Fehleranalyse

Themen zum Bogenbau
Fussl
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Fehleranalyse

Beitrag von Fussl » 04.04.2004, 15:38

Zuerst einmal Hallo an alle und ein fettes Lob für eure Seite!

Jetzt aber zum Thema: Ich hab mir einen Bogen gebaut - er ist natürlich gebrochen.
Ich muss dazu sagen, dass ich vom Bogenbau keine Ahnung hab und deshalb wollte ich mit was einfachem anfangen: ein netter Take-Down Recurve sollte es sein.:D

2 Eschenwurfarme, die mit Durchzugsmuffen an einem Lärchengriff verschraubt sind. Die WA hab ich aus einem fetten Eschenbrett geschnitzt, am Rücken bin ich dem Jahresring gefolgt. Das Ganze über eine Stunde wassergedämpft und aufgebogen. Weil man Esche anscheinend nicht trauen kann, hab ich einen Hundekauknochen draufgeleimt. Flämische Sehne gewickelt (Dank Henning´s Video), ja und dann wollt ich den 55# Prügel sachte einschießen: zuerst über 100 Schuss bei dreiviertel Auszug, beim 30. bei Vollauszug hat sich dann am Schießstand der untere WA sehr lautstark verabschiedet...
Jetzt die Frage an alle Holz/Bruchspezialisten:

1. Was kann man Esche bei der Bauart Gewichtsmäßig zumuten? 55# ist offensichtlich Selbstmord mit Anlauf, aber ich wollte das Teil natürlich noch überarbeiten.

2. Was zum Geier bringt ein Rohhautbacking von 0,5mm? Offensichtlich gar nix, aber ich hätte mir wenigstens erwartet, dass die Rohhautschicht im Fall eines Bruches GANZ bleibt und keine Holzteile durch die Gegend fliegen.

3. Der Bruch selber: geht quer über den Rücken: Zugbelastung nicht ausgehalten? Ich wart noch auf ein Bild wo ich das Ding spanne. Mal sehen, ob man an der Bruchstelle einen Knick sieht...

OK, und jetzt muss ich mir einen WA stricken gehen....
Bild Bild Bild Bild

Taran
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Zum Untergang verurteilt

Beitrag von Taran » 04.04.2004, 17:04

Schade um die ganze Mühe, die du dir gemacht hast!
Aber:
Wie lang ist der Bogen? Wie lang dein Auszug?

Man sagt ja: Auszug höchstens halbe Bogenlänge. Besser ist es, wenn der Bogen noch 20% länger ist.

Nun hast du so ein (sehr gut aussehendes) Takedown-Mittelteil gebaut und damit den nicht arbeitenden Teil des Bogens um mindestens 50% gegenüber einem traditionellen steifen Griffbereich vergrößert.
Folglich mutest du den Wurfarmen Biegeradien zu, die sie ohne Glasfiberbelag an Bauch und Rücken (bzw. eine Horn-Sehnen-Kombo) nicht zu leisten imstande sind,- es sei denn, du baust sie ca 10cm breit und machst sie dafür viel dünner.
Warum sind wohl die käuflichen Wurfarme so dünn?

Wenn du 28" ziehst und dein Bogen 64" lang ist, ist das für einen Selfbogen zwar schon nicht leicht, aber doch machbar. Mit so einem Takedown-Griff ist dein Bogen sozusagen nur noch 48" lang (als Beispiel) und damit zum Untergang verurteilt.
Die Wurfarmmitte war überlastet, und als Folge hat sich gleich der Übergang Wurfarmauflage zum arbeitenden Teil (Krafteinleitung!!!) mit verabschiedet.

Anhand des Maßbandes würde ich inklusive des steifen Teils der Wurfarme eine Bogenmitte von 55-60cm annehmen. Ein traditioneller Bogen hätte die Hälfte.
Die Wurfarme sind 70cm lang. Mit deinem Mittelteil hast du eine Gesamtlänge von 180cm gehabt - 74" ist eigentlich reichlich.

Davon waren im besten Fall noch 62" übrig - und das in Kombination mit (wie es aussieht) statischen Recurves (nicht arbeitend), die die effektive Wurfarmlänge weiter verkürzen.

Dein wievielter Bogen wars?
Welches Zuggewicht hattest du angepeilt?
Gibt es Anzeichen für Stauchrisse auf dem Wurarmbauch?

Wenn du das Mittelteil noch mal nutzen willst, solltest du die Wurfarme 50% länger bauen.

Es gibt aber Takedownsysteme (Steckhülsen im Griff), die einen wesentlich kürzeren Griffbereich erlauben.

Hope that helps!
Taran von Caer Dallben

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Fussl
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Beitrag von Fussl » 04.04.2004, 19:10

Hey danke für die schnelle und lange Antwort!

Also: der Bogen ist - oder besser war - 166 cm lang.
Mein Auszug ähhh :schaem

War da nicht was von Fingerspitze bis zur Brust messen? das wären dann 74 cm also 29´´.
Sorry, schieße momentan noch nicht wieder aktiv. Hab vor langer Zeit nen Rambo-Compound gehabt und bin jetzt über die fixe Idee des Selber-Bogen-Bauens wieder "bogenbegeistert" geworden.

Der Bogen war mein Erstversuch und das Zuggewicht war mir eigentlich nicht so wichtig. Da das Ding aber offensichtlich bei meinem Auszug über 50# hatte, hätte ich ihn sicher noch nachbearbeitet, leichter machen ist ja nicht das Problem. Take Down war eigentlich so gedacht: wenn was eingeht, mach ich "nur" einen WA neu, das jetzt war der zweite "gekillte".

Die Recurves waren fast statisch, soll heissen dass sie bei vollem Auszug schon etwas aufgegangen sind.

Aber wie du sagst ist diese Konstruktion nix für Holzwurfarme wenigstens nicht mit diesen Maßen.
ODER: gibt es Hölzer die sowas eher verkraften als Esche?

Wegen Stauchriss am Bauch: Wie genau schaut sowas aus?

Ich warte auch noch auf ein Foto von einem Freund wo man den Bogen bei Vollauszug sehen sollte. Bin gespannt ob da ein Knick oder sonstiger Fehler zu sehen ist.

Taran
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Wirklich überlastet.

Beitrag von Taran » 04.04.2004, 20:12

Also ich denke mal, dass sich mein Verdacht bewahrheitet.
Stauchrisse sind quer verlaufende kleine Risse am Bogenbauch.
Mit 50 lbs war der Bogen bestimmt überlastet - auch wenn die Recurves etwas aufgingen (arbeitende recurves zu tillern ist gar nicht einfach, also Kompliment).

Längere Wurfarme (50% länger), erst mal ohne Recurves;
Oder einen in der Mitte gespleißten Selfbogen.

Das einzige Holz, das das schaffen könnte, was dir da vorschwebt, ist Osage Orange; aber das ist so teuer, dass es für so ein Experiment zu schade ist (Eibe sowieso).
Taran von Caer Dallben

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Beitrag von Nacanina » 04.04.2004, 21:03

@Taran
immerhin ist ja ein (kleiner) Deflex drin, aber sonst hast du komplett recht.
@Fussl
Bei dem Design geht wirklich nur Osage, Eibe und mit Einschränkungen Rüster alle mit Sehne gebackt.
Aber wenn du dir die Arbeit machen willst (ist ne schöne Sache!) dann kannst du auch ein wirklich traditionelles Design wählen:
Indianerbogen, Flachbogen oder auch einen einteiligen Recurve. Den Sehnenbelag brauchst du dann nur bis zu den Recurves zu machen. Dann aber eine Sicherungswicklung um die (Sehnen)-Enden machen, weil sie sich sonst lösen können.
Es ist sinnlos, von den G?ttern zu fordern, was man selber zu leisten vermag. Epikur

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Beitrag von Fussl » 04.04.2004, 22:25

@Taran: soweit ich das beurteilen kann, hat der Bauch keine Stauchrisse, da ist nur die Bruchstelle quer über den Bauch.
Der erste WA der eingegangen ist hat auf der Bauchseite sogar noch eine ganze Schicht gehabt.
Danke für das Recurve Lob, aber dass die Recurves leicht aufgegangen sind war eher Zufall als geplant! Wie gesagt: ich wart auf das Bild bei Auszug, wahrscheinlich war der Tiller besch...

der Deflex den Narcinia angesprochen hat sich beim groben tillern und dann natürlich Einschiessen ergeben, die WA waren ursprünglich gerade...

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Beitrag von Nacanina » 04.04.2004, 22:29

ich meinte eigentlich den Deflex, der durch das Mittelstück verursacht wird.
Es ist sinnlos, von den G?ttern zu fordern, was man selber zu leisten vermag. Epikur

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Griffstück aus Lärche

Beitrag von Murkser » 05.04.2004, 08:11

Nur so am Rande:
Lärche spaltet hervorragend und ist meiner Meinung nach daher ungeeignet für das Griffstück. Vor allem an den Kanten wo die Krafteinleitung der Wurfarme stattfindet kann das Griffstück einreissen.

Für einen neuerlichen Versuch würde ich z. B. Ahorn nehmen..

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Beitrag von Ravenheart » 05.04.2004, 12:22

Über WA/Auszug-Länge und Zuggewicht wurde bereits alles gesagt; der MUSSTE brechen...

Wie der intakte WA aussieht, hat er auch sehr griffnah gebogen; bei Vollholzbogen muss die Biegelast aber immer so lang wie möglich über den WA verteilt werden, der WA soll sich bei langsamem Ausziehen sozusagen "vom Ende her aufrollen", soll heißen: ziehe ich nur wenig, biegt er am Ende, je weiter ich ziehe, desto mehr "wandert" der sich biegende Bereich in richtung Griff, um bei Vollauszug ca. 10 cm vorm Griff "angekommen" zu sein, d.h. nun biegt der ganze WA.

Dieser hat sich vmtl. schon bei Auszugbeginn in der griffseitigen Hälfte bewegt. Das würde auch die Bruchstelle / das Bruchbild erklären.

Rabe

ByTheWay: @Fussel: Du bist (verzeihlich!) einem typischen Bogenbau-Anfängerfehler aufgesessen: Du hast als Vorbild die handelsüblichen Glasfaserbogen genommen!
Mache Dich davon frei! Ein Vollholzbogen MUSS ganz anders aussehen! Sieh z.B. mal hier .

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Beitrag von Fussl » 05.04.2004, 19:17

@Rabe: yepp, deine Beschreibung des Biegeverhaltens trifft die Sache ziemlich genau...

Dann werd ich erst mal meinen Standardspruch "Des muss er heben" vergessen, und versuchen den Kopf für ein anderes Design FREI zu bekommen :bash

@Murkser: Ahorn war ursprünglich für den Griff geplant, Lärche (billig) verfügbar...
Ist echt nicht fein zu bearbeiten - praktisch nur schleifbar...

Bleibt nur noch die Frage der Rohhaut als "Splitterschutz": auf der kurzen Länge und bei dem Gewicht so sinnvoll wie ein Blatt Papier?

Archiv
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Kompliment

Beitrag von Archiv » 05.04.2004, 21:43

Hallo Fussl,

ich muß Dir mal ein Lob aussprechen, mir ist es noch nie gelungen eine Esche so zu biegen, wie Du das getan hast. Sie ist entweder schon beim Biegen gebrochen, oder die Biegung ist einfach wieder zurück in ihre Ursprungsform gegangen.
In einem anderen thread sind wir uns ziemlich einig, daß das eigentlich bei Esche sogut wie unmöglich ist. Alle Achtung!:anbet

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Dankeschön!

Beitrag von Fussl » 07.04.2004, 00:16

@benz: Das baut natürlich auf!
Allerdings waren die Recurves ja auch nicht allzu lang im Einsatz! ;-)
Falls es nicht nur Zufall war, hier mein "Geheinrezept":

Stärke beim Dämpfen war 18mm, gute 75 min über einem Topf mit Deckel unf Alufolie. Achtung mit der Wassermenge, einen WA hab ich gegrillt statt gedampft...

Am Bauch war zum Schutz eine Plastikschiene mit Kabelbindern angebracht, die "verwellt" zwar etwas und die Kabelbinder hinterlassen Abdrücke am Rücken aber nicht so arg...

Dann ab in die "ultimative Biegeform" und schön langsam runterdrücken und die Klemmen drauf. Ist zu zweit wesentlich einfacher, weil man verdammt wenig Zeit dafür hat! Danke Moni!:bussi

Bild

Die verwendete Form war die links auf der Schaltafel die rechte war doch etwas zu radikal...
Über Nacht eingespannt lassen, nur die oberste Schicht am Bauch war leicht eingerissen, bei der Stärke einfach abzuschleifen.

Ach ja, mein Hundeknochenbacking ging bis zu den Tips, vielleicht hat das auch die Biegung etwas erhalten...

Fussl
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RIP

Beitrag von Fussl » 07.04.2004, 18:34

...und da war er noch ganz, leider nicht bei Vollauszug...

Bild

er ruhe in Frieden!;-)

Taran
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Das sah nicht schlecht aus.

Beitrag von Taran » 07.04.2004, 20:04

Nuir dass der obere Wurfarm steifer als der untere war. Umgekehrt ist es besser, und nicht sooo viel Unterschied.
Also den oberen etwas schwächen und dann tauschen.
Taran von Caer Dallben

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Nochmal?

Beitrag von Fussl » 08.04.2004, 07:35

@Taran: Hab ich dich jetzt richtig verstanden?

Ich soll also doch noch einen WA basteln - hab ja nur mehr den oberen! Hätt ich wahrscheinlich sowieso gemacht *sturbin*

Gibst Du dem Teil dann eine Lebensdauer von mehr als 100 Schuss? Ich mach´s nur, wenn ich deine Garantei krieg!!! ;-) :D ;-)

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