Seite 1 von 4

Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 14:23
von Sherrif Sherwood
Hab mal wieder Langeweile gehabt.

Kurz mal für ein paar Naturkundeprojekte dieses Woche hergestellt. Voll funktionsfähig aber sehr mühsam.( viele Splitter und Schnittwunden in den Fingern, schei..... Flintstein, bricht ständig irgendwo ab.)
Mit einfachen Feuersteinscherben erst einmal eine Ast gekillt um das erste Beil mit Hirschhorn zu fertigen. Dann das zweite Beil nach Art des Ötzibeils gefertigt und anschließend den Bogen rausgehauen. ( Aus Mangel an geeigneter Eibe den Bogen aus Manau hergestellt.)
In diesem Link wird der Bau eines Bogens mittels einfachsten Mitteln gezeigt. ;) so ähnlich hab ich das mit diesem und nem Eschesapling durchgeführt.
https://www.youtube.com/watch?v=fX7PyULwJFI
Ich betone die Teile sind lediglich in Anlehnung an die gefundenen Sachen angelehnt, die Ötzi gefunden wurden, ne.!
Es ging hauptsätzlich darum,wie schnell und mit welchem Material kann man eine ähnliche Ausrüstung bauen.

3x Ötzibeile
1x Ötzibogen, Nock zu Nock 184cm, 40lbs, Vollauszug bei 28 Zoll, Griffbereich mit 3,5cm D-Form, ansonsten auslaufend zu den Enden auf 2cm, leichte D-Form.
2x Ötzipfeile
Werkstoffe:
Hirschhorn, Hanf, Baumharz, Bienenhonig, Birkenpech, Flieder, Kupfer, Bronze, Hirschrohhaut, Manau, Bast , Habichtfedern, kleiner Hirschknochen, Flintstein schwarz und weis.
Schwarzer Tee, starker Kaffee = braune Farbe mit Walnüssen und Bienen wachs vermischt und auf den Bogen aufgetragen als Wetterschutz. Klebt wie Sau und natürlich auch auf der neuen Jeanshose......
Sehne aus mehreren einzelgespulten Hanfsträngen zu einer dicken Sehen zusammengedrillt, anschließend wieder mit meinem Spezialkleber aus Harz und Wachs überzogen.
Bauzeit 1 Woche ca. 2 h pro Abend.

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 16:26
von eddytwobows
Nicht schlecht, saubere Arbeit... :) :)

Wie, bzw. mit welcher Technik hast Du das Kupferbeil gegossen und gab es dabei Schwierigkeiten...?

LG
etb

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 17:04
von Blacksmith77K
Sherrif Sherwood hat geschrieben:und anschließend den Bogen rausgehauen. ( Aus Mangel an geeigneter Eibe den Bogen aus Manau hergestellt.)

Ich betone die Teile sind lediglich in Anlehnung an die gefundenen Sachen angelehnt, die Ötzi gefunden wurden, ne.!


Ich habe wahrgenommen, dass dein Projekt nur in Anlehnung geschah.

Allerdings möchte ich dennoch darauf hinweisen, dass Ötzi einen Stabbogen aus Eibe hatte. Die Maße des Bogens liegen mir vor und bringen (...von mir selbst nachgebaut...) mit guter Eibe +130#@32" auf die Waage.

...wollte es nur erwähnt haben, bzw. erscheint mir der Tube-Link zum Bau eines Steinzeitsbogen hier nicht passend... ;)

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 17:51
von Sherrif Sherwood
Hi eddytwobows,
das Kupfer habe ich net gegossen. Ist aus einer Flachmaterial hergestellt. Mehrere Versuche schlugen fehl. Zu wenig Hitze mit dem kleinen Bunsenbrenner und das Ding musste in einer Woche fertig werden.
Nächster Schritt ist eine Esse oder Schmelze herzustellen, mit der ich das nochmals im Wachsschmelzverfahren versuchen will. Die Klinge hab ich recht grob mit Hammer und Ambos zurechtgeschmiedet, geschliffen hab ich die Klinge vor dem Haus am Randstein (Granit) anschließend den Feinschliff mit Ziegellehm.
Blacky korrekt, das mit dem Link ist lediglich als Anhaltspunkt zu sehen, da ich mit ähnlichen Schabern aus Feuerstein und dem Hirschhornbeil gearbeitet habe.

Aaaaaaaaber dein Ötziteil würde ich gerne hier im Thread sehen. Her damit.

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 19:58
von tscho
sehr schöne Arbeit Jürgen,top !

ich hab mich bisher noch nie mit dem Ötzi Bogen befasst, was mir aber gleich ins Auge stach, nix mit D Profil, sehr flach gehalten
am Bauch.

130 Pfund ? Warum rätselt dann die ganze Welt, wie er zu Tode kam, Jäger war er keiner.
Interessantes Thema, wer weis mehr ? Weis man was über die Eibe an sich ? also die Qualität ?
Michael, hast du den Bogen noch ?

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 20:15
von Squid (✝)
Zu Ötzis Bogen wurde hier schon diskutiert:
http://www.fletcherscorner.de/viewtopic.php?f=5&t=11047

Die kommen zu etwas anderen Ergebnissen - und ein 130+ oder gar 150+ Bogen hätte für Ötzi wohl auch keinen Sinn gemacht. Zumindest möglich bis naheliegend erscheint es, dass der Bogen noch gar nicht fertig war.

Zitat:
Hinsichtlich des Bogens scheint einiges geklärt. Angelika Fleckinger zitiert insoweit Harm Paulsen (den Experimentalarchäologen). Dieser hat hiernach an Ötzis Bogenstab Maß genommen und mit Steinzeitmitteln diverse Nachbauten aus Eibe angefertigt. Er erzielte Schussweiten von 180 m (keine Angaben zum Pfeil, aber sicher originalgetreu Schösslinge von Schneeball oder Kornelkirsche mit Feuersteinspitzen), bei 72 cm Auszug (gut 28 ") habe sich ein Zuggewicht von 28 kg ergeben, das müssten gut 61 # Zuggewicht sein.


Details auch hier: http://www.primitiveways.com/Otzi%27s_bow.html

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 20:48
von killerkarpfen
Hüstel
Das was Du da in der Grafik zeigst ist nicht Ötzis Bogen aus dem Östreich - Italienichen Grenzgebiet, vom Huslabjoch.
Dieser Bogen stammt vom Schnidejoch aus der Schweiz. Wenn man die Grafik anklickt erscheint auch der richtige Name. schau hier

Diesen Bogen hat Gianni (auch hier im Forum vertreten) nachgebaut und der kam wenn ich mich recht erinnere auf etwa 60 - 65#.
Charakteristisch ist die Verbreiterung der einen Nocke.

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 20:57
von killerkarpfen
Sherrif Sherwood hat geschrieben:Hab mal wieder Langeweile gehabt.
Flintstein, bricht ständig irgendwo ab.)
Mit einfachen Feuersteinscherben erst einmal eine Ast gekillt um das erste Beil mit Hirschhorn zu fertigen.


Dazu kann ich Dir dafür einen kleinen Tipp geben. Bei Feuersteinklingen sind die Abschläge zwar rasiermesserscharf. wenn man sie zum schaben oder hauen einsetzt zerbröckeln sie sehr leicht. Wird die geeignete Klinge erst mit einem Geweih oder Stein über die Schneide retouchiert, also kleine Splitterchen abgeschlagen wird sie viel widerstandsfähiger und bröckelt nicht mehr.

PS
Nebst Genörgel und Besserwisserei :-X ich find Deine Arbeiten sehr schön vor Allem die Beile und Pfeilspitzen. Und ich freue mich wenn sich Leute auch für frühere Epochen interessieren.
Danke fürs zeigen.

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 21:23
von Blacksmith77K
Squid hat geschrieben:Zu Ötzis Bogen wurde hier schon diskutiert:

Die kommen zu etwas anderen Ergebnissen - und ein 130+ oder gar 150+ Bogen hätte für Ötzi wohl auch keinen Sinn gemacht. Zumindest möglich bis naheliegend erscheint es, dass der Bogen noch gar nicht fertig war.



Quatsch mit Soße!!!

Hier die Maße:

otz1.jpg


Das iss'n 7/8tel Warbow mit 72" Länge. Eine vernünftige Eibe macht dann nunmal +130#@32". Da beißt keine Maus den Faden ab. Ich habe das Ding nachgebaut und es ist schlüssig, was es ist. Ein fetter Eibebogen mit FullCompass Tiller. :-*

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 21:40
von schnabelkanne
Hi, die steinzeitbeile sehen echt gut aus. An alle vorsicht bei der Verarbeitung von Flint - habe hier schon arge Schnittverletzungen erlebt.
M. Wissens hatte Ötzi einen Eibenrohling dabei.
Zum Zuggewicht sehe ich keinen Grund über 60 # anzunehmen, da es in der Kupferzeit (Remedello-Kultur) noch keine so starke Panzerung gab und die Jagd mit 60# besser geht wie mit über 100#.

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 21:44
von Squid (✝)
Naja, diverse Leute mit durchaus profunden ärchäologischen Hintergründen sehen das halt etwas anders.

So sagt das zuständige Museum:

"Es handelt sich ohne Zweifel um einen Erwachsenen männlichen Geschlechts. Sein Alter beträgt aufgrund der Knochenstruktur ungefähr 45 Jahre. Der Mann war zu Lebzeiten etwa 1,60 m groß, was den durchschnittlichen Körpermaßen der jungsteinzeitlichen Bevölkerung entspricht. Er war schlank, mit schwach ausgebildetem Unterhautfettgewebe, und dürfte um die 50 kg gewogen haben."

Der zieht doch keinen 150-pfünder von 182 Länge... warum auch?? Er will ja keine französischen Ritter knacken...

Und:

"Auf seiner Wanderung führte der Mann aus dem Eis einen 1,82 m langen Bogenstab mit sich. In der Felsmulde angekommen, hat er ihn offensichtlich an den Felsen gelehnt, wo er Tausende Jahre später noch aufrecht stehend gefunden wurde.
Der Bogen wurde aus einem Eibenstamm gearbeitet. Die deutlichen Spuren der Bearbeitung an der Oberfläche – fachgerecht und sorgfältig ausgeführte Axthiebe - weisen auf einen noch unfertigen Bogen. Der Rohling hätte erst noch zu Ende geformt, abgeschabt und mit Schachtelhalmen poliert werden müssen.
Auch fehlt die Bogensehne, die bei prähistorischen Bögen üblicherweise an einem Ende mit einer Schlaufe, und am anderen durch eine Umwicklung befestigt war.
Experimente mit rekonstruierten Bögen dieser Art haben gezeigt, dass auf Distanzen von 30–50 m problemlos mit hoher Zielgenauigkeit tödliche Schüsse auf Wildtiere möglich sind."

Und das geht definitiv auch schon mit eimem 50-pfünder.

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 21:55
von Blacksmith77K
Ok, ich lasse es... ::) Die Diskussion ist überflüssig. Die Maße des Ötzi-Bogens sind bekannt.

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 22:07
von Wulfilas
Blacksmith77K hat geschrieben:Ok, ich lasse es... ::) Die Diskussion ist überflüssig. Die Maße des Ötzi-Bogens sind bekannt.


ne lass mal Blacky, das Thema finde ich zu interessant. Bitte nicht gleich aufgeben.
Was macht dich so sicher, dass die Maße des Bogens die endgültigen waren? Wo läge deiner Schätzung nach das Zuggewicht bei vlt. 24" und einer eher "mittelmäßigen" Eibe. Vielleicht entspräche das dann doch wieder einer Möglichkeit.

VG

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 22:18
von Bogenhannes
Danke für die Maße Blacky. :) Sehr interessant.
Kein Mensch kann heute sagen, welchen Schußstil man in der späten Jungsteinzeit hatte.
Aber bei starken Bögen ergibt sich wohl ein recht ähnlicher Stil und wahrscheinlich auch ähnliche Auszugsweite.
Erinnert mich daran: Liangulu-Schütze (Kenia) in den 60ern mit Elefanten-Bogen mit 100lb so die Beschreibung

Bild

älterer Thread: http://www.fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=5&t=24787

Re: Ötziausrüstung

Verfasst: 07.02.2015, 22:24
von killerkarpfen
Wir wissen so wenig wie gar nichts über die Technik und Art wie damals geschossen wurde.

Die Arbeitstechniken und Qualität der Verwendeten Materialien können wir nachvollziehen. Ich will doch annehmen, dass die einen Leute damals es einfacher hatten an geeignetes Material heranzukommen als andere. Holz muss aber im Überfluss für alle noch zur Verfügung gestanden haben.
Die Verarbeizungsmöglichkeiten waren auch vorhanden also wird sich kein Jäger oder Krieger mit miderwertigen Hölzern abgequält haben.