Kyudo im Fernsehn

Andere japanische Bögen und Techniken (Yabusame etc.)
buechse82
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Beitrag von buechse82 » 08.06.2005, 20:42

Ok


Die verwunschene "A"Frage.

Ich finde, für eine "Kampfsportart" ist das Ritual sehr langdauernd, aber das ist ja auch beim Militär so, um die Vorgänge zu automatisieren ( muss dazu sagen, dass ich nicht einberufen wurde)
Das diese Entfernung unüblich ist, und das die Schützen nicht die Elite der Europäischen Kyudo Schützen waren hätte man vielleicht erklärend beifügen sollen.

Vielleicht leidet euer Sport ein wenig unter der mangelnden Werbung, es fiel mir auch bei dem Turnier auf, das etwa Infomaterial fehlte, wo doch viele Interesse zeigten an dieser exotischen Sportart.

Schade, so entsteht leicht ein schlechtes Bild, so wie halt bei mir.

MfG Büechse
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Markus
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Beitrag von Markus » 08.06.2005, 21:33

Über die "Dauer" des Rituals kann man diskutieren, aber bringen wird's nix. Es ist so, wie es ist und nach meiner Einschätzung kommen nicht wenige Menschen gerade wegen dieser langsamen und gleichmäßigen Bewegung zum Kyudo.
Action im Sinne von Hau-drauf-und-Schluß gibt es im Kyudo nicht. Wer so was sucht, ist hier falsch.

Dieser Elitegedanke scheint sich festgefressen zu haben ;-)
Ich bin überzeugt, dass ein Teil der anwesenden Schützen auf europäischem Topniveau schießen, aber eben nicht alle. Von daher mag das Bild, das mit dem "Kader" angekündigt war, etwas verzerrt rüberkommen.

Was die mangelhafte Werbung betrifft, ist es schade, wenn die Verantwortlichen vor Ort keine ausreichende Betreuung leisten konnten, aber Kyudo ist in Deutschland letztendlich ehrenamtlich und die finanziellen Mittel sind beschränkt.
So kann es passieren, dass die Besucher mit einem falschen Bild nach Hause gehen, wie bei Dir passiert. Das ist sehr schade, aber nur schwer zu ändern.

Wie viele Besucher waren überhaupt anwesend?

Gruß,
Markus
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Kyujin
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Beitrag von Kyujin » 08.06.2005, 21:59

Ich stolpere jetzt erst über diesen Thread...

Der zeremonielle Aspekt im Kyudo ist deswegen so ausgeprägt, weil die moderne sportliche Praxis in ihrem formellen Rahmen auf zeremoniellen höfischen Demonstrationsformen beruht - und die sind schon deswegen so langsam, damit die Leibwachen genau zwischen richtiger Form und einem (immer möglichen) Attentat unterscheiden konnten. Wir haben vor etlichen Jahren einmal vor dem damaligen hessischen Innenminister geschossen, der genau die Frage stellte, warum wir denn so langsam seien. Als ich ihm halb scherzhaft erklärte, dass sein Job dem eines Shogun ja im Prinzip nicht so unähnlich sei, und dass auch seine Leibwächter sicher Wert darauf legten, unsere Aktionen voraussehen zu können, verstand er das sofort. DIe breitschultrigen Herren mit den Sonnenbrillen nickten auch.

Es gibt in einigen wenigen Dojos (genau 3 weltweit, davon ist Hamburg eines) auch noch Kyudoka, die das praktische Kriegsschiessen in Rüstung beherrschen, dabei geht es dann um ganz andere Schussfrequenzen. Aber das ist eine historische Spezialdisziplin für speziell Interessierte.

Und zum unumgänglichen Altnazi Herrigel nur der Hinweis, wie sein Buch aus traditioneller japanischer Perspektive gesehen wird: http://www.gungfu.de/aikido/herrigel.html
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Markus
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RE:

Beitrag von Markus » 08.06.2005, 22:11

Original geschrieben von Kyujin
Und zum unumgänglichen Altnazi Herrigel nur der Hinweis, wie sein Buch aus traditioneller japanischer Perspektive gesehen wird: http://www.gungfu.de/aikido/herrigel.html

zum Thema Herrigel kann ich noch mal das vom Dt. Kyudobund herausgegebene Sonderheft aus dem Jahr 2004 empfehlen. Da ist der unter dem link genannte Artikel von Prof. Yamada drin und auch ein Artikel des Übersetzters zw. Herrigel und Awa, sowie weitere Beiträge zum Thema Herrigel.
Arroganz ist der Tod der Kunst.

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Beitrag von Kyujin » 08.06.2005, 22:17

Sofern das allgemein erhältlich ist, sollte man das bei Interesse in der Tat lesen: Unter anderem den Text Herrigels über das Verhältnis von Philosophie und Nationalsozialismus. Wer immer noch glaubt, Herrigel sei ein freier Geist, erleuchteter Weiser und buddhistisch geprägter Menschenfreund gewesen, sollte sich das antun.
Johannes Kolltveit Ibel
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Beitrag von buechse82 » 09.06.2005, 20:47

Haha, das mit den Leibwächtern ist einleuchtend, tolles Beispiel

Zuschauer waren vieleicht zehn da, wovon aber einige die Schützen schon kannten. mein Bekannter hatte davon nur durch zufall erfahren, werbung hatte ich keine gesehen.

Dass ein Sponsoring für diesen Sport schwer aufzutreiben ist, verstehe ich, das ist nicht leicht. Wir hatten das mal zwecks einer Staatsmeiterschaft im Fechten versucht, schwer, echt schwer. von dieser Firma mit dem roten Stier hatten wir die erste Absage, weil wir keine Trendsportart mit Actionfactor waren.

Aber es geht, wenn man sich reinkniet, und beim nächsten mal gehts um so leichter. man muss halt auch im vorfeld schon viel vorarbeit leisten,auch in Schulen auftreten, Unikurse anbieten etc... Und siehe da, der Papa von der kleinen Tochter, die so viel Spas hatte bei dem Schnupperkurs ist zufällig bei einer Automobilfirma angestellt und kann da was machen. So führt eins zum andern.

Jetzt macht der Fecht-Verein das ganze zum vierten mal, mit mehr als 250 Startern und macht richtig gewinn, was dem nächsten turnier wieder zugute kommt.


Werbung ist der entscheidende Faktor. ein Sport kann noch so schön und interessant sein, wenn die Öffentlichkeitsarbeit schwächelt, schwächelt der ganze Sport


mfG Büchse
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Pictor Lucis
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Re: Kyudo im Fernsehn

Beitrag von Pictor Lucis » 15.01.2009, 19:05

Jetzt einschalten

seit 19:00 auf Arte!
Der Weg des Bogens
http://www.arte.tv/de/programm/242,date ... or_2359324

Lutz
»Arbeite, als bräuchtest du kein Geld; liebe, als wärst du nie verletzt worden; tanze, als würde niemand zuschauen; schieße, als hättest du nie einen Pfeil verloren.«

Falkenstadl
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Re: Kyudo im Fernsehn

Beitrag von Falkenstadl » 15.01.2009, 19:58

Toller Bericht, treffen ohne treffen zu wollen. Eine Kernaussage die nie richtiger war als heute.
Gruß
Falkenstadl
Bei den Alten schauen, für die Jungen bauen.

Sir Lancelot

Re: Kyudo im Fernsehn

Beitrag von Sir Lancelot » 16.01.2009, 12:14

Vielen lieben Dank an Benzi, ohne ihn hätte ich den Bericht vollkommen verpasst.
Ein sehr schöne Doku.
Ich habe die Doku digital aufgezeichnet, wer Interess hat, kann von mir den Link zu googlevideo bekommen (mäßige Quali, aber besser als nichts)

Ein Freund von mir aus Japan, Mr Tanaka (Sekretär der "International Horseback Archery Association") erzählte mir bei der EOCHA 2008, dass eigentlich nur die Takeda-Schule auf Pferden Yabusame betreibt. Die Ogasawara-Schule beschränkt sich eigentlich auf das Holzpferd.
Da Mr Tanaka ein Insider ist und mich gewiß nicht anlügt, nehme ich das Zitat aus der Doku als Erklärung: "Es gibt nicht genügend geeignete Pferde für Yabusame in Japan" und entsprechend den Leistungen der Schützen auf den Pferden (verglichen mit der Takeda-Schule) , beschränkt sich die Ogasawara-Schule wirklich zu 90 % auf das Holzpferd.

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Re: Kyudo im Fernsehn

Beitrag von Kyujin » 16.01.2009, 13:07

Interesse! Arte geht hier oben nicht...

Soweit ich das sehe, gehen IM zur Zeit noch nicht, also: ibel@mac.com

Danke!
Zuletzt geändert von Kyujin am 16.01.2009, 13:12, insgesamt 1-mal geändert.
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benz

Re: Kyudo im Fernsehn

Beitrag von benz » 16.01.2009, 13:18

Kyujin hat geschrieben:Interesse! Arte geht hier oben nicht...

Soweit ich das sehe, gehen IM zur Zeit noch nicht, also: ibel@mac.com

Danke!


doch IM Funktion tut komplett, Anzeige der neuen IMs im grauen Balken unter "meine Mitteilungen"

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Re:

Beitrag von Pictor Lucis » 17.01.2009, 20:50

Kyujin hat geschrieben:
Es gibt in einigen wenigen Dojos (genau 3 weltweit, davon ist Hamburg eines) auch noch Kyudoka, die das praktische Kriegsschiessen in Rüstung beherrschen, dabei geht es dann um ganz andere Schussfrequenzen. Aber das ist eine historische Spezialdisziplin für speziell Interessierte.



Sorry, das ich das hier reinschmeisse, wer ist den aus dem Hamburger Dojo, kriegt man das vielleicht zu sehen?

LG
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Re: Kyudo im Fernsehn

Beitrag von Kyujin » 18.01.2009, 08:47

@Lutz: Deine Frage habe ich nicht recht verstanden. Wenn du meintest, ob man das kriegerische Schießen in Hamburg sehen kann, so wäre meine Vermutung: Extrem selten. Auch wenn Feliks Hoff einer der sehr wenigen Europäer ist, die das können, gehört das keineswegs zum Standardprogramm, auch nicht bei öffentlichen Demonstrationen.
Im aktuellen ARTE-Film sind etliche Sequenzen, die sowohl das Üben, wie auch das volle Programm in Rüstung zeigen.

Zum Film selbst:

Ich habe die Sendung gesehen. Je nun, was soll ich sagen?

Schöne Bilder, viel Exotik, wenig Kyudo. Jedenfalls sehr wenig Kyudo, wie es in Japan (und Deutschland) vorwiegend ausgeübt wird.

Yabusame liefert immer spannende Bilder, ist aber eine recht elitäre Angelegenheit, die auch in Japan nur sehr wenige Aktive zählt. Das selbe gilt für die magischen Praktiken der Ogasawara Ryu und die kriegerischen Schießtechniken der Heki Ryu. Eigentliches Kyudo sieht man nur für wenige Minuten am Schluß.

Wenn man denn schon so viel Gewicht auf eine Dokumentation dieser historischen Wurzeln legt, wäre auch mehr Genauigkeit wünschenswert: Die Heki Ryū schreibt sich eben Heki und nicht "Heiki", und der Zweig auf Kyushu ist die Heki Ryū Satsuma Ha, nicht die Insai Ha. Das mag als Haarspalterei erscheinen - gegenüber den wenigen Traditionsbewahrern ist solche Nachlässigkeit schlicht grob unhöflich.

Die Rekonstruktion des 24-Stundenschießens am Sanjusangendō ist auch eher phantasiereich als historisch: Mal abgesehen von technischen Details wie der falschen Zielscheibe, sind die angegebenen 100.000 Schuß latürnich um eine Größenordnung übertrieben: Knapp 70 Pfeile pro Minute sind so offenbar unrealistisch, daß das sofort auffallen sollte.
Auch daß es in einem Dojo "weder Konkurrenz noch Rangordnung" gebe, ist mehr idyllische Phantasie als japanische Realität, genau wie die offenbar unumgängliche Behauptung "Hier ist Zen", die duch die Aussagen der Japaner im Film eben genau nicht gedeckt wird.

Das Interview mit Prof. Mori, einem meiner japanischen Lehrer, wurde leider auch ziemlich mißverstanden. Die Erklärung der Schießtechnik (die für die Heki Ryu spezifisch ist und nur von einer Minderheit der japanischen Kyudoka so ausgeführt wird) ist einfach falsch: Die Hand wird keineswegs "im letzten Moment herumgerissen". Die Durchschlagskraft der japanischen Bögen ist auch nicht "extrem hoch" (bei solcher Mystifizierung lacht sich jeder Compoundschütze zu recht tot), sie wird nur durch diese Technik deutlich höher, als das Zuggewicht das erwarten lassen würde.

Der für mich interessanteste Teil war übrigens der über den Bogenbau, der immerhin in Miyakonojo, dem Zentrum des japanischen Bogenbaus, gefilmt wurde.

Meine Einschätzung: Bilder ansehen, Kommentar vergessen.
Johannes Kolltveit Ibel
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Re: Kyudo im Fernsehn

Beitrag von Rittermann » 20.01.2009, 19:13

Für alle, die die Sendung trotzdem aufzeichnen wollen, gibt es eine zweite Chance: Donnerstag, 22. Jänner, 14:00 Uhr, arte.

benz

Re: Kyudo im Fernsehn

Beitrag von benz » 22.01.2009, 13:31

Rittermann hat geschrieben:Für alle, die die Sendung trotzdem aufzeichnen wollen, gibt es eine zweite Chance: Donnerstag, 22. Jänner, 14:00 Uhr, arte.


in 30 minuten auf arte, für alle die es verpaßt haben oder es nochmal sehen wollen, oder es aufnehmen wollen

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