Klinge bricht - mein Herz

Hier kommt alles rein, was in irgendeiner Form mit der Herstellung von Messern zu tun hat.
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Balatus
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Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Balatus » 01.11.2013, 14:47

Hallo Leute,

ich bin verzweifelt. Auf dem 3.SBBT habe ich von Jörg ein kleine, nette geschmiedete Klinge ("Silberstahl"?) erhalten. Ich habe die Klinge wie empfohlen ca. 2h bei 190°C angelassen und ihr anschließend einen Griff aus Zwetschke/ Horn verpasst. Beim Raspeln (Querstress) hat es "knack" gemacht und die Klinge brach.
Was war da der Grund? War das Anlassen falsch oder zu lang? Oder ist ein solches Messer von Natur aus so spröde? Ich habe keinerlei Erfahrung mit Metall und wäre für jeden Tip dankbar.
Kann man den Klingenrest noch für ein angeschägtes Schitzmesser (umschleifen) verwenden?

So ein Sch..ß Tag :'(

Balatus
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Erst brach die Klinge, dann mein Herz

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Benedikt
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Benedikt » 01.11.2013, 14:52

Eieieiei! Das ist hart! Ich würd jetzt mal sagen, dass entweder der Stahl zu spröde war (Fehler beim anlassen oder härten) oder er das Raspeln ( zu grob????) nicht vertragen hat. Auf jeden Fall sehr schade :( Aber vielleicht kann man es noch zu einem kleinen Pfeilmesser umschleifen...
Gruß Benedikt
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von eddytwobows » 01.11.2013, 15:07

Das Volumen einer Minute ist gleich Universal ist gleich die liegende Acht. A. Be.
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Alles was schiefgehen kann wird auch zwangslaeufig schiefgehen. Larry Niven

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Bognhansl
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Bognhansl » 01.11.2013, 15:40

Gehärtet, aber nicht angelassen gekauft? Hmm, das find ich seltsam.
Die Klinge, besonders bei Wasserhärtern wie Silberstahl, muss möglichst unmittelbar nach dem Härten angelassen werden um Rissbildung zu verhindern (und um zu verhindern, dass sich verbliebener Restaustenit stabilisiert). Die Spannung ist ja drin, und bahnt sich unter Umständen ihren Weg. Seinerzeit (vor 30 Jahren) hats geheissen, dass das auf alle Fälle innerhalb der nächsten halben Stunde erfolgen soll, aber am Besten sofort, wenns geht sogar aus der Restwärme vom Härten. Schmiede können sowas bei massiveren Teilen, aus denen nach dem Abschrecken noch Restwärme aus dem Inneren aufsteigt. Durch schnelles Abschmirgeln der Werkstückoberfläche sieht man dann die Anlassfarben laufen.
Ich erinnere mich an einen mühsam gefeilten Hammer eines Lehrkollegen, der (der Hammer) nach dem Härten übers Wochenende vergessen wurde, und am Montag früh in eine ziemliche Hand voll Teile zerfallen war. Als Messermacher sollte man seine gehärteten Werkstücke bei zumindest 130° für mehrere Stunden im Backofen oder der Friteuse entspannen. Anlassen auf niedrigere Härte kann der Kunde dann ja noch selber erledigen.

Gruß
Hansl

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Wilfrid (✝) » 01.11.2013, 15:44

nö, auch eine anelassene Klinge bricht beim Raspeln, wenn man sie nicht wirklich ganz knapp einspannt. Diese "Rappelbelastung" macht kein härterer Stahl mit. Das ist ja genau das gleiche, wie die Klinge dauernd hin und her biegen.....
Das ist der Tod für so eine Klinge

ThomasThome
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von ThomasThome » 01.11.2013, 17:37

Hab ich auch schon gehabt, bei einem Messer aus einem Stemmeisen. Eigenartigerweise war das Stemmeisen auch schon gebrochen. Habe deshalb den Rest weichgeglüht, eine Klinge geschmiedet, gehärtet und bei 250 Grad angelassen. Sie ist nicht beim Raspeln gebrochen, auch nicht beim Bandschleifen, sondern ohne Grund beim ersten leichten Schnitzen. Die Bruchstelle war nichtmal spröde, sondern sehr glatt. Denke, das kann viele Ursachen haben. Einmal mit zuwenig Hitze beim Schmeiden draufgehauen, zu heiß gehärtet, auch sonderbare Klingengeometrien scheinen beim Härten zum Verziehen und Brüchen zu führen. Achso, Anlassen sollte wohl wkirklich direkt nach dem Härten geschehen, weil manche Stähle beim Härten glashart werden. Und was mit Glas passiert, wenn man es in einen Briefumschlag steckt und durch die Gegend schickt oder mal herunterfällt, weiß ja jeder...
Ich hab gelernt, dass es besser ist, die Klinge vor dem Griffbau zu testen. D.h. mal auf den Amboss titschen, Feilenprobe und mal ein bischen Biegen. Alles Andere ist sehr frustrierend, mein Mitgefühl :)

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Squid (✝) » 01.11.2013, 17:47

Könnten wir mal die Bruchstellen sehen?
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

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tscho
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von tscho » 01.11.2013, 18:27

190° ist zu wenig bei Silberstahl. Das erkennt man ja optisch noch gar nicht an den Anlassfarben.
Und ja da stimme ich auch zu , das Anlassen muss sofort geschehen, gleich nach dem Härten,in dem Stahl entstehen ja Spannungen, die dann zu Rissen führen können, idealerweise sogar noch
mit der Restwärme vom Härten. Also- gar nicht ganz auf Raumtemp. abkühlen.
Anlassen- Braun-kurz vor bläulich würd ich für ne Klinge nehmen.
Mehrfaches Anlassen hilft auch Spannungen zu verringern.
Nochwas.
Wenn du mit nem Brenner anlassen willst empfiehlt es sich die Wärme vom Schaft zur Klinge hin wandern zu lassen, der Schaft
kann ruhig etwas höher angelassen sein, ebenso vom Rücken der Klinge zur Schneide hin.
Nur die Schneide will die Härte, alles andere schreit nach mehr Zähigkeit.


Gruß
Tscho

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skinwalker
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von skinwalker » 02.11.2013, 08:58

Hallo Torsten ...

rein technisch/physikalisch kann ich hier nichts beitragen ...
aber gefühlsmäßig/psychisch leide ich mit Dir ... :'(
Ist wohl nicht anders, als wie wenn ein Bogen bricht ... 8)

Was macht Deine Ulme ... wann konmt die Präsi :) ?

Gruß
skin
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(Tyler Durden)

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Tom Tom » 02.11.2013, 09:47

Erst mal mein Beileid :'(

Ich hab aufm SDBBT auch ein Messer aus Silberstahl geschmiedet. Gehärtet haben wirs auch gleich nur angelassen hab ichs erst 2 oder 3 Tage später. Angelaufen isses schon aber beim rumwerkeln ist mir auch 2mal die Spitze leicht abgebrochen. Hab se neu hingeschliffen und jetzt benutz ichs nur noch selten hat aber einen Ehrenplatz :)

wird Zeit fürs nächste Treffen dann schmiedest ne neue :)

lg Tom Tom
Zeit ist eine durchaus relative Angelegenheit

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Balatus
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Balatus » 02.11.2013, 19:31

Vielen Dank für eure Beiträge, diese haben mir sehr geholfen (Herz und Hirn ;) )

Das Messer wurde wie bereits erwähnt auf dem SBBT geschmiedet und gehärtet (und dem Jörg abgschwatzt ;) er ist also schuldlos). Ich kann mich zwar nicht mehr genau daran erinnern ob wir uns über den Zeitraum des Anlassens unterhalten haben, 3 Monate später scheint aber auf alle Fälle zu spät zu sein. Wenn ich noch einmal eine solche Klinge ergattern kann, werde ich mich vorher besser informieren (Eddytwobow hat ja schon die wichtigsten Seiten gezeigt). Die Theorie mit den Spannungen erscheint mir schlüssig.
Tatsächlich zeigt die Burchstelle zwei Zonen. Evtl. war da ja schon ein Riss!?
Welche Flexibilität kann ich den überhaubt bei eine Klinge aus Silberstahl erwarten (sollte die sich eher verbiegen?)

@Skinwalker: Die Ulme wird sehr geil, leider brauche ich noch ein bischen Tillermuse und Finischzeit, Präsi ist aber Ehrensache ;)
@Tom Tom: ich freue mich auch schon ;D
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The Wolfe
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von The Wolfe » 02.11.2013, 19:47

Also, ich hab mal vor 40 Jahren einen Lauf aus Silberstahl gebaut, dann gehärtet, und vorm Anlassen ist er mir runtergefallen und in 1000 Stücke zersprungen. Danach habe ich die Teile sofort auf 300 Grad angelassen, für 3 Stunden und danach im Ofen abkühlen lassen. Dann war der Stahl Optimal.
LG. Udo

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Squid (✝) » 02.11.2013, 20:06

Ich bin ja kein Metallexperte, aber die Bruchstelle erscheint mir schon recht seltsam...
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

Bastelnomade
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Bastelnomade » 03.11.2013, 04:08

Also ich habe bereits einige Dutzend Messer gemacht, Monostahl und Damast. Klingt etwas seltsam das du das Messer zuhause selber anlassen solltest...

Grundlegend ist Temperatur beim Anlassen der wichtigere Faktor als die Zeit. 300°C ist grundlegend suboptimal, schlagt dazu einfach mal "Blausprödigkeit" nach. Ich lasse meine Klingen bei 200°C an, zweimal eine Stunde.

Wichtig ist beim heimischen Backofen, Erfahrung mit diesem zu sammeln. Auch bei Umluft hat jeder Backofen heiße und kalte Stellen. Gerade in der ersten Stunde (diese Dauer habe ich mir gerade aus den Fingern gesogen) ist es oft so, dass es Temperaturspitzen gibt bzw die eingestellte Temperatur nicht komplett stimmt. Macht mal einen Probedurchgang mit Backofenthermometer.

Das Bruchbild ist etwas klein. Grundlegend sieht das Korn fein aus soweit ich das erkennen kann. Die Zweifarbigkeit kann auch daran liegen, dass das Licht sich leicht verschieden bricht weil der Bruch nicht komplett eben ist, schwer so zu sagen.

Meine Theorie frei ins Blaue:

Wenn die Klinge wirklich unangelassen kam hat sie vielleicht beim Handling, dem mehrfachen Transport zu Verkaufsständen, Märkten etc. durch den Verkäufer ein paar Schläge gekriegt, dadurch ein paar unsichtbare Haarrisse gehabt. Die haben sich dann irgendwann ausgewirkt und zum Bruch geführt.

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shokunin
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von shokunin » 03.11.2013, 07:34

Ich hab' schon einiges an Silberstahl verarbeitet - wobei der englische Silberstahl anders ist als der deutsche (ohne Vanadium).
Mir hat es auch schon etliche Silberstahl-Teile beim Härten zerrissen, meist aber eher grössere Querschnitte beim Härten in Wasser wenn eigentlich eher Öl angesagt gewesen wäre :-\
Naja, es passiert halt gelegentlich...

Hier war auf jeden Fall auch schon ein Riss drin - wahrscheinlich vom Härten.
Ich denke Wilfrid hatte schon recht, das Ding so ein zu spannen, dass es beim Raspeln im Schraubstock herum schnattert war ungünstig und gefährlich, hier aber ziemlich sicher nicht der Grund des Bruches.
Der Grund war hier ein bestehender Riss.


Zum Anlassen allgemein...
am Besten natürlich sofort - das heisst noch bevor das Werkstück auf Raumtemperatur abgekühlt ist.
Ich denke für ein Schnitzmesser wäre es auch evtl besser gewesen etwas wärmer an zu lassen - bei 230C eher als 190.
Da sollte eine Härte um 60RC rauskommen.
Wenn man kleine Teile im Ofen anlassen will, kommt es schon vor, dass sie nicht gleichmässig genug erhitzt werden. Gerde im Umluftofen hatte ich das Problem auch schon, z.B. beim Anlassen en Masse von Punzen. Da ist es dann evtl sinnvoll die Teile in eine Reine oder Dose voll Sand zu geben. Diese kann man vorab schon auf Temperatur bringen. Das Werkstück wird dann durch den vorgewärmten Sand erwärmt, dieser widerum wird im Block aufgeheizt und hat dadurch eine gleichmässigere Temperatur.

Naja, wie gesagt, der Bruch war schon beim Schmieden angelegt worden, trotzdem würde ich die nachfolgende Bearbeitung in Zukunft evtl etwas anders machen... sofort anlassen, etwas wärmer,... und wenn man an der Klinge einspannen muss, dann halt so kurz es nur geht.

Gruss,
Mark
"I don't believe it!!" (Victor Meldrew)

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