10cm Eichenbalken

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
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robbi rob
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10cm Eichenbalken

Beitrag von robbi rob » 09.03.2004, 13:02

Habe gelesen das ein Mittelalterlicher Langbogen vor 10cm Eichenbohlen keinen Respeckt haben soll(meine natürlich den damit geschossenen Pfeil)ist das so?
oder nur Legende

mfg:robbi
flitzebogen satt!!!!!

Juergen Becht
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Guckst du ...

Beitrag von Juergen Becht » 09.03.2004, 13:30


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Ravenheart
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@ robbi: ja, ja...

Beitrag von Ravenheart » 09.03.2004, 13:35

...je öfter man die Story hört, deto dicker wird das Brett, lach....

Scheint mir doch eher überzogen, aber wer kann das schon testen? Ich kenne niemanden (pers.), der einen 180#-Bogen schießen kann....

5 cm Eiche sind m.W. historisch belegt, zumindest habe ich mal einen derartigen Bericht gelesen.

Letztlich ist die Frage aber unerheblich. Für die Ziele, die mit den mittelalterl. Kriegsbogen beschossen wurden, hat die Durchschlagskraft sicher gereicht...

Für die Ziele, auf die wir heute schießen, reichen auch 35#, schließlich wollen wir niemanden verletzen... Und für 10 cm Eiche nehm ich dann die Bohrmaschine :)

Rabe

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doralf.vom.wald
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RE: @ robbi: ja, ja...

Beitrag von doralf.vom.wald » 09.03.2004, 15:52

Original geschrieben von ravenheart

Für die Ziele, auf die wir heute schießen, reichen auch 35#, schließlich wollen wir niemanden verletzen... Und für 10 cm Eiche nehm ich dann die Bohrmaschine :)

Rabe


Die Frage ist nur, wie kriege ich die Bohrmaschine aufgenockt und dann nach 20 m auf das Holz?:)
Womit wir beim Thema wären. Kriegsführung mit starken Kriegslangbogen wurde in einer Entfernung von bis zu 200 m und mehr ausgetragen. Die schweren Pfeile wurden in hohem Bogen geschossen und hatten dann beim Auftreffen mehr Schlagenergie als beim Abschuß. Das hat auf alle Fälle für Rüstungen und bis 5 cm Holz (mit entsprechender Spitze) allemal gereicht. Richtig ist, daß Knochenfunde mit erheblichen Deformierungen Rückschlüsse auf die extremen Belastungen der Bogenschützen mit Bögen bis 180 lbs erlauben. Fundrekonstruktionen deuten darauf hin, daß der "normale" Bogenschütze mit Bögen bis 120 lbs ausgerüstet war. Aber das reicht auch für einen bleibenden Muskel- und Knochenschaden.

Aufgrund der Datenlage von Feldversuchen mit Nachbauten kann man sagen, daß die Auftreffenergie eines mittelalterlichen Kriegspfeiles enorm ist und böse Verletzungen verursachen kann. Die Aussage: 10 cm Eichenbohle ist aber so nicht haltbar. Die Eichentüre, von der dieser Bericht stammt (hier in FC gelesen) war möglicherweise zum Zeitpunkt des Beschusses auch schon ein paar Jährchen alt (morsch)...wer weiß, und spekulieren wollen wir nicht weiter.

Fazit: unwahrscheinlich...Larp-Fantasy...

Grüßle

Doralf
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RE: RE: @ robbi: ja, ja...

Beitrag von Longbow Alex » 09.03.2004, 16:50

Die Frage ist nur, wie kriege ich die Bohrmaschine aufgenockt und dann nach 20 m auf das Holz?:)


Akkubohrer :D


Die schweren Pfeile wurden in hohem Bogen geschossen und hatten dann beim Auftreffen mehr Schlagenergie als beim Abschuß.



Wie geht denn das? Der Pfeil bekommt ein gewisses Energiequantum aus der Entspannung des Bogens übertragen. Diese wird in kinetische (Pfeil wird schneller), Verformungsenergie(Pfeil windet sich um den Bogen und wird wärmer) und potentielle Energie (Pfeil geht nach oben) umgewandelt. Durch die steigende potentielle Energie sinkt die kinetische Energie zusätzlich zu dem durch Luftwiderstand verlorenen Anteil. Der Pfeil wird also langsamer. Die Gesamtenergie nimmt ab (bzw. bleibt im Modell ohne Luftwiderstand gleich). Hat der Pfeil jetzt seinen Scheitelpunkt der Flugkurve erreicht, also das Maximum der potentiellen Energie ist er gleichzeitig am langsamsten. Jetzt fällt er wieder runter und die vorher aufgebrachte Energie um ihn auf diese Höhe zu bringen wird wieder in kinetische Energie umgewandelt. Pfeil wird wieder schneller. Einzig die vertikale Komponente des Geschwindigkeitsvektors ist jetzt größer als vorher, denn der Pfeil fällt steiler runter als er hoch flog (Luftwiderstand). Die Gesamtenergie die beim Auftreffen freigesetzt wird im Ideal der Energie entsprechen, die durch den Bogen reingesteckt wurde, praktisch ist sie aber durch Verformungskräft und Reibungsverluste geringer.
Wenn die Energie nachher mehr wäre als vorher würde dies die Energieerhaltungssätze verletzen.

Im Zweifel sollten mal die Ingenieure mal was dazu sagen.


Gruß,

Alexander

ozelott
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Beitrag von ozelott » 09.03.2004, 18:11

huhu,

@ Longbow Alex, deine erklärung ist 1000% ig richtig, ansonsten könnten wir den gesamten
weltenergiebedarf durch bogenschützen decken:)

ciao,
lars

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Man sollte eben

Beitrag von doralf.vom.wald » 09.03.2004, 19:23

nicht jeden Mist den man gelesen hat unreflektiert wiederkauen.

LongbowAlex hat natürlich recht, daß der Energieerhaltungssatz auch beim Bogenschiessen gilt. Vielmehr muß die obige Aussage korrigiert werden, so daß es eher heißt: Beim Bogenschuß ist die Auftreffgeschwindigkeit höher als beim Abschuß auf ebener Flugbahn auf die gleiche Distanz. Durch die Luftreibung verliert der Pfeil an Geschwindigkeit und durch die Erdanziehung auf ebenem Schuß auch an Höhe. Beim Bogenschuß verliert der Pfeil am Anfang durch die Erdanziehung, gewinnt aber beim Fallen den gleichen Betrag wieder hinzu. Sofern der Luftwiderstand die Bilanz nicht negativ beeinflußt ist der Pfeil am Ende schneller (höhere Aufschlagswucht).

Jetzt brauchen wir aber dringend einen Physiker, der klar stellt, ob die eingangs gestellte Frage mit den 10 cm Eichenbohlen möglich sein könnte.

Wir mit unserem gefährlichen Halbwissen kriegen nach unbedarften Aussagen, zack! gleich wieder eins übergebraten.:)

Also, wo sind die Fachleute?:o
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PeLu
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Beitrag von PeLu » 09.03.2004, 19:26

Danke Alex, besser (d.h. für physikalisch herausgeforderte unverständlicher .-) hätt' ich es auch ned ausdrücken können.
Und bevor die Idipflreiter einwerfen: Auch wenn man steil bergabschießt ist eine Energiezunahme unwahrscheinlich.
Das ist eben nur eines dieser Märchen die immer und immer wieder wiederholt werden (das mit der Energiezunahme).
Davon abgesehn: Hat schon einmal wer eine morsche Eichentüre gesehn?
Und doppelte Energie ist nicht unbedingt doppelte Durchschlagskraft.

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