Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
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Ares
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Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von Ares » 14.07.2014, 16:51

Hallo zusammen :)

Ich habe in letzter Zeit viel über Schlachten in Grossbritannien gelesen. Natürlich wegen der Bögen ;)
Aber etwas zum ELB konnte ich einfach nicht herausfinden. Wann begann man vom englischen Kriegsbogen zu sprechen, den anscheinend (hab ich so gehört) haben die Engländer den "Kriegsbogen" von den Walisern übernommen, verwendeten aber selber schon länger Langbögen für die Jagd. Kann mir jemand sagen, ob sich dann dieser "Kriegsbogen" im Laufe Zeit noch gross verändert hat?

LG
Ares
"Nur wer das Ziel kennt, kann treffen."-aus Griechenland

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Heidjer
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Re: Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von Heidjer » 14.07.2014, 17:21

Na prima, tolles Thema, ich hole mal eben Popkorn. ;D

Nach meiner Kenntnis der Geschichte, taucht der Begriff "Kriegsbogen" das erste mal 1806 oder 1807 in den Expeditionsberichten von Lewis und Clark auf. Die verwendeten den Begriff das erste mal in der Literatur als sie einen Indianerstamm beschrieben der explizit Bögen für die Jagd und Bögen für den Krieg unterschieden. ::)

Der Begriff englischer Langbogen tauchte dagegen schon im hundertjährigen Krieg auf, als die Engländer mit auffällig langen Bogen auf dem Schlachtfeld auftauchten. Die besonders lange Bauform der Bögen war dem hohen Zuggewicht und der nötigen "Bruchsicherheit" der Bögen geschuldet.

Heute nennt man Bögen mit einen Zuggewicht von über 80# allgemein Kriegsbogen, weil ein höheres Zuggewicht für Jagd und Sport eigentlich keinen Sinn macht. Solche Zuggewichte braucht man nur, um mit schweren Pfeilen einen Körperschutz zu überwinden. ::)

Die grundsätzliche Konstruktion eines Eibe-Langbogens ist mindestens 5000 Jahre alt, siehe den Ötzibogen, die hauptsächlichen Unterschiede sind in der Griffgeometrie, der Bogenlänge und den Tips zu finden.


Gruß Dirk
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.

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Bogenhannes
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Re: Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von Bogenhannes » 14.07.2014, 17:38

DAS interessiert mich jetzt aber auch mal wieder BRENNEND!!!... ;D
Führe dir doch mal diesen Thread zu Gemüte: http://www.fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=22&t=25136
Einer von vielen Tausenden.......hier im Forum ::)

PS: @Dirk das mit der Bezeichnung "Kriegsbogen" von Lewis u. Clark war für mich neu...
Die Richtung eines Pfeils wie auch eines Wortes lässt sich nicht mehr ändern

Bruder Tuk
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Re: Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von Bruder Tuk » 14.07.2014, 18:06

Die grundsätzliche Konstruktion eines Eibe-Langbogens ist mindestens 5000 Jahre alt, siehe den Ötzibogen, die hauptsächlichen Unterschiede sind in der Griffgeometrie, der Bogenlänge und den Tips zu finden.


Gruß Dirk[/quote]


Hi, Ihr Alle!

Tolles Thema, Du Dirk hast Popcorn, ich hole Erdnüsse! ;)
Kurz mal "Klugscheißer-Modus" an: Habe nämlich gelesen, dass die Langbogenform vermutlich sogar noch viiiiel älter ist! Nur haben vermutlich die Steinzeitlichen Bogenbauer den Rücken gerundet, um der Form des Stämmchens zu folgen. Dafür war dann der Bauch flach. Also umgekehrt zum ELB.
Okay, Ihr könnt natürlich einwenden, dann ist es auch kein Langbogen... ;) Aber das grundätzliche Design, eine Seite abgeflacht, die andere gerundet ist eben doch wohl schon sehr, sehr, sehr, sehr alt.

Faszinierend, finde ich!

Beste Grüße und ich bin schon sehr gespannt, was wir noch alles zusammentragen!

Von Bruder Tuk

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Re: Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von Fichtenelch78 » 14.07.2014, 18:57

Definitiv ein sehr spannendes Thema. Dazu kann ich aber auch was betragen.
Zum Thema weiterentwicklung: Soweit ICH weiß wurde der Kriegsbogen nahezu unverändert bis zum englischen Bürgerkrieg (17Jh) verwendert. Danach wurde er weiterentwickelt zur Muskete! :D
Das Leben ist nur so schlecht wie man es sich macht!

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Re: Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von Bogenhannes » 14.07.2014, 19:19

Hab noch zwei gefunden aus der letzten Zeit:
http://www.fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=15&t=24983
http://www.fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=15&t=24653

Ich gebe diese Hinweise nur, weil es im Grunde immer dieselben Fragen sind. Nix für ungut.
Zur Geschichte des ELB gibts hundertprozentig Threads. Hab aber selbst keine Lust zu suchen ;)

Viele Grüße
Johannes
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Re: Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von killerkarpfen » 14.07.2014, 22:07

Bruder Tuk hat geschrieben:Die grundsätzliche Konstruktion eines Eibe-Langbogens ist mindestens 5000 Jahre alt, siehe den Ötzibogen, die hauptsächlichen Unterschiede sind in der Griffgeometrie, der Bogenlänge und den Tips zu finden.
...Habe nämlich gelesen, dass die Langbogenform vermutlich sogar noch viiiiel älter ist! Nur haben vermutlich die Steinzeitlichen Bogenbauer den Rücken gerundet, um der Form des Stämmchens zu folgen. Dafür war dann der Bauch flach. Also umgekehrt zum ELB.
...Aber das grundätzliche Design, eine Seite abgeflacht, die andere gerundet ist eben doch wohl schon sehr, sehr, sehr, sehr alt.

Faszinierend, finde ich!

Beste Grüße und ich bin schon sehr gespannt, was wir noch alles zusammentragen!

Von Bruder Tuk


Eiben wachsen oft auch in Buschformen mit gleichzeitig mehreren Stämmen. Das könnte auch durch Wildverbiss im Jungstadium zurüchzuführen sein.
Aus diesen "Zweigen" oder Teilstämmchen mit einigen cm Durchmesser lassen sich hervorragende kurze Jagdbögen herstellen die oft als "Buschmanrevolver" bezeichnet werden. Bei einem 4 - 5cm dicken Stave wird vom Fadeout die Bauchseite über den Markkanal abgetragen. Dabei drängt sich diese flache Form gerade auf.
Bushman2.JPG

Mit einer Axt oder einem Dechsel ist diese Bogenform schnell und einfach aus einem Stämmchen gehauen, und auch mit Steinwerkzeugen leicht zu bewerkstelligen.
(Richtige Äste aus dem Stamm wachsend sind nicht geeignet und mir immer gerbochen)

Bushman1.JPG

Ein eigenwilliges Beispiel dieser Art.

Bessere Bilder habe ich im Moment leider nicht zur Verfügung

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Re: Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von Bruder Tuk » 17.07.2014, 22:41

Hi Killerkarpfen!

Ein schönes Beispiel für "Bauch-gewölbt und Rücken-flach"!
Toller Bogen!

Beste Grüße

vom Tuk

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Re: Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von deckelsmoog » 18.07.2014, 06:42

@ killerkarpfen: dein Bogen gefällt mir sehr gut.
Deine Nocken erkenn ich nicht klar, hast du da zwei Overlays übereinander? Wäre dankbar für eine Nahaufnahme.
@ Bruder Tuk: Wohl eher genau anders herum. ;)
L.G. deckelsmoog



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Re: Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von Wilfrid (✝) » 18.07.2014, 07:47

die grundsätzliche Konstruktion eines Eibenbogens ergibt sich aus den Werkstoff und Werkzeugeigenschaften und der Staveform.
Da kommt dann eben ein relativ gerader Stab mit relativ viel Kernholz und einem Rücken aus Splint raus.
Der Rücken muß den Zug abkönnen und der Bauch den Druck. Und beide zusammen sollen eben keinen Prügel ergeben, sondern ein möglichst leichtes Gerät, ohne das man viel Arbeit dran hat.

Und hat man dann einen schmalen Stave, tja, da muß man denn, damit sich was biegt, auch am Bauch Holz wegnehmen.

Somit ergibt sich ein stabförmiger Bogen, der sowohl in der Breite als auch in der Dicke abnimmt. Die einfachste Form ist der angespitzte Stock, -man nehme die Mitte und spitze zum Ende hin an. So bauen ja heute auch noch viele "ELB".

Der Trick bei den höherwertigen stabförmigen Bögen ist jetzt die Lage des "Griffbereichs" und seine Biegungsowie die Ausführung der Tips. Da ist dann viel experimentiert worden, und wohl jeder schwört auf seine Form....

Am Ende ist allen guten stabförmigen Bögen gemein, soviel Symmetrie, wie gerade noch ohne /mit wenig Handschock möglich ist.

Denn es sollen beide WA möglichst gleich im Grenzbereich belastet werden und die Tips so leicht wie möglich.

Nun braucht man irgendwo auch Platz/Holz um die Sehne zu befestigen und die Sehnen aus Pflanzenfasern haben nun mal eine bestimmte Dicke,~ so 5mm + , wenn man jagdliche Gewichte über 60# schießen will. Und Eibensplint ist auf Druck ein weiches Zeug. Deswegen haben die Nordleute und Allemannen eben diese doch recht breiten Tips, andere machten Knoten und Wickelnocken.
Die Waliser sind dann auf den Gedanken gekommen, Geweih/Horn auf die Tips zu setzen, womit denn dieses viele Holz am Ende weniger wurde. Dann ist ja der Druck auf die Zugfinger bei hohen Gewichten und kleinem Sehnenwinkel sehr unangenehm, aber Eibe kann man ja auch höher bauen und den Biegeradius größer machen, wenn der Bogen länger ist. Nun klappert aber wegen der Symmetrie ds Gebiß, die Plempe hat Handschock, aber nur so lange, wie ich den Bogen im mittleren Schwingungsbauch anfasse. Sorge ich dafür, das der nicht mehr in der Mitte liegt, erledigt sich das. Womit wir denn die Powerbar erfinden müssen , um den Mary Rose Bogen zu bekommen.

Der Vorteil der Geschichte, ich kann diese Bögen in einer Manufaktur herstellen lassen. Einer macht die Grobform, einer schnitzt nach anzeichnen den Bogen aus dem Stave, einer macht die Geweih/Hornnocken und der Letzte spitzt das Holz an und hängt die Nocken drauf und die Sehne dran.

Das spezielle am ELB der Mary Rose Form ist eben genau dieses. Und es ist eben schon ein gewaltiger Unterschied im Ergebnis, wieviel ich Gewicht an die Tips hänge, wie sich der Griffbereich biegt und wie der Dicken und Breitenverlauf ist. Da kommts denn schon auf mm an.

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Re: Der englische Langbogen bzw. Kriegsbogen

Beitrag von killerkarpfen » 03.08.2014, 23:10

deckelsmoog hat geschrieben:@ killerkarpfen: dein Bogen gefällt mir sehr gut.
Deine Nocken erkenn ich nicht klar, hast du da zwei Overlays übereinander? Wäre dankbar für eine Nahaufnahme.


Entschuldige ich habe den Faden aus den Augen verloren und erst nach vielem suchen wiedergefunden.
Gern ein paar Nahaufnahmen.

Der Bogen hat wie erwänt eine etwas eigenwillige Bauweise. Er ist 1.22m Ende zu Ende Eibe. Dazu 4cm kleine Syahs aus einer Astgabel vom Zwetschgenbaum aus dem Garten.
Der Anschein der doppelten Overlays rühren vom schönen Farbunterschied des Splint und Kernholzes der Zweschge her.

Die Krümmung war bereits im Stave drin, deshalb hatte ich die Idee Recurves in den Bogen zu bringen, was letztich als zusätzliche Verlängerung nit diesen Syahs umgesetzt wurde.

Es sollte eigentlich ein Kinderbogen werden..:-[ leider habe ich bisher kein Kind gefunden welches ihn ziehen mag :-X ;D


28" Auszug sind möglich bei geschätzten 40 - 45#
24" wären für den "Giftzwerg" ideal, doch da bleibt eben immer noch eine Menge an Pfunden ;) .
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