne Zaum und Zügel reiten und prüfen in wie weit das Pferd einen wirklich akzeptiert.

Finduilas Falassion
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Beitrag von Finduilas Falassion » 23.02.2006, 15:17

bravo, dem kann ich nur zustimmen.

Bei der Gelegenheit möchte ich allen Pferdebesitzern nochmal den Begriff "Horsemanship" sorry, auch "Horsewomanship", egal wie es vorneweg heißt, ans Herz legen.

Es ist wirklich kein Reitweise oder Technik - es ist eine Lebenseinstellung!

Niels

Mentales Reiten

Beitrag von Niels » 23.02.2006, 15:55

Horsewoman, Deine Ratschläge gefallen mir gut.

Wem ist es nicht schon so gegangen, wenn er mal einem wirklich erfahrenen Pferdemenschen zugeschaut hat. Da drängt sich dann häufig die Frage auf: Warum klappt bei der/dem irgendwie nahezu alles? Der macht äußerlich betrachtet doch auch nicht anderes.

Man kommt dann zwangsläufig zu dem Schluss, dass Reiten im Idealfall wesentlich mehr ist als ein rein technischer Vorgang. Es wird gerade in der Sportreiterei aber leider fast ausschließlich über Körperhaltungen und Bewegungsabläufe bei Pferd und Reiter nachgegrübelt. So als ginge es um das Fahren eines begrenzt lernfähigen Motorrads.

Die bei der Ausführung natürlich nicht mehr direkt sichtbare Grundlagenarbeit in Sachen Kommunikation erfordertert einen ganz erheblichen Zeiteinsatz neben dem Erlernen der technischen Fähigkeiten. Das dürfte der Hauptgrund dafür sein, dass die Schwerpunkte gern und häufig auf die richtige Körperhaltung gelegt wird.

Natürlich drückt sich das Pferd quasi über diese Körperhaltung aus. Deshalb aber eine bestimmte, bei allen Pferden in nahezu identischer Weise gewünschte Körperhaltung auf Biegen und Brechen zu erzwingen ist einfach Schummelei. Das ist, als würde man einem verunsicherten Menschen lediglich eine forschen Gesichtsaudruck beibringen, um so die Unsicherheit zu überwinden.

Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 23.02.2006, 17:13

Ach Leute! Kommt wieder auf den Boden, Horsewoman schrieb klar und deutlich:

In meiner Ausbildung arbeite ich natürlich auch mit dem Zügel etc. ... wie sollte man sonst einem Pferde bestimmte Abläufe beibringen?


Arbeit ist angesagt, nicht nur mit dem Pferd auch anssich selbst, doch das muß doch nicht ständig gebetsmühlenhaft wiederholt werden.

Mirja
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Beitrag von Mirja » 23.02.2006, 17:49

Na ja, dass wäre ja alles auch sehr schön .. wenn die entsprechenden Anbieter in der scene auch eine Mentalpille mit anbieten würden, die die Persönlichkeit der Anwender auf ihr bzw. das notwendige Niveau anhebt!


Doch, gibt es: mal Kurse bei Heinz Welz mitmachen. Gibt auch einen Pferdekurs ohne Pferdetechniken: das Psycho-Seminar "Pferd & Lebensfreude"

benz

Beitrag von benz » 23.02.2006, 18:36

Hallo zusammen,

ich arbeite dran mit MEINEM Pferd so eine Komunkation aufzubaun, aber das ist doch ein Prozess, sowohl an mit selber, als auch zwischen dem Pferd und mir.

Was mir nun überhaupt nicht klar ist, und warum ich bisher nicht auf einem fremden Pferd an einem Turnier teilgenommen hab, ist, wie soll diese Art der Komunikation innerhalb weniger MINUTEN zustande kommen?

Das klappt doch offenbar bei erfahrenen Pferdeleuten, oder nicht?

liebe Grüße benzi

Mirja
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an Benzi

Beitrag von Mirja » 23.02.2006, 21:54

Hey Benzi,

warum machst Du das nicht so, wie Du Dich auf neue Menschen einfühlst? Da halte ich Dich nämlich für extrem talentiert! Du gehörst zu der angenehmen Spezies derer, die gerne zuhören, aber nicht schweigen, sondern passende Antworten geben.
Was hindert Dich daran, das mit Pferden ebenso zu handhaben?
Die Frage meine ich ernst. Wenn Du sie Dir selber ehrlich beantworten kannst, hast Du einen Schlüssel in der Hand. Die Antwort "weiß ich nicht" gilt nicht. Denn dann würde die nächste Frage lauten: Stell Dir vor, Du wüßtest es - wie lautet dann die Antwort?

Mußt nix dazu schreiben - soll nur eine Anregung sein.

Lieben Gruß,

Mirja

dschin
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schneller kommunikationsaufbau >> benzi

Beitrag von dschin » 24.02.2006, 06:46

wie weit bist du schon mit killingworth bzw blake?

es gibt beim pferdchen bestimmte kontaktpunkte und lieblingspunkte. die musst so schnell wir möglich herausfinden. ferner ist es sehr wichtig in welcher tonlage du das pferd ansprichst. manche reagieren panisch wenn du sie in einem tiefen tonfall beplauderst.
am besten baust du die kommunikation dort auf, wo das pferd von dir wegkann. also nicht angebunden. wenn es weg will dann lass es - vielleicht hat es mitbekommen, dass DU heute net gut drauf bist-warum soll es dich dann ertragen?
wenn es auf der weide ist (hoffentlich ohne halfter) dann leg eine strick um den hals und nimm es so mit. fummel net mit dem halfter um den extrem sensiblen kopf herum.
lass deinen handrücken vom pferd geschnuppern.
das ist kommunikationsaufbau vom boden aus.

dann ist der rest im sattel relativ einfach.
wenn es ein aufgabe gut gelöst hat belohne es indem du absteigst und mit ihm an der hand eine entspannungsrunde gehst. wie oft du das innerhalb einer reiteinheit machen kannst bekommst relativ rasch mit. lass es nach dem absatteln sofort zu seine kumpels raus auf die weide. wenn es bei dir am zahn stehen bleibt und net sofort losdüst: herzliche gratulation - dann existiert da was zwischen euch, das unbezahlbar ist.

ich liebe wanderungen mit dem pferd (so um die 6-7 tage) um die beziehung aufzubauen bzw zu kräftigen. die erste wanderung kannst etwa 1 jahr nach beginn der ausbildung machen, dann wann das pferdchen die basissachen wie zügel,schenkel,gewichtshilfen, direkte und indirekte biegung kennt.

ach ja mit fremden pferden auf einem turnier teilzunehmen: ist sehr schwierig wenns spass machen soll. ein sehr gut ausgebildetes pferd zeigt dir, dass du keine ahnung hast. ein schlecht ausgebildetes macht keinen spass, weil es nicht auf dich reagiert. ich betrachte es dann eher unter dem gesichtspunkt herumtragen lassen

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