Leitfeder immer Aussen?

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
Anasazi
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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von Anasazi » 04.11.2016, 09:29

Prinzipiell ist es wohl egal, wo die Leitfeder hinzeigt.
Wie ein Holzschaft am Bogen liegt, dagegen nicht (Flammen nach oben) - es sei denn man nimmt Bambus oder Schößlinge.

Es gibt einige Tests (unter anderem in der Traditionell Bogenschießen), da geht es dann um "Federn streifen am Bogen" und auch Abnutzung - das ganze passt überwiegend aber nur bei Bögen mit Schußfenster und Shelf, wo der Pfeil sich kaum "um den Bogen" biegen muss (auf solchen Bögen, werden ja auch in der Regel viel steifere Schäfte geschossen).

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shokunin
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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von shokunin » 04.11.2016, 11:07

Naja, die Theorie war ja, dass sich der Standard mit horizontal montierter Leitfeder aus der Problematik mit den Flammen/auslaufenden Jahrringen entwickelt hat...

Das Problem mit dem Verlauf von Jahrringen im (bzw aus dem) Schaft ist aber selbst eben eher erst ein neuzeitliches Problem, denke ich.

Historisch wurden erst wohl primär Schösslinge, Schilf oder Bambus als Schaft verbaut, die halt schon in der entsprechenden Form gewachsen waren. Da existiert das Flammen-Problem nicht. Spine/Gewicht ist aber doch immer ein Thema...

Später, als man grössere Mengen starker homogener Schäfte brauchte, ging man dazu über, Eschen, Fichten usw zu spalten und aus den Spaltlingen Schäfte zu machen. Spalten geht nicht nur schneller und ist wirtschaftlicher, es ergibt auch bessere Schäfte und war ja bis zur Industrialisierung eigentlich auch die Norm für solche Arbeiten. Sägen war viel Aufwändiger und die Säge teuerer als das Spaltmesser. Solche Arbeiten haben ja nicht Tischler gemacht, sondern Landarbeiter...
Wenn man also dünne runde Stäbe brauchte, dann hat man die sicher gespalten und mit Messer und Hobel rund gemacht.
Und da ist das Problem mit den Flammen eben auch noch nicht wirklich gravierend ...Spinwert/Gewicht kann aber dennoch stark variieren.

Erst in der Neuzeit/Industrialisierung begann man dann Schäfte aus gesägten Latten zu bauen.
Und da entsteht das Problem mit ungünstiger Maserung im Schaft erst wirklich, denke ich. Man war zwar in der Lage sehr sehr viele Schäfte schnell und günstig her zu stellen, konnte aber den Faserverlauf nur noch bedingt berücksichtigen und produzierte so Ausschuss in rauen Mengen, den man nicht immer (bzw evtl immer weniger...?) sorgfältig genug aussortierte.

Da sind wir aber eben auch schon in einer Zeit als Pfeil und Bogen nur noch Sport sind.
Zu Zeiten, als man damit noch zur Jagd ging, oder in den Krieg zog, hätte man Schäfte mit grob auslaufenden Flammen gar nicht erst befiedert weil man die Schäfte anders hergestellt hätte.

So denke ich eben nicht, dass die Positionierung der Leitfeder mit den Jahrringen zu tun hat...
...es sei denn es ist eine moderne Erfindung. Dann kann sie auf die Flammen-Problematik zurückgehen - sonst eigentlich nicht, denke ich.

Gruss,
Mark
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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von Neumi » 04.11.2016, 15:21

Tag, die Leitfeder ist sicher keine moderne Erfindung - hier auf die Husche 1 Abbildung, bzw. der Link dazu:

https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Bastard_von_Burgund

Grüsse - Neumi
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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von shokunin » 04.11.2016, 17:07

Danke für das Link :)

Ich dachte auch nicht, dass es eine neuzeitliche Erfindung ist.
Vielmehr denke ich eben, dass historisch das Zusammenspiel von Spinewert, Spitzengewicht, Auszug usw nicht in vollem Umfang bekannt und berechenbar war - bzw man eben Schäfte gar nicht 10000-Stück-weise gefertigt hat, wie man das heute tut, und dann sortiert...

Wie gesagt, ich denke Pfeile waren historisch bei Weitem nicht so homogen und ausgeklügelt wie heute, und Leitfeder nach aussen hat sich einfach im Gebrauch als haltbarste Variante herausgestellt und eingebürgert.

Gruss,
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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von Neumi » 04.11.2016, 22:11

Übrigens wird die cockfeather schon im toxophilus erwähnt und zwar "to nock right" und "witch standeth above in right nocking"
Grüsse - Neumi
Aber Mark: ich denke, dass die Pfeile sehr gut an die Bogen angepasst waren - es war schliesslich extrem wichtig bestmöglich zu treffen, egal ob im Krieg oder bei der Jagd - ich hab den tox noch bei weitem nicht ganz gelesen, da es sehr schwierig ist das Alt-Englisch zu verstehen, aber da werden doch etliche Fragen beantwortet.
Und hier zum lesen: https://books.google.de/books?id=vWJ8CgAAQBAJ&pg=PT60&lpg=PT60&dq=toxophilus+cockfeather&source=bl&ots=Lvs8AjdLQX&sig=elLH9_QJdt4SltKbkHFsq-9RoLo&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi1r-OBgZDQAhUF3iwKHZv7D4wQ6AEIHjAA#v=onepage&q=toxophilus%20cockfeather&f=false
Er iss nämlich der Meinung, dass der Pfeil mies fliegt, wenn die Federn den Bogen berühren
Und er sagt, dass die cock-feather, wenn sie am Bogen entlang schrappt, schneller als die beiden anderen abgenutzt wird und dann ein Ungleichgewicht erziehlt. Und der Satz sagt mir, dass er von Pfeilen redet, die nicht nur einmal, sondern oft benutzt werden ;)
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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von shokunin » 05.11.2016, 06:42

Ja, man hat Pfeile sicher sorgfältiger gefertigt als heute und die Pfeile waren in sich evtl schon einigermassen homogen. Die Pfeile waren ganz sicher nicht schlecht.
Ich hab' den Toxophilus auch gelesen und er spricht vieles an - Maserung, Form, Gewicht, Hölzer,... es wird aber, glaube ich, nicht erwähnt, wie man Pfeile auf den Bogen abstimmt, im Sinne von Spine..

Er schreibt schon, dass für verschiedene Zwecke oder, interessanter Weise, auch Schiess-Stile eben, getaperte oder gebarrelte Schäfte besser seien, und dass der Schaft eben stark genug sein muss dem Bogen zu widerstehen - er gibt aber kein Maß wie steif der Schaft für den oder den Bogen oder die Spitze, Auszugslänge usw...
Er schreibt nur: tendenziell eher leichter als zu schwer, eher dünner als zu dick, eher kürzer als zu lang usw.
Und er beschreibt, dass Fehler im Holz zu vermeiden seien und je homogener der Schaft desto besser.
Gewicht, Durchmesser, Form, Länge und besonders die Struktur des Schaftes waren als kritische Faktoren verstanden und wurden sicher berücksichtigt.
Und man hat eben nur Schäfte mit fehlerfreien, durchlaufenden Jahrringen überhaupt zu Pfeilen verarbeitet...

Zur Leitfeder sagt er eben, die solle nach aussen zeigen weil sie sonst den Schuss stört. Man hatte wohl schon beobachtet, dass sie sonst am Bogen schleift...

Ich bin sicher, ein Schütze zu Asham's Zeiten hätte fast alle unserer heutigen Hobby-Schäfte direkt geknickt und neben den Herd zum Anschüren gestellt. Die hätten so etwas gar nicht erst verbaut und einen Bruch riskiert. Pfeile waren damals sicher sorgfältiger verarbeitet und in sich als Satz schon auch homogen - was ja für das Treffen zunächst einmal kritischer ist als der wissenschaftlich genaue Spinewert.

Spine, so wie wir ihn heute austüfteln, war aber wohl nicht verstanden. Somit war die Tendenz immer da, dass Pfeile anschlagen oder schleifen. Und damit der Verschleiß durch Schleifen am Bogen minimiert wird hat man zwei Federn entlang des Bogens und die Leitfeder senkrecht.

"...The cock-feather is called that which standeth above in right nocking; which if you do not observe, the other feathers must needs run on the bow, and so marr your shot. ..."

Gruss,
Mark
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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von Rowan-bows » 05.11.2016, 19:06

fatz hat geschrieben:Schoen, also die auslaufenden Flammen nach vorn oben. Das war durchaus nicht unbekannt, aber ob die Leitfeder nun zum Bogen oder von ihm weg musst erklaert das auch nicht.


Lieber fatz. wenn die menschen damals die leitfeder nach aussen machten weil sie dachten sie würde am bogen schleifen, dann frag ich mich wie sie das problem mit der unteren feder lösen wollten, die würde ja dann trotzdem am handrücken schleifen.
Ich sehe an deinem bild, dass du warbow schiesst. dann kennst du ja auch die dicken getapperten escheschäfte. den leuten im mittelalter war also schon bewusst, dass der pfeil sich biegt und man einen dicken schaft für nen starken bogen braucht. man wusste also etwas über den heute so genannten spine.
Aber ich gebe dir recht, dass man nicht sehen konnte ob die feder schleift. wohl eher hat man zu steife pfeile genommen und hatte das problem erst recht.
deine frage wie rum man nun die feder setzt erklärt sich von selbst. man befiedert seine pfeile so, dass die flammen immer unten zu dir zeigen und dann nimmt man die leitfeder nach aussen, auch wenn es für den flug egal ist.
Zuletzt geändert von Rowan-bows am 05.11.2016, 19:44, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von Rowan-bows » 05.11.2016, 19:39

ja man hat die schäfte durch spalten gewonnen aber welcher jahresring wächst denn schnur grade. wenn man dann die kanten säumt um den schaft grade zu bekommen hat man immer 1-2 flammen im holz.

aber ich gebe dir recht, dass der grund der leitfeder nicht allein die holzmaserung sein kann. Heutzutage ist es aber eine gute sicherheitsmaßnahme. Das video war ein versuch, aber es gibt bestimmt 100 Gründe warum man es gemacht hat.

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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von fatz » 05.11.2016, 19:44

Also aus deiner Flammengeschichte, die mir durchaus einleuchtet, folgt lediglich, dass man eine Leitfeder haben sollte, damit die Flammen immer gleich liegen. Wo die Leitfeder hinzeigen muss folgt daraus m.E. in keiner Weise..........
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von shokunin » 05.11.2016, 19:45

Normal setzt man den Nockpunkt so, dass der Pfeil im Abschuss etwas angehoben wird. Dadurch schleift er nicht an der Hand.

Und Asham sagt im Toxophilus eben explizit:

"...Moreover, both the fletcher in making your shaft, and you in nocking your shaft, must take heed that two feathers equally run on the bow. For if one feather run alone on the bow, it shall quickly be worn, and shall not be able to match with the other feathers; and again, at the loose, if the shaft be light, it will start; if it be heavy, it will hobble. ..."

Zwei Federn gleichmässig am Bogen, sonst verschleissen sie zu schnell usw...

Von Spine sagt er nix - auch sinngemäss nicht. Und von Wuchsrichtung und Bruch und wo die Maserung hinzeigen soll u.d.Gl. sagt er auch nichts - obwohl er seitenlang jedes andere Detail der Pfeilgestaltung und Gebrauch erklärt.

Asham sagt einzig der Schaft müsse stark genug sein to "...stand in the bowe...". Er darf eben nicht brechen.
Man wusste schon, der Pfeil wird ordentlich komprimiert und dass Pfeile brechen können, das ist aber nicht mit einem Verständnis von Spinewerten gleich zu setzen.
Ich konnte dazu im Toxophilus jedenfalls nichts finden...

Deine Theorie ist soweit ja ok... und heute ist der Rat mit den Flammen sicher gut, dass er der historische Grund für die Position der Leitfeder ist, ist aber nur eine Theorie bis mal auch Belege kommen.
Ich bezweifle, dass man zu Ashams's Zeit z.B. auf Flammen/Bruchrichtung einging, zumal man eben Schäfte sehr homogen und kräftig dimensioniert baute... aber wer weiss. In Portsmouth, im Mary Rose Museum, liegen 3500 Pfeilschäfte aus Asham's Zeit... wie da wohl die Maserung aussieht?

Gruss,
Mark


und EDIT...

Asham erklärt übrigens auch, dass die Fletchers die Schäfte begradigten...
Es war also durchaus so, dass man dem Holz folgend spaltete und Biegungen im Schaft dann ggF richtete. So erhielt man wohl stärkere und formstabilere Schäfte.
Zuletzt geändert von shokunin am 05.11.2016, 19:53, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von Rowan-bows » 05.11.2016, 19:46

fatz hat geschrieben:Also aus deiner Flammengeschichte, die mir durchaus einleuchtet, folgt lediglich, dass man eine Leitfeder haben sollte, damit die Flammen immer gleich liegen. Wo die Leitfeder hinzeigen muss folgt daraus m.E. in keiner Weise..........


och fatz... :) du achtest beim befiedern drauf wie die flammen liegen und machst alle pfeile gleich, leitfeder innen oder außen, wie du eben magst. dann nur wie gewohnt einlegen und die flammen sind richtig rum und nix aua aua mehr :)

Ich z.b. schiesse LF auch nach aussen, so befieder ich auch bezüglich der flammen. dann darf ich die feder aber eben nicht nach innen schiessen... auch wenn mir höchstens mal ne nock zerflogen ist und nicht der ganze pfeil

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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von fatz » 05.11.2016, 19:53

Schon klar, aber nur mal nebenbei bemerkt schiess ich ueberwiegend Pfeile aus Schoesslingen (35" Schaefte mir 100er Spine gibt's ned zu kaufen) oder Bambus. Da sind die Flammen wurscht. Aber die Frage war hier nicht wo die Flammen hingehoeren, sondern wo die Leitfeder hinsoll und die hast du m.E. nicht mal versucht zu beantworten.
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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von Rowan-bows » 05.11.2016, 19:55

shokunin hat geschrieben: und heute ist der Rat mit den Flammen sicher gut, dass er der historische Grund für die Position der Leitfeder ist, ist aber nur eine Theorie bis mal auch Belege kommen.


Das solls ja auch sein, eine theorie.

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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von Rowan-bows » 05.11.2016, 19:58

fatz hat geschrieben:Schon klar, aber nur mal nebenbei bemerkt schiess ich ueberwiegend Pfeile aus Schoesslingen (35" Schaefte mir 100er Spine gibt's ned zu kaufen) oder Bambus. Da sind die Flammen wurscht. Aber die Frage war hier nicht wo die Flammen hingehoeren, sondern wo die Leitfeder hinsoll und die hast du m.E. nicht mal versucht zu beantworten.


Na die position der leitfeder ist egal, jedenfalls heutzutage mit dem wissen ums paradoxum. In japan ist sie oben, bei uns zeigt sie vom bogen weg....es scheint also auch buggie zu sein :)

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Re: Leitfeder immer Aussen?

Beitrag von Rowan-bows » 05.11.2016, 20:00

shokunin hat geschrieben:Man wusste schon, der Pfeil wird ordentlich komprimiert und dass Pfeile brechen können, das ist aber nicht mit einem Verständnis von Spinewerten gleich zu setzen.


is richtig, ich habe meine antwort auch nochmal korrigiert

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