Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Fragen zu Boegen zum Bogenschiessen. Keine Fragen zum Bogenbau.
Benutzeravatar
ralfmcghee
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2019
Registriert: 02.01.2014, 16:00

Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von ralfmcghee » 26.02.2014, 17:56

Hallo zusammen,

ich muss einmal meine Frau beeindrucken. Deshalb habe ich ein paar Fragen an unsere Experten bei historischen Bögen: Bei Wikipedia habe ich gelesen, dass die Römer Kompositbögen verwendet haben. Wisst Ihr, welche Hölzer dabei verwendet wurden? Gab es bei den Römern auch Selfbows bzw. Blankbögen aus einer Holzart?

Für Euren Fakten-Input schon einmal heißen Dank und

macht Späne ;D
Ralf
Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht.
Der Student geht zur Mensa bis er bricht.
Mein Bogen geht auf den Tillerstock bis er bricht.

Sateless
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 4182
Registriert: 02.01.2010, 19:11

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Sateless » 26.02.2014, 18:04

Ich kenne leider keinen Bogenfund, der eindeutig Römern zugeordnet werden konnte.
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
.مع سلامة في أمان السهم و القوس

Benutzeravatar
benzi
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 7533
Registriert: 31.10.2009, 19:19

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von benzi » 26.02.2014, 18:07

ich hab doch grad was über Söldner in der römischen Armee und deren Bogen gelesen.... wo war das nur.... es fällt mir wieder ein.... bestimmt.....

Grüße benzi
"Du hast den Verstand verloren, weißt Du das?" "Dafür hab ich ein Leben lang üben müssen"
(Peaceful Warrior, Film)

Benutzeravatar
Wilfrid (✝)
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 6165
Registriert: 04.06.2007, 16:16

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Wilfrid (✝) » 26.02.2014, 18:26

Wir haben eine funktionierende Suchfunktion !!!:-))
viewtopic.php?f=5&t=18082&p=307508&hilit=bogen+der+R%C3%B6mer#p307508

Da findet sich vielleicht was

Benutzeravatar
ralfmcghee
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2019
Registriert: 02.01.2014, 16:00

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von ralfmcghee » 26.02.2014, 19:58

Die Suchfunktion - wie konnte ich die vergessen. :o Ich habe das gerade nachgeholt. Römer +Bogen +Holz liefert eine Menge Beiträge, aber zu verwendete Holzarten habe ich noch nichts gesehen. Insofern halte ich meine Frage noch aufrecht. :)
Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht.
Der Student geht zur Mensa bis er bricht.
Mein Bogen geht auf den Tillerstock bis er bricht.

Benutzeravatar
Squid (✝)
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 9789
Registriert: 23.06.2004, 16:40

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Squid (✝) » 26.02.2014, 20:21

Soviel ich weiß, haben die Römer selber keine Bogenschützen gehabt. Die hatten diverse Varianten Infanterie mit Wurf- und Nahkampfwaffen und relativ schweren Panzerungen. Hinzu kam ein kleines Kontingent Reiter - entweder Adelige mit vielen Sesterzen oder Mietlinge z. B. aus Nubien.
Schleuderer wurden meist in Spanien angeworben. Das gleiche gilt für Bogenschützen: Wenn Bogenschützen, dann Söldner.
Insoweit solltest du nach den Bögen der jeweiligen Völker suchen. Mir fallen spontan Parther und Skythen ein.
Zuletzt geändert von Squid (✝) am 26.02.2014, 22:38, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

Benutzeravatar
shokunin
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2188
Registriert: 22.02.2011, 16:13

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von shokunin » 26.02.2014, 21:45

Erm...
das glaube ich jetzt so nicht wirklich...

Dann wären die Römer, neben den Ureinwohnern Australiens, die einzigen die den Bogen nicht adoptiert hätten... :-\

Dass es im römischen Heer viele "Spezialisten" gab, denen man irgendwelche besonderen Fähigkeiten zuschrieb mag sein. Die besten weiss-ich-was kommen aus weiss-ich-wo... oder so...
In der römischen Kunst, Literatur und Mythologie finden sich aber immer wieder Bogenszenen - das waren sicher nicht alles "Ausländer".
Klar, vieles hat sich nach Rom verbreitet und wurde dort nicht erfunden, ich denke da eben z.B. an Gottheiten mit Bögen... Artemis/Diana, Apllo, Cupid,...
aber die Römer waren einfach viel zu sehr die Techniker, als dass sie auf die bedeutendste Distanzwaffe ihrer Zeit verzichtet hätten. Der Bogen - komposit und Selfbows - war bekannt und wurde auch im Training von jungen Soldaten explizit erwähnt , wie hier in Vegetius' EPITOMA REI MILITARIS:

XV. Sed prope tertia uel quarta pars iuniorum, quae aptir potuerit reperiri, arcubus ligneis sagittisque lusoriis illos ipsos exercenda est semper ad palos. Et doctores ad hanc rem artifices eligendi, et maior adhibenda sollertia, ut arcum scienter teneant, ut fortitor inpleant, ut sinistra fixa sit, ut dextra cum ratione ducatur, ut ad illud, quod feriundum est, oculus pariter animusque consentiat, ut, siue in equo siue in terra, rectum sagittare doceantur. Quam artem et disci opus est diligenter et cotidiano usu exercitioque seruari. Quantum autem utiliitatis boni sagittarii in proeliis habeant, et Cato in libris de disciplina militari euidenter ostendit, et Claudius pluribus iaculatoribus institutis atque perdoctis hostem, cui prius inpar fuerat, superauit. Africanus quidem Scipio, cum aduersum Numantinos, qui exercitus populi Romani sub iugum miserant, esset acie certaturus, aliter se superiorem futurum esse non credidit, nisi in omnibus centuriis lectos sagittarios miscuisset.

Grob übersetzt steht da...
ein Drittel oder Viertel der jüngsten und fittesten Soldaten soll mit Pfeil und Bogen (Holzbogen! arcubus ligneis) unterrichtet werden. Man soll die Lehrer sorgfältig wählen, so dass sie gewissenhaft den Männern lehren den Bogen richtig zu halten, krafvoll zu ziehen, die Linke ruhig zu halten, rechts gekonnt zu ziehen, sowohl ihre Aufmerksamkeit as auch das Auge aufs Ziel zu richten und mit gleicher Zielsicherheit zu Fuss oder zu Pferd zu schiessen. Dies kann nicht ohne grossen Einsatz erreicht werden, noch ohne tängliche Übung gehalten...

Dann listet er ein paar militärische Grössen, Cato, Claudius, Scipio Africanus und beschreibt wie diese ihren Erfolg massgeblich den Saggittarii, den Bogenschützen, zu verdanken haben.

Gruss,
Mark
"I don't believe it!!" (Victor Meldrew)

Benutzeravatar
Spanmacher
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 3522
Registriert: 29.04.2012, 15:01

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Spanmacher » 26.02.2014, 22:03

Den Löwenanteil an Spezialeinheiten (Kavallerie, Bogenschützen, Schleuderer usw.) stellten sicherlich die Auxiliartruppen (nichtrömische Verbände unter römischem Kommando).
Bekannt sind z. B. keltisch-germanische Reiter, keltoiberische Bogenschützen und balearische Schleuderer.

Vor diesem Hintergrund würde ich die verwendeten Bogenhölzer zunächst mal in den Heimatgebieten der jeweiligen Auxiliarangehörigen suchen.
Ein zu hohes Zuggewicht ist nichts anderes als Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.

Benutzeravatar
shokunin
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2188
Registriert: 22.02.2011, 16:13

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von shokunin » 26.02.2014, 22:45

Es wird angenommen (z.B. bei Wikipedia), dass man Holzbögen zum Training benutzte, dass der eigentliche römische Kriegsbogen aber in Kompositbauweise hergestellt war - mit Holz, Horn und Sehnen. Was da nun genau im Kern an Holz drin war ist nicht sooo kritisch, denke ich, und wird wohl schon davon abgehangen haben wo der Bognenbauer saß...
Bezeichnend ist aber eben die Bauweise mit Horn und Sehnenbacking - da kommt die Leistung her. Das Holz ist halt der Träger...

Was aber in der oben von mir kopierten Quelle auch ziemlich eindeutig drin steht, denke ich, ist dass man im römischen Heer Bogenschützen aubildete. Man wählte geeignete junge Rekruten und brachte es ihnen bei...
Mag schon sein man hat auch erfahrene Schützen als Söldner rukrutiert, bei Vergetius steht aber klipp und klar, dass im römischen Militär ein Drittel oder Viertel der fittesten Rekruten zu Bogenschützen ausgebildet wurden.
Dass die von irgendwo besonders her sein mussten steht da nicht drin - nur dass sie jung und überdurchschnittlich fit sein sollten.

Dass es regional zusammengehörige Spezialtruppn gab zweifle ich nicht an. Die gab es sicher und die machen auch Sinn wenn es um Kampfgeist, Verständigung usw geht.

Dass die Römer Pfeil und Bogen selbst nicht benutzten und römische Soldaten darin nicht ausgebiltet wurden, weil man Bogenschützen nur und aussschliesslich aus "Spezialistenregionen" rekrutierte... das glaue ich keine Sekunde lang ohne Belege...

Gruss,
Mark
"I don't believe it!!" (Victor Meldrew)

Benutzeravatar
ralfmcghee
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2019
Registriert: 02.01.2014, 16:00

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von ralfmcghee » 27.02.2014, 05:15

Oha, da habe ich ja eine Diskussion losgetreten. An dieser Stelle schon einmal ganz herzlichen Dank für Euer Engagement und Euer ausgezeichnetes Wissen. Ich bin immer wieder beeindruckt, welche Kenntnisse und welches Knowhow sich hier bei FC findet.

Leider bin ich ja erst vor kurzem zum Bogensport gekommen und habe deshalb noch große Einordnungsprobleme. Aus Euren Beiträgen ziehe ich die Schlussfolgerung, dass die Römer

  1. Spezialisten aus den jeweiligen geografischen Regionen angeheuert haben (Squid, Spanmacher),
  2. durchaus auch selber Pfeil und Bogen eingesetzt haben (Shokunin) und
  3. dabei auf regionales Bogenholz zurückgegriffen haben.(Shokunin)

Mir geht es gerade um die Region des biblischen Israel und Palästina. Welche Bogenhölzer könnten denn dort (bei Kompositbögen und bei Selfbows) in Frage gekommen sein? Spontan fällt mir nur so etwas wie Olive, Feige oder Dattel ein. Ich habe aber keine Ahnung, ob man daraus einen leistungsfähigen und langlebigen Bogen bauen könnte, der militärischen Ansprüchen gerecht würde.

Ich bin schon wieder gespannt auf Eure Gedanken und grüße ganz herzlich
Ralf
Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht.
Der Student geht zur Mensa bis er bricht.
Mein Bogen geht auf den Tillerstock bis er bricht.

Benutzeravatar
shokunin
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2188
Registriert: 22.02.2011, 16:13

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von shokunin » 27.02.2014, 07:32

Ich erinnerte mich an einen Artikel der Technical Research Abteilung des British Museum...

http://www.britishmuseum.org/pdf/BMTRB% ... Taylor.pdf

ga ging es zwar um Ägypten, man kann aber dennoch evtl Parallelen ziehen, denke ich...

Im alten Ägypten war wohl das beliebteste Bogenholz die Akazie, gefolgt von Ziziphus spina-christi (Christusdorn) und seltener auch Tamarisken. (Bei Tamarisk-Bögen ist aber fraglich ob es reine Zeremonialobjekte waren oder für den Gebrauch...)
Es gibt laut Text nur einen Nachweis für impotiertes Bogenholz im alten Ägypten, und zwar von Johannisbrotbaum.

Interessanter Weise wurde Eibe zwar importiert und auch verarbeitet - es gibt Funde eines Statuetten-Kopfes und von Sarkophag-Teilen in importierter Eibe.
Für Bögen verwendete man (mit der einen Ausnahme) aber offenbar nur einheimische Hölzer.

Wenn man nun in den Levant schaut - grob gesagt ist das die Region die Dich hier intereesiert, dann wachsen dort auch Akazien, Kreuzdorn, Tamarisken,... aber auch Esche, Feldahorn (in den nördlichen Regionen wenigstens), Storax, und vieles mehr...

Ich denke man kann es als gegeben annehmen, dass man für Gebrauchsbögen regional-verfügbare Hölzer verbaute. Der Bogenbau war wohl kaum so illuster ein Gewerk, dass man "exotisches" Holz dafür importiert hätte, wenn doch vor der Haustür überall etwas wächst was dafür taugt. Und wie gesagt, im Bau von Horn-Holz-Sehne- Komposits ist der Holzteil nicht so kritisch.
Kernlaminat muss sauber und biegsam sein, recht viel mehr aber auch nicht.

Gruss,
Mark
"I don't believe it!!" (Victor Meldrew)

Benutzeravatar
Spanmacher
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 3522
Registriert: 29.04.2012, 15:01

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Spanmacher » 27.02.2014, 09:15

Ich denke, dass ein Bogen, der im Kampf eingesetzt wird, als Gebrauchsgegenstand betrachtet wurde, der nicht besonders schonend behandelt wurde. Dem entsprechend wird der Bedarf an Ersatz relativ hoch gewesen sein. Das wiederum spricht für die Verwendung regional vorhandener Hölzer und nicht für die Import-Variante.
Ein zu hohes Zuggewicht ist nichts anderes als Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.

Sateless
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 4182
Registriert: 02.01.2010, 19:11

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Sateless » 27.02.2014, 09:16

Ich werf noch Orange und Hartriegel dazu.
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
.مع سلامة في أمان السهم و القوس

Benutzeravatar
corto
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1876
Registriert: 29.03.2011, 21:18

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von corto » 27.02.2014, 09:26

Mark, du kannst aus der quelle schließen dass jeder dritte Rekrut Bogenschießen konnte, das stimmt.
Aber jeder Legionär hatte auch eine Schleuder zu tragen, heißt das auch das es römische Schleuderer gab ?

nein. das römische Heer bestand aus Römern als schwere Infanterie, und auxiliartruppen in anderen Funktionen. Den römischen Kriegsbogen gab es nicht, den stellte der auxiliar - er musste ja auch bereits schießen oder reiten können.

Benutzeravatar
ralfmcghee
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2019
Registriert: 02.01.2014, 16:00

Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von ralfmcghee » 27.02.2014, 09:28

Okay, jetzt bin ich wohl umfassend informiert. Das habe ich nun davon: Ich wollte meine Frau beeindrucken. Jetzt ist sie beeindruckt - und zwar von Euch. ;D

Noch einmal ganz heißen Dank an Euch alle für die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema!

LG
Ralf
Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht.
Der Student geht zur Mensa bis er bricht.
Mein Bogen geht auf den Tillerstock bis er bricht.

Antworten

Zurück zu „Bögen“