Es sind keine Bogenfunde sicher in das 11. Jahrhundert einzuordnen, das stimnmt. Es gibt jedoch die Funde aus
- Ballinderry (Irland, 10. Jahrhundert., "The Bow: Some Notes on its Origin and Development", Gad Rausing),
- Wassenaar (9./10. Jahrhundert, Fundort Wassenaar (heute Holland, nähe Den Haag), APPELBOOM, T.G.: Een houten handboog, gevonden te Wassenaar, Westerheem 3 1954, 96-99),
- Aaslum (8.-10. Jahrhundert, Fundort Aalsum (heute Holland, Nähe Groningen), LANTING, J.N. ET AL.: Bows from the Netherlands, Journal of the Society of Archer-Antiquaries 42, Verlag 1999, 1-8) und natürlich
- Haithabu (9./10. Jahrhundert, Fundort Schleswig (heute Norddeutschland), GEIBIG, A./PAULSEN, H.: Das archäologische Fundmaterial VI: Die Schwerter aus dem Hafen von Haithabu/Pfeil und Bogen in Haithabu, 1999 Wachholtz)
sowie den von Wilfrid bereits erwähnten Fund aus dem 12. Jhd. in Burg Elmendorf.
Keiner dieser Bögen hat ein flaches
Profil, wie wir es als das eines heutigen Flachbogens verstehen. Das sind stets D-förmig bzw. rundliche/ovale Profile. Sogar wenn man den spezifischen Zustand (halbfertig, kaputt, etc.) mit einbezieht, hat da nicht allen ernstes bei den Halbzeugen mal ein Flachbongen bei rauskommen sollen. Das einzige, was in die flache Richtung geht, sind die Waterford Funde - und wer darin keine Armbrustbögen erkennt, der muss besser nochmal genauer hingucken.
Da auch die in der Belegkette folgenden Bögen aus späteren Jahrhunderten, sowohl für den jagdlichen als auch für den militärischen Gebrauch, ein ähnliches Profil (D- bzw. rund/oval) haben, ist es schon "sehr gewagt" und nur schwer zu argumentieren, für das 11. Jahrhundert eine andere Form anzunehmen.
Sorry, Marc ;=). Schon interessanter ist da die Frage der
Länge: Die Funde lassen auf 150 bis 195 cm Länge schließen. Je nachdem ob man einen mitarbeitendem Griff annimmt oder nicht, sowie unter Berücksichtigung der überstehenden Enden, lassen sich damit nach gängiger Theorie und Praxis Pfeile mit Längen von 25 bis 35 Zoll Länge bei Vollauszug schießen - das passt.
Auch die
Sehnenbefestigung/Bogenenden sind zwar im Detail nicht 100% einheitlich, aber es sind stets einseitige Kerben direkt im Holz und (mal mehr, mal weniger) überstehende, teilweise geformte, Enden. Ist an einem Wurfarm keine Kerbe vorhahnden, helfen diesbezüglich recht schlüssige Bildquellen* weiter: es scheint am unteren Wurfarm ein Knoten verwendet worden zu sein ("Schweinrücken"). Es deutet NICHTS auf Horn- oder Knochennocken hin.
Vom
Holz her bestehen ALLE obigen Funde aus Eibe, ausgenommen von einem Ulmenbogen aus Haithabu. Das legt den Schluss nahe, das vor allem Eibe verwendet wurde, aber auch andere geeignete damals verfügbare Hölzer zum Einsatz kamen.
Sicher gab es keinen ganz einheitlichen Bogenstil, keine Norm wir wir stets gewohnt sind drin zu denken. Aber die existenten und oberhalb geschilderten gemeinsamen Merkmale sind eigentlich eine schöne, sicherere und unproblematische Grundlage, einen Bogen zu bauen oder zu schießen der im 11. Jahrundert wahrscheinlich nicht aufgefallen wäre. Das ist dann ja auch schon keine ganz schlechte und pragmatische Maxime. Das, was im charakteristischen Gemenge nicht auffallen würde, entspricht vom Typus her dem Gemenge ja recht gut, nicht wahr?
Viel Spaß im 11. Jahrhundert! Einige ausführlichere Infos zum Thema findest Du im
Kitguide des Franko Flämischen Contingentes für Bogenschützen.
Heiner
P.S.: Falls jemand eine ähnliche Recherche zum gleichen Thema auf Basis nachvollziehbarer Grundlagen unternommen hat würde ich mich über einen Wissensaustausch freuen - ich hab nix gegen Flachbögen ;=).
*Bildquellen:
1.) Teppich von Bayeux, 11. Jahrhundert, Bayeux (heute Frankreich)
2.) Edmunds Passion, erstes Drittel 12. Jahrhundert, Bury St. Edmunds, England
3.) Steinwerk an der Cormac-Kapelle, mittleres 12. Jahrhundert, Cashel, Irland
4.) St. Gallener Codex 863, drittes Viertel 11. Jahrhundert, Stifsbibliothek St. Gallen