Welcher Bogen ??

Alles über das Mittelalter.
Benutzeravatar
Lazarus
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 86
Registriert: 23.06.2005, 08:48

Welcher Bogen ??

Beitrag von Lazarus » 22.01.2011, 17:34

Hallo
Ich frage mich was für Bögen in Deutschland (Mitteldeutschland Sachsen bzw Niedersachsen) um 1250 benutzt wurden ?

lammi
Newbie
Newbie
Beiträge: 33
Registriert: 12.08.2010, 20:12

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von lammi » 22.01.2011, 22:01

Im 13.Jahundert wurden Bögen ,soviel wie ich weis, hauptsächlich zum Jagen nicht zum Kampf benutzt.

Benutzeravatar
Lazarus
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 86
Registriert: 23.06.2005, 08:48

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von Lazarus » 22.01.2011, 22:12

Ja aber wie sahen sie aus ?
Langbogen ?
Kurzbogen ?
Flach ? rund ?

lammi
Newbie
Newbie
Beiträge: 33
Registriert: 12.08.2010, 20:12

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von lammi » 22.01.2011, 22:30

Ein Jagdbogen war meist ein Langbogen aber wir würden ehr Flitzebogen sagen ,obwohl er sehr viel Bums hatte aber einfach war in etwa so: Ein Stamm der sich gut Bog ohne das man was machte eine schur drum Fertig. Also im Prinzip ein runder Langbogen der meist nur geschält wurde und weiter nichts.

Benutzeravatar
eddytwobows
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 4295
Registriert: 31.05.2009, 12:09

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von eddytwobows » 23.01.2011, 11:35

@lammi

Wohl kaum...
Da der Bogen um 1250 rum schon seit etlichen Jahrzehntausenden DIE ultimative Jadgwaffe war, kannst Du ganz ohne Probleme davon ausgehen, daß zu der Zeit selbst in den von der Rückständigkeit des europäischen Mittelalters geplagtesten Regionen Deutschlands der Ganzholzbogenbau nahezu perfektioniert gewesen sein dürfte.
Also nix mit nur sich biegender, geschälter Knüppel...

Auch die Aussage, daß als Jagdbogen zumeist nur Langbogen Verwendung gefunden haben, ist in höchstem Maße unkorrekt...
Es dürfte eher das Gegenteil der Fall sein, weil ein klassischer Langbogen mit seiner länge von über 175- 190 cm bei der Jagd, bzw. Pirsch im Wald mit Gestrüpp und Unterholz eher hinderlich ist...
Die Verwendeten Jagdbogen dürften eher kurz (max. 160 cm) gewesen sein, schon einfach aus dem Grund, daß sie dadurch wesentlich handlicher und aus fast jeder gedeckten / geduckten Position bequem zu schießen waren / sind.

@lazarus
Das Design dürfte meist Flach und Pyramidial gewesen sein, je nach dem welches Holz dem Bogenbauer zur Verfügung gestanden hat, aber da frag mal lieber unser MA Experten, die werden Dir bestimmt genaueres zum Design sagen können...

LG
etb

Nocke
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 59
Registriert: 12.10.2009, 00:07

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von Nocke » 23.01.2011, 21:21

Hallo zusammen...also diese Frage nach dem Bogendesign in "Mitteleuropa" - spez. Deutschland - im Mittelalter des 11./12./13. Jahrhundert scheint mir (zumindest zur Zeit) nicht definitiv beantwortbar (nach meinen Recherchen)...außer einem "Burg Elemendorf-Bogen" (Deutschland) dat. 1050 n.Chr. ist mir nichts bekannt ... wohl gibt es noch einen Bogenfund von der Burg Hohenaschau...der fällt zeitlich aber,glaube ich, ins 15. Jahrh....

Benutzeravatar
KnechtKarl
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 791
Registriert: 08.06.2009, 21:11

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von KnechtKarl » 24.01.2011, 09:17

Naja, erhaltene Bögen und Bruchfunde gibt es tatsächlich kaum. Aber die Bilder der Zeit sprechn doch ne ziemlich klare Sprache.

Im Großen und ganzen kann man von mannshohen geraden Bögen ausgehen. Ohne jeden Schnickschnack, kein Griffleder, keine Hornnocken, kein garnichts... die detaillierteren Bilder lassen meist auf Eibe als material schließen, ziemlich knubbelig und eindeutig die Zweifarbigkeit. Gelb am Rücken, orange am Bauch.

Ab der Zeit der ersten Kreuzzüge tauchen auch recht oft kurze Recuvebögen auf. Vermutlich als Kompositbögen. Ob die aber tatsächlich in dieser Zahl verwendet wurden, ob sie alle importiert oder in Europa hergestellt wurden, da bin ich überfragt.

Benutzeravatar
Duke
Newbie
Newbie
Beiträge: 12
Registriert: 15.12.2010, 22:45

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von Duke » 10.02.2011, 21:24

...dass es zu dieser Zeit keinen krigerischen Einsatz von Bögen gab, kann ich mir nicht Vorstellen. Immerhin war der 2. Kreuzzug ins heilige Land bereits gelaufen und Jeder, der da war, hat die verheerende Wirkung der sarazenischen Bogenreiter dort erlebt.
Es ist doch daher anzunehmen, dass vom Feind gelernt wurde (auch vor den Engländern mit ihren noch effektiveren Langbögen mit bis zu 100 lbs).

Royalsmurf
Newbie
Newbie
Beiträge: 25
Registriert: 05.05.2009, 11:16

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von Royalsmurf » 11.10.2011, 23:06

In der Maciejowski Bibel oder auch Kreuzfahrerbibel (ca. 1250, Frankreich) sind mehrere Bögen zu finden. Sie sind sowohl im militärischen als auch nichtmilitärischen Kontext abgebildet.

http://www.manesse.de/BildSuche.php?id= ... ts%5B%5D=2

ps. Der Link ist von einer Bilddatenbank die sich auschließlich auf die Kreuzfahrerbibel und den Kodex Manesse auch Heidelberger Liederhandschrift (Anfang 14. Jhdt. ich glaube unter anderem Zürich auf jeden Fall deutschsprachiger Raum) beschränkt.

Dak annm an auch andere Sachen als Bögen suchen und finden ::)

Royalsmurf
Newbie
Newbie
Beiträge: 25
Registriert: 05.05.2009, 11:16

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von Royalsmurf » 11.10.2011, 23:14

In der Weltchronik von Rudolf von Ems (spätes 13. Jhdt.) sind ebenfalls recht kurze Bögen mit Recurves im militärischen Kontext dargestellt. Habe das Bild leider nicht digital, ist aber zu finden in: Gravett, Christopher: German Medieval Armies 1000-1300, Oxford/New York 1997 (Men-at-Arms 310), S.45.

Benutzeravatar
benzi
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 7558
Registriert: 31.10.2009, 19:19

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von benzi » 11.10.2011, 23:19

@Royalsmurf

super link! danke!

das sind ausnahmslose kurze bis mittellange Recurvebogen mit statischen Enden...... sehr spannend!

Grüße benzi
"Du hast den Verstand verloren, weißt Du das?" "Dafür hab ich ein Leben lang üben müssen"
(Peaceful Warrior, Film)

Benutzeravatar
Wilfrid (✝)
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 6165
Registriert: 04.06.2007, 16:16

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von Wilfrid (✝) » 12.10.2011, 08:16

Also, Bogenfunde aus der Region sind mir nicht bekannt, die späteren Bilder zeigen ,-Sachsenspiegel-, zeigen1x kurze Recurve mit Knoten an beiden Tips und tja, keine einfachen Leute. Das andere, die Fundsache, ist ein Recurve oder Komposit mit Sehnenanbindung im Knick .

Der erste hat einen asymmetrischen Tiller !!, wie er heute noch ,nicht nur von mir übrigens , in der Region gebaut wird.

Nach vielen Gesprächen mit alten und auch mit Jungen, die nach Überlieferung gebaut haben, mitte Sehne, mitte Bogen Nockpunkt/Druckpunkt, 1 1/2 Handbreit leicht mitbiegender Griff, mehr oder minder gewichtete Tips, so schmal wie möglich, Kerben einseitig, beidseits, kreuzweise einseitig, mit kerbe auf dem Rücken oder ohne. Fast alle deflex durch Set und alle Peitschentiller. Als "perfekt" gilt ein "Eitiller" also Enden senkrecht zum Griff bei Vollauszug am Ohr.Second Release über den Daumen. Das größte Zuggewicht, das bei mir so geschossen wurde, waren 45#@ 28"" also ~48#,
Länge so mannshoch (+ handnreit). Raum Gifhorn- Bennekenstein, Stapelburg/Osterwiek/Fallsteine- Bokenem/Salzgitter.
Nicht westlicher Oberharz -, also keine "Ewerharzer Schmandrochen", die bauen symmetrisch, schlanke tips.

Holz für ´s Wildern
Esche/Ulme /Ahorn, Holunder im Süden/Osten, Hasel im Norden/Westen. Das man auch aus anderen Hölzern bauen kann(ausser Eibe, davon haben alle gehört, aber nie gebaut), ist jeweils unbekannt. Also die Haselbauer wissen nix von Holunder und umgekehrt. Esche hält nix von Ahorn, mehr im Norden und Ahorn nix von Esche Bis Mansfelder Land. Alle verwenden relativ frisches Holz

Royalsmurf
Newbie
Newbie
Beiträge: 25
Registriert: 05.05.2009, 11:16

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von Royalsmurf » 12.10.2011, 08:47

Hast du Bilder von solchen Nachbauten?

Ich fand die Bilder deshalb spannend, weil ich diese Bogenform bisher immer in Richtung Reitervölker interpretiert hatte.

Benutzeravatar
Wilfrid (✝)
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 6165
Registriert: 04.06.2007, 16:16

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von Wilfrid (✝) » 12.10.2011, 10:58

sry, von den langen Flitzebagen gibt s nur bilder von mir ;-)

Die beschriebenen mit "Recurve" s. hier:
http://www.sachsenspiegel-online.de/cms ... 3#ptr14635
http://www.sachsenspiegel-online.de/cms ... 5#ptr15371
Bilder sind ende 14.

Der Erste Bogen ist eine Fundsache, also als ein "fremder Bogen" gezeichnet, das zweite ist ein "bekannter" Bogen.

Zur Frage fremder Nachbauten:
Du wirst verstehen, das kein Gast mit einem Bogen über den MA markt läuft, vor allem nicht, wenn er ihn illegal gebraucht hat.
Du mußt mir also einfach glauben, das min 30% der Gäste die Sehnenführung mit Knoten und über die Enden kennen.
Und ca 2% nen Bogen um die 37 # (haste nix stärkeres) greifen, Spannen und den Pfeil im "Kill" versenken. "Schöner Bogen" weg sind se. Die Eingeborenen 60+ kennen die Sehneführung alle, finden aber teilweise eben die Kerbenvarianten besser.
Loch mit irgendwas wie beim Oberflacht ist unbekannt, Wickelnocken auch. Ein Griff wird nicht extra ausgearbeitet, nur gerundet. Der Bauch ist flach ( Rechteckprofil mit rundem Rücken) oder mit nem "Dach" (Fünfeckprofil, mehr oder minder abgerundet bis hin zum D)

Es sind keine Nachbauten, sondern "nach Überlieferung gebaute " Bögen. Die Leute haben vom Bogenbau, wie er hier praktiziert wird, keine Ahnung.

viewtopic.php?f=16&t=11161&p=184814&hilit=Stellmacherbogen#p184814
Auszug auf den Bildern max 26"

Benutzeravatar
Felsenbirne
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 3272
Registriert: 01.06.2006, 20:38

Re: Welcher Bogen ??

Beitrag von Felsenbirne » 12.10.2011, 11:21

lammi hat geschrieben:Ein Jagdbogen war meist ein Langbogen aber wir würden ehr Flitzebogen sagen ,obwohl er sehr viel Bums hatte aber einfach war in etwa so: Ein Stamm der sich gut Bog ohne das man was machte eine schur drum Fertig. Also im Prinzip ein runder Langbogen der meist nur geschält wurde und weiter nichts.


Mein Gott......

@Wilfrid

Die Sehnenführung über den WA zum Bauch, ist übrigens nicht so einmalig und unbekannt wie häufig angenommen. In der TB sind afrikanische Bögen, mit genauso einer Technik beschrieben
Gruss Matthias

Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgend etwas kennenzulernen. Sie kaufen sich alles fertig in den Geschäften.

Antoine de Saint-Exupéry (1900-44), frz. Flieger u. Schriftsteller

Antworten

Zurück zu „Mittelalter Allgemein“