Was man alles falsch machen kann:

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tom.smile
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Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von tom.smile »

Hallo Liebe Gemeinde,

es ist schon eine Weile her, dass ich hier geschrieben habe. Das lag jedoch weniger daran, dass ich keine Lust hatte sonder
das ich zu Haus (Berlin) seit zwei Jahren kein Internet habe weil es von Seiten der Netzanbieter leider technisch nicht möglich
ist. (Vieleicht zieh ich ja nach Brasilien; die Kriminalität ist zwar höher aber dafür haben die besseres Internet) ;D

Das bedeutet: Ich kann mit dem Handy zwar Beiträge lesen. Jedoch meine einzige Möglichkeit Beiträge zu schreiben und Fotos hoch zu laden ist auf Arbeit.

Trotzdem war ich nicht untätig und habe meinen ersten richtigen Bogen endlich fertig gestellt. Leider gab es auch hier Hindernisse die mich fast zur Verzweiflung gebracht und die Fertigstellung immer wieder hinaus gezögert haben.

Die Idee war: Zwei Bögen im selben Design zu bauen. Einen für meinen Sohn und einen für mich. Der Bogen für meinen Sohn war Anfang dieses Jahres fertig und wurde hier im Forum auch präsentiert. Angespornt durch diesen Erfolg bin ich auch gleich an die Arbeit für den zweiten Bogen geganngen.

Das Problem: Ich habe einen Auszug von 32 Zoll und entsprechend gross sollte der Bogen werden. Allerdings war es schwierig das gleiche Holz (Holunder) in ausreichender Länge, halbwegs gerade und halbwegs astfrei zu bekommen. Letztendlich habe ich einen Holunderstave ergattern können der gerade so die Mindestvoraussetzungen erfüllt hat. Und damit fingen die Probleme an.

Beim entrinden musste ich feststellen, dass es einige überwachsene Verletzungen gab die ich vorsichtshalber weggeschnippelt habe. Der Stave wurde zwar dünner als geplant es war aber noch genug da.

Beim trocknen ist der Stave natürlich gerissen obwohl er schon auf den Markkanal runter gearbeitet war. Also wieder etwas
weggeschnippelt bevor der Stave komplett reißt. Jetzt war der Stave schon grenzwertig dünner.

Die weitere Bearbeitung (Form geben, vortillern etc.) lief eigentlich ganz gut bis es Zeit für den Griff war.

Da ich den Stave zum Trocknen auf den Markkanal runter gearbeitet hatte musste der Griff aufgeklebt werden.
Da der Bogen genauso aussehen sollte, wie der meines Sohnes sollte auch noch eine Lage Bongossi mit in den
Griff eingeklebt werden.

Dabei ergab sich das größte Problem. Bongossi ist sehr steif und ölhaltig gerade dann wenn es wie bei mir aus einer alten
Eisenbahnschwelle stammt. Dazu kam, dass der Bogenrohling aufgrund der oben angesprochenen Probleme bereits
besorgniserregend dünn geworden war und sich im Griff leicht mit bog. Die Hoffnung war nun, dass der aufgeklebte Griff
dieser Stelle wieder etwas Festtigkeit gibt.

Also Griff mit Bongossi aufgeklebt, fertig getillert und gefinsht. Bogen biegt perfekt (für einen Anfänger) finish
hat auch geklappt, Ziel für das Zuggewicht bei 30 Pfund perfekt getroffen und Optik passt zum Bogen des Sohnes.
Alle Ziele erreicht !!! 8) Foto gemacht:
perfekt
perfekt
und mit stolzgeschwellter Brust auf den heimischen Schießplatz.

Das war so im Mai.

Nach den ersten 20 Schuss bemerke ich ein unschönes knacken im Vollauszug und nach dem 25 Schuss war der Griff
wieder ab. :(

Also ab in den Keller Griff und Bogen von den Kleberresten befreit und von vorn angefangen. Diesmal wurde alles
extra aufgerauht und besonders gründlich entfettet. Ende Juni war dann alles wieder fertig. :)

Ab auf den Schießplatz und nach 20 Schuss bemerkte ich wieder ein unschönes knacken im Vollauszug und nach dem 25 Schuss war der Griff wieder ab. :(

Also wieder in den Keller und alles von vorn. Zwischenzeitlich bin ich drauf gekommen, dass sich ein leicht biegender Griff
und ein sehr steifes / öliges Bongossi wohl nicht ganz so gut vertragen und hab also den nächsten Durchgang mit Kirsche
probiert weil das eigentliche Ziel ja noch immer ein optisch identischer Bogen war.

Kurzum: Alles fertig, 20 Schuss, Griff wieder ab. ???

Kirsche ist wohl auch noch zu steif. Unteranderem weil der Bogen aufgrund der Reparaturversuche bereits von bedenklich
dünn im Griff auf alarmierend dünn im Griff geschrumpft ist und damit deutlich im Griff biegt.

Also letzter Versuch: Griff aus gleichem Holz weil gleiche Eigenschaften

Kurz: Alles fertig, 10 Schuss, Griff ab. >:) Mittlerweile haben wir August!!

Aufgrund der Probleme mit dem Rohling und der diversen Reparaturversuchen biegt der Griff offensichtlich schon so stark, dass die Eule auch nicht mehr helfen kann.

Es blieb mir leider also nichts anderes übrig, als ein paar alte Stiefel zu schlachten und eine Lederwicklung zu machen.
Ohne richtigen Griff biegt sich der Bogen natürlich nun um so stärker im Griffbereich.
leider nicht mehr perfekt
leider nicht mehr perfekt
neuer Griff
neuer Griff
Der Bogen biegt nicht mehr richtig, die Optik passt auch nicht mehr und das Zuggewicht liegt nun bei 25 Pfund. :'(

Das einzige was mich tröstet ist, dass der Bogen ganz ordentlich schießt. Die Pfeile werden schön angehoben und gehen
sauber raus und gefühlt ist er für seine 25 Pfund auch recht flott.

Sorry wenn ich euch mit meiner Geschichte gelangweilt hab. Aber nach dem halben Jahr Frust mit dem Bogen
wollte ich das einfach mal los werden.

Außerdem gab es einige nette Menschen die mir zwischenzeitlich mit gutem Bogenholz ausgeholfen haben,
die sich fragen was ich die ganze Zeit gemacht habe. Keine Sorge euer Holz hatte ich zur Seite gelegt bis das
Projekt "erster eigener Bogen" abgeschlossen ist.

Ich denke ich werde jetzt in der nächsten Zeit das eine oder andere gute Stück tatsächlich angehen.

LG Tom
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Benedikt
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von Benedikt »

Der biegt sich quasi NUR im Griff.
Kein Wunder, wenn der da bald durch ist.
Was dein Problem war:
Klebt man einen Griff auf, so sollte das Holz des eigentlichen Staves im Griffbereich trotzdem etwas dicker bleiben. Sonst biegt sich der Griff mit und das aufgeklebte Holz hebelt es ab.
Also, auf ein neues ;)

Gruß
Benedikt
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tom.smile
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von tom.smile »

Hallo Benedikt,

so war ja auch der Plan. Und beim Bogen meines Sohnes hat das auch super funktioniert.

Leider war bei meinem Bogen der Stave von Anfang an zu dünn wegen der Probleme beim trocknen.

Doch den ersten eigenen Bogen gibt man natürlich nicht so schnell auf.

Grüße Tom
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Benedikt
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von Benedikt »

Evtl. kannst du es noch einmal probieren. Diesmal machste aber eine in Epoxy getränkte Wicklung außenrum, die könnte evtl. bewerkstelligen, dass das Ganze dauerhaft hält.
Garantieren kann ich dir aber nix, und ein jeder Physiker wird dir garantieren, dass die hier auf den Kleber wirkenden Kräfte echt enorm sind.

Gruß
Benedikt
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tom.smile
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von tom.smile »

Eigentlich wollte ich den armen Bogen jetzt Ruhe lassen.

Er schießt für mich ausreichend gut.

Voraussetzung ist natürlich das er sicher ist.
Da es sich um Holunder handelt hatte ich gehofft der macht so etwas mit.

Vielleicht kann ja einer der Bogengötter dazu was sagen.

Gruß Tom
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von Wilfrid (✝) »

Einfach den Griff unter den Bogen wickeln. Also einen schönen Griff aufleimen und an den Fades und in der Mitte ne stabile Wicklung aus nem Leinengarn
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Heidjer
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von Heidjer »

Hoffen, ist so eine Sache beim Bogenbau, Physik eine andere. ::)

Ein so kurzer aufgeklebter Griff, kann ohne ordentliche Fadeouts nicht funktionieren. Bei einen Laminatbogen würde ein Powerlam den Bogenrücken auf 20-30 cm versteifen und ein absprengen des Griffes verhindern. Hier müßte ein Griff von wenigstens 30cm Länge aufgeklebt werden, 35-40 cm wären besser, um ordentliche Fadeouts zu bekommen.
Die Fadeouts müssen dann die Aufgabe übernehmen die Biegung langsam auf Null zu reduzieren, im eigentlichen Griffbereich dürfen keine Hebelkräfte von den Wurfarmen mehr wirksam werden, erst dann hat man die Chance das der Griff hält.


Gruß Dirk
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.
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tom.smile
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von tom.smile »

Die Idee mit der Wicklung find ich gar nicht schlecht.

Mein Plan wäre nur eine Wicklung mit Leinengarn und Epoxi auf der kompletten Grifflänge ohne geklebten Griff.
An den Enden dünn und zur Mitte hin deutlich stärker. Das ganze wird dann wieder mit Leder kaschiert.

Erhoffter Effekt: die Wicklung übernimmt die Aufgabe der fehlenden Fadeouts und der Bogen wird im
Griff wieder steifer. Gleichzeitig wird der Griff deutlich aufgefüttert um den Komfort zu erhöhen. Das Leder darüber
verdeckt die ganze Panscherei.

Kann das klappen bzw. bringt das den erhofften Effekt?

LG Tom
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Benedikt
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von Benedikt »

Nein.
Erst Griffholz drauf, das dann noch festwickeln. Und so auslaufen lassen wie von Dirk beschrieben.
Ansonsten biegt der nach wis vor so viel und gibt bald den Geist im Griff auf ;)
Gruß
Benedikt
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achtel
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von achtel »

wenn du erst den Griff aufklebst und hinterher Wickelst, hast du aber die gleichen Scherspannungen im Girff und erst nach dem der Griff erneut abgekratzt ist greift die Wicklung. Jedenfals stell ich mir das so vor. Was vielleicht noch nen Gedanke wäre, den Epoxid warm auszuhärten. Da hab ich aber keine Ahnung in wie weit das der Hollunder verträgt. Ich glaube mich an das Datenblatt vom UHU Endfest zu erinnern, dass angibt bei 80°C Aushärtetemperatur schon doppelte Scherbelastung auszuhalten. Dazu weiß aber vielleicht auch wer anders besser bescheid.

lg achtel
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Squid (✝)
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von Squid (✝) »

Hier wird die Griffproblematik erklärt: http://www.poorfolkbows.com/ipe1.htm
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.
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tom.smile
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Re: Was man alles falsch machen kann:

Beitrag von tom.smile »

Powerlam auf dem Rücken scheidet aus da es Holunder ist und der Rücken die reinste Buckelpiste ist.

Ich werd wahrscheinlich versuchen die fehlenden Fadeouts aufzukleben.

Dabei werd ich es mit ner überlangen Variante versuchen um die Kräfte besser zu verteilen.

Ich hoffe ich kann den Griffbereich wieder so weit versteifen das ich den eigentlichen Griff ohne
Probleme aufkleben kann.

Wenn es in den nächsten Wochen keine Einwände gibt würd ich das noch mal versuchen

LG Tom
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