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Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 22.02.2017, 20:49
von Ilmarinen
Hallo liebe Eibenspezialisten,
ich bin heute bei youtube auf ein Video gestoßen, in dem einer zeigt, wie er einen Warbow (ca. 160lb?) aus Eibe baut.
Mein Englisch ist leider nicht gut genug, dass ich sicher sein kann, alles richtig zu verstehen.

Bei 10:05 hobelt er einfach mal den Rücken runter und erklärt, dass das Holz so gut sei, dass es auf einen intakten Rückenring nicht ankomme. :o ??? Oder habe ich mich da total verhört? ::)

Hier das Video: https://www.youtube.com/watch?v=m5fHMs9ca74

Ich habe im Ganzen schon den Eindruck, dass er weiß, was er tut.

Kann mich einer aufklären?

Grüße

Jörg

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 22.02.2017, 21:00
von Squid (✝)
Ja, das sagt er da.
Aber er sagt auch, dass Hick im Jahresring bricht, wenn dieser beschädigt ist. Nun, nach überwiegender Meinung (hier) ist das nicht so. Das Zeug bricht bei schräg auslaufenden oder unterbrochenen Fasern.

Möglich also, dass er Ringverlauf und Faserverlauf vermischt.

Ich halte es auf jeden Fall für relativ risikofreudig, um nicht zu sagen leichtsinnig, mit 160 lbs zu experimentieren und dabei Grundsätze wie den durchgehenden Ring zu missachten.

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 22.02.2017, 21:56
von Ilmarinen
Danke, jetzt weiß ich schon mal, dass ich mich nicht total verhört habe.

Grüße

Jörg

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 22.02.2017, 22:20
von Neumi
Hey, wie das bei Holz immer so iss: das Holz entscheidet was geht.
Bei Eibe isses meist keine Problem nicht auf einem Splintring zu bleiben. Ich betrachte den ganzen Splint als einen Ring (versuche aber trotzdem auf einem Ring in den Ringen zu bleiben). Die Unterbrechung sollte einfach nicht zu tief und kurz sein.
my2c - Neumi
Aber das ganze eben auch nicht dogmatisch - es gibt so halbverhungerte Eiben mit extrem dünnen Ringen, bei denen aber die Ringe keinen guten Zusammenhalt haben - naja, die brechen bei kleinsten Verletzungen.

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 22.02.2017, 22:40
von SchmidBogen
Ich und mein Holz, ich und mein Holz.
Holzi Holzi Holz.

Holz ist einfach unberechenbar. :D

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 23.02.2017, 08:11
von Wilfrid (✝)
Nja, er sagt ja auch nicht, wie lange der hält ;-)
Im ernst jetzt, ein verletzter rückenring kann halten, auch lange, bei jedem Holz, ein unverletzter hält meistens.
Und so ne schöne Explosion beim Bogeneinschießen hat auch was

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 23.02.2017, 08:24
von Haitha
Den Ian kenne ich noch persönlich aus Enland, und wie einige baut er nicht (immer) mit durchgehendem Jahresring. Funktioniert schon bei Eibe und auch teils bei anderen Hölzern, aber ich für meinen Teil würde keinen Selfbow so aus der Hand geben. Bei wirklich besonders feinringiger Eibe ist das natürlich zugegebenermaßen kniffliger.

Für mich ist der durchgehende Jahresring sowohl zum einen das schönste Backing, dass es gibt, Erkennungsmerkmal eines Bogners und somit auch zum Teil ein Zeichen handwerklichen Könnens. Richtig ist aber, was funktioniert. Bogen können auch mit durchgehendem Ring brechen.

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 23.02.2017, 10:05
von Ravenheart
Je dünner die Ringe bei Eibe, desto UNempfindlicher ist sie gegen Rückenring-Verletzungen.
Klingt erst mal unlogisch, aber seht es mal so:

Baut eine Eibe mit DURCHGEHENDEM Rückenring und klebt dann an EINIGEN Stellen 0,5 mm Eibensplint drauf.
Mindert das die Haltbarkeit?
Nö...

So ist es auch wenn der (sehr dünne!) Ring-Rest gleich drauf bleibt...

Rabe

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 23.02.2017, 19:16
von Grünhorn
Je dünner die Ringe bei Eibe, desto UNempfindlicher ist sie gegen Rückenring-Verletzungen.
Klingt erst mal unlogisch, aber seht es mal so


Interessant, das selbe hab ich nämlich schon vermutet als ich mir meine Eibe aus dem Holzthread so angesehen und drüber sinniert hab. Die hat so dünne Ringe dass sie teilweise nicht mit blossem Auge zu sehen sind. Im Grenzfall wird das dann einfach "homogenes" Material schätze ich mal, wos dann mehr von der Dicke abhängt als von der Struktur.

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 23.02.2017, 21:36
von killerkarpfen
Diesen Bogen habe ich irgend wann auch hier vorgestellt (glaube ich, finde den Beitrag leider nicht mehr) der hatte so um die 100#
Wenn man genau hinschaut kann man das Chaos der Jahrringe erkennen. Mit Trocknungsrissen in Längsrichtung ;D

01Jahrring.JPG

Ich habe den Bogen verkauft und auf Wunsch des Käufers auf 75# reduziert. Der schiesst nach wie vor.

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 27.02.2017, 13:32
von Eddie the Archer
Das ist von Ian Sturgess und der Stave, den er da bearbeitet ist soweit ich weiß Taxus Brevifolia, "Pacific Yew".... und joah, kann man so machen bei feinen Ringen. Ich habe mir letztes Jahr die Mary Rose Bögen in Portsmouth angesehen: da geht`s teilweise auch wild durch die Ringe. Kommt immer drauf an, mal klappt´s, mal nicht.

Ich würde es nicht machen, wenn es auch sauber geht. Obwohl ich auch mal einen 72" langen Eibebogen mit 85# @ 32" und durchschnittenem Außenring gebastelt habe. Schießt immer noch schnell und sauber.

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 28.02.2017, 21:41
von killerkarpfen
Ilmarinen hat geschrieben:Bei 10:05 hobelt er einfach mal den Rücken runter und erklärt, dass das Holz so gut sei, dass es auf einen intakten Rückenring nicht ankomme. :o ??? Oder habe ich mich da total verhört? ::)


Nein ich glaube nicht, das geht schon...

Ein günstiger Umstand ist die Länge des Bogens. Ich glaube auf der Skizze am Anfang eine Zahl von 81" gesehen zu haben. Das sind 2,05m

Je länger der Bogen ist, wird auch der Biegeradius grösser. Der Stab biegt sich weniger durch. So ergibt sich auch weniger Material-Verschiebung. Ja umständlich erklärt, die äusseren und inneren Zonen werden gleichmässiger gedehnt und gestaucht.
Bei kleineren Biegeradien entstehen da aussen und innen immer grössere Spannungsspitzen.

Ein langer Bogen muss dafür auch proportional dicker gebaut sein um das hohe Zuggewicht aufzubauen. Ergo sind da auch mehr Fasern, auf die die Zugkräfte am Bogenrücken gleichmässiger verteilt werden. Dazu ist auch die Gefahr, dass sich ein Span am Rücken abhebt geringer.

Das alles auf Kosten von mehr Masse und weniger Geschwindigkeit.

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 28.02.2017, 22:25
von inge
Ich bin keine Eibenkennerin, habe erst eine in Arbeit. Auf der ARCCON in Mannheim letzten Sonntag sah ich Eibenstaves, da konnte man mit bloßem Auge keine Ringe erkennen, so fein waren die.
LG
inge

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 01.03.2017, 00:13
von Blacksmith77K
Uiiii ::) Also bis 60rpi kannst noch sehen und mit dem Blech abziehen...

btw. schändlich, dass Ian den Splint so verhammelt. Klar, kann man bei einer recht feinen Brevifolia machen, iss aber kacke. Bei 'ner italienischen Baccata ist das nicht zu empfehlen.
Brevifolia ist sowieso eine Sache für sich. Ich habe hier schon welche rückwärts über den Splint gebogen.

Re: Über 100lb-Eibenbogen ohne intakten Rückenring

Verfasst: 01.03.2017, 19:32
von nocona
Inges Augen sehen vielleicht nicht mehr ganz so scharf wie deine >:)